Essen. 33-jähriger Linksverteidiger will nach zehn Jahren bei RWE in 3. Liga aufsteigen. Woanders zu spielen, kann er sich eigentlich nicht vorstellen.
Die Hoffnung lebt. Fünf Spieltage sind es noch in der Fußball-Regionalliga, und Rot-Weiss Essen kann noch Meister werden und in die 3. Liga aufsteigen. Das hat es in den vergangenen zehn Jahren nicht gegeben. Die Rot-Weissen, häufig genug mit den höchsten Erwartungen gestartet, hatten früher die Titelchance zum vergleichbaren Zeitpunkt längst vertan.
Nach dem überzeugenden 5:0-Heimsieg im Nachholspiel gegen den SV Lippstadt liegen sie nun aber nur vier Punkte hinter Spitzenreiter Borussia Dortmund II, in der Tordifferenz trennen die beiden Kontrahenten lediglich zwei Treffer. Das ist in der Tat machbar. „Wenn ich so zurückblicke, entscheiden oft Kleinigkeiten“, hat Kevin Grund vor dieser Saison gesagt. Und scheint recht zu behalten.
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Rot-Weiss Essen: Grund ist der mit Abstand dienstälteste Spieler
Der 33-jährige Routinier kam 2011 vom MSV Duisburg zur Hafenstraße und hat dort alles erlebt. Grandiose Erfolge vor allem im Pokal, ob im Niederrhein, wo er den Pott viermal mit RW Essen abräumte. Oder im DFB-Pokal, wo allein in dieser Spielzeit mit Bielefeld, Düsseldorf und Leverkusen drei Bundesligisten an der Hafenstraße strauchelten.
Kevin Grund ist mit Abstand der dienstälteste Fußballer im Team von Trainer Christian Neidhart, hat über 300 Spiele für den Traditionsklub bestritten. Er kickte im ersten Jahr zusammen mit Vincent Wagner, der nun U19-Trainer bei RWE ist. Mit Suat Tokat, künftig Trainer beim Oberligisten ETB, und Timo Brauer, der noch in Lotte spielt. Grund hat in Essen alles erlebt. Er kennt den Rausch der Euphorie, den Jubel ebenso wie Enttäuschungen und die gellenden Pfiffe nach Blamagen.
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Beim Titelkampf gehört auch etwas Glück dazu
Nur eben dieser Sprung in die 3. Liga blieb ihm versagt. Um den Titel kämpft er mit Rot-Weiss Essen praktisch zum ersten Mal. Und würde „sein“ Verein aufsteigen, ein Traum würde sich erfüllen. „Wir haben es ja schon öfter versucht“, sagte der Linksverteidiger vor Saisonbeginn. „Aber dieses Jahr - mit dem Team, mit der Stimmung, mit dem Trainer und der Qualität - haben wir echt eine gute Chance. Aber es gehört auch Glück dazu.“
Das werden die Essener auch am Samstag benötigen, wenn sie zum heißen West-Schlager beim Wuppertaler SV auflaufen (14 Uhr, Stadion am Zoo) und der BVB sich zeitgleich beim unangenehmen SV Rödinghausen beweisen muss.
Kevin Grund gehört zum Stammpersonal, wird wohl auch gegen den WSV in der Startelf sein und auf der linke Abwehrseite für Ordnung sorgen. Er erledigt seinen Job zuverlässig, mannschaftsdienlich, meistens ohne spektakuläre Momente. Was irgendwie seinem Naturell entspricht. Er wirkt zurückhaltend, loyal und freundlich. Hatte RWE früher mal wieder versagt, wurde nicht selten er als erfahrener Recke zum Statement geschickt. Richtig krachen ließ er es nie.
Das Grobe liegt dem filigranen Techniker nicht so
Das Grobe liegt ihm nicht so, grätschen kann sein Kollege Felix Herzenbruch vermutlich ein bisschen besser. Aber Grund hat einen feinen linken Fuß, ist deshalb wertvoll für den Spielaufbau und vor allem bei Standards. Das Freistoß-Tor zum 3:0 gegen die U 23 von Borussia Mönchengladbach (Endstand 4:0) im März wurde von der ARD-Sportschau für die Wahl zum „Tor des Monats“ nominiert.
„Die Leistung stimmt“, attestiert RWE-Trainer Christian Neidhart dem offensiven Abwehrmann und lobt: „Überhaupt ist die linke Seite seit einiger Zeit stabil.“ Oguzhan Kefkir, der Partner davor, hat sich zuletzt auch gesteigert und gegen Lippstadt zwei schöne Tore erzielt. „Kev“ und Kefkir, dieses Duo harmoniert derzeit wirklich gut.
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Vertrag verlängert sich beim Aufstieg
Was nicht nur für die Mannschaft wichtig ist, sondern auch für die beiden Spieler, für die es auch um die eigene Zukunft geht. Kefkirs Vertrag läuft im Sommer aus, bei Kevin Grund würde sich die Zusammenarbeit im Aufstiegsfall automatisch verlängern. Man werde gerade in der Endphase der Saison bei jedem Spieler genau hinschauen, haben die Verantwortlichen bereits mit Blick auf die Planung verkündet.
RWE- Neidhart hat mehr Alternativen, Engelmann angeschlagen Der Aufstieg würde Grund und Rot-Weiss Essen gleichermaßen beglücken. „Ich kann mir einfach nicht mehr vorstellen, woanders zu spielen“, hat der filigrane Fußballer gesagt. Er fühle sich fit wie nie und traue sich noch zwei, drei aktive Jahre zu. Und dann ergänzt der Familienvater: „Ich will hier einfach nicht weg, ohne den Aufstieg geschafft zu haben.“
Das war jedoch bevor ihn die Gerüchteküche als mögliches Auslaufmodell handelte.
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