Gelsenkirchen. . Ein junger Rekordspieler, ein riskantes Wechselspiel, ein treuer Kapitän und eine erleichterte Polizei: Das Revierderby zwischen Schalke 04 und Borussia Dortmund hatte viele Facetten.
Die Dortmunder Borussen verließen den Schauplatz Gelsenkirchen schnell und wortkarg. Kaum einer der Spieler und Offiziellen wollte sich über das vertraglich verpflichtete Fernseh-Maß hinaus äußern zu diesem Spiel gegen den großen Kontrahenten. Umso mitteilungsfreudiger waren die Schalker – verständlich nach ihrem beeindruckenden Auftritt. Das 142. Revierderby war hochklassig, packend, mitreißend – und es hatte viele Facetten.
Der Beste: Spieler des Tages war Schalkes Julian Draxler. Dieses Derby war sein 100. Profi-Pflichtspiel – und das im Alter von genau 19 Jahren und 170 Tagen. Zu diesem Rekord steuerte der Junge aus Gladbeck auch noch eine brillante Leistung und einen Treffer bei. Erstmals durfte er einen Derbysieg feiern, nach seinem Tor küsste er das Wappen auf dem Trikot: „Ich konnte nicht mehr an mich halten“, erzählte er lachend.
Der Zurückgehaltene: Dortmunds Nationalspieler Marco Reus musste in den ersten 45 Minuten von der Bank aus mit ansehen, wie seine Teamkollegen vergeblich versuchten, sich aus der Schalker Umklammerung zu befreien. Erst mit der Einwechselung von Reus für Kevin Großkreutz nahm die Borussia Fahrt für die am Ende doch vergebliche Aufholjagd auf.
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BVB-Trainer Jürgen Klopp hatte Großkreutz aufgeboten, weil er sich wohl von dessen Rückwärtsarbeit im Zusammenwirken mit Linksverteidiger Marcel Schmelzer eine bessere Kontrolle von Schalkes formstarkem Rechtsaußen Jefferson Farfan versprochen hatte. Klopp aber begründete den Wechsel anders – mit der Schonung eines seiner wichtigsten Männer: „Bei den Belastungen, die wir haben, müssen wir solche Momente nutzen. Wer das als Fehler ansehen will, kann das tun. Wir würden es wieder so machen.“ Pech für Klopp: Großkreutz, der das Gefühl, worum es in diesem Spiel geht, seit frühester Kindheit inhaliert hat, war ausgerechnet an diesem Tag folgenschwer indisponiert.
Der Treue: Taktisch klug präsentierte der FC Schalke kurz vor dem Anpfiff auf dem Videowürfel Bilder von Benedikt Höwedes, der Stadionsprecher verkündete dazu pathetisch dessen Vertragsverlängerung und heizte damit die ohnehin prächtige Stimmung auf den blau-weißen Rängen noch weiter an. Der Kapitän, dessen Vertrag 2014 ausgelaufen wäre, unterschrieb bis 2017. „Ich fühle mich hier pudelwohl, Schalke ist meine Heimat und meine Liebe“, erklärte der 25-Jährige nach dem Derbysieg emotional aufgewühlt.
Das Ärgernis: Als das Spiel begann, drohte es auch schon gleich unterbrochen zu werden. Im Dortmunder Fanblock brannte und qualmte es – Unverbesserliche hatten zahlreiche Bengalos gezündet und erfreuten sich an dem gelben Rauch. Mehrmals mussten sie dazu ermahnt werden, mit diesem Unsinn aufzuhören, mit dem sie schließlich auch dem eigenen Verein Schaden zufügten. Schalker Fans hatten sich beim Hinspiel in Dortmund auch nicht besser benommen.
Die Erleichterung: Wasserwerfer standen bereit, ein großes Polizei-Aufgebot war gerüstet. Am Ende aber wurde eine erfreuliche Bilanz gezogen: Rund um das Revierderby ging es vergleichsweise friedlich zu. Die Polizei in Gelsenkirchen verkündete am Abend, das Spiel sei von Ausschreitungen rivalisierender Fangruppen weitgehend verschont geblieben. 101 Dortmunder Anhänger wurden vor dem Anpfiff in Gewahrsam genommen, einige von ihnen hatten die Scheiben eines Shuttle-Busses zerstört. Nach dem Spiel konnte die Polizei die Fangruppen auseinanderhalten. Polizeisprecher Konrad Kordts: „Insgesamt sind wir mit dem Verlauf des Derbytages sehr zufrieden. Die vielen Appelle der Vereinsvertreter, der DFL und der Polizei haben gefruchtet.“