Gelsenkirchen. Der zweite Erfolg gegen den Revierrivalen in dieser Saison lässt bei den Blau-Weißen die Hoffnung auf einen guten Saisonabschluss zu. Für die Schwarz-Gelben ist der Rückschlag ärgerlich, aber sie werden ihn verkraften können. Es war ein hochklassiges Derby zwischen den Erzrivalen. Ein Kommentar.

Revierderbys haben oft schon mehr versprochen als gehalten. Dieses aber gehörte in die Kategorie hochklassig, Schalke 04 und Borussia Dortmund boten spannende sportliche Unterhaltung in einer phantastischen Atmosphäre. Das lag natürlich daran, dass sich die Blau-Weißen vor den vermeintlich stärkeren Schwarz-Gelben nicht verkrochen. Schalke setzte Dortmund in der ersten Halbzeit dermaßen leidenschaftlich unter Druck, dass der BVB kaum dazu kam, sein berühmtes schnelles Umschaltspiel aufzuziehen und seinerseits zu brillieren.

Schalke hätte den Derbysieg in der Schlussphase klar machen müssen

Schalke investierte in dieser ersten Hälfte deutlich mehr als Dortmund, das war das eigentlich Überraschende an dieser Partie. Dass die Borussen Kräfte gelassen hatten bei ihrem tollen Champions-League-Sieg gegen Donezk, darf keinesfalls als Entschuldigung herangeführt werden. Denn der Deutsche Meister ist die Belastung mittlerweile gewohnt, er hat sie mehrmals schon bestanden.

Die Frage zur Pause war: Würden die Schalker dieses Tempo durchhalten können? Würden Sie bei einem Gegentor ins Wanken geraten?

Dieser Treffer fiel wie erwartet, als die Borussen das Schalker Tor energischer berannten, doch in der Schlussphase hätten die Königsblauen bei mehreren Konterchancen alles klar machen müssen. Insgesamt hatten sie den Sieg am Ende verdient.

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Der zweite Derbysieg in dieser Saison bestätigte auf Schalke die Aufbruchstimmung, die nach dem erschreckenden Abwärtstrend so lange vermisst worden war. Momentan sieht es ganz danach aus, als werde diese kuriose Berg- und Tal-Saison doch noch positiv enden. Es stellt sich allerdings die Frage, welch eine seltsame Mannschaft das doch ist, die sich gegen Fürth blamiert, gegen Augsburg und Düsseldorf schwer tut - und die dann gegen Dortmund groß auftrumpft. Immerhin: Sie erscheint nun deutlich stabiler, und das lässt Hoffnungen zu. Und auch Rückschlüsse, und zwar auf die Arbeit von Trainer Jens Keller.

Borussia Dortmund braucht sich trotz Derbypleite nur kurzzeitig grämen

Als „das Gesicht der Schalker Krise“ hatte ihn der Boulevard gleich zu Beginn seiner Amtszeit begrüßt, eine faire Chance, die jeder verdient, war damit ausgeschlossen. Jetzt zeigt es sich, dass alle, die auch Manager Horst Heldt attackierten, weil er es gewagt hatte, einen U-17-Trainer zu befördern, voreilig geurteilt hatten. Kellers größter Verdienst ist seine Beharrlichkeit: Er ließ sich nicht aus dem Konzept bringen, er arbeitete täglich an der Verbesserung einer verunsicherten Mannschaft.

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„Ich mache jetzt keine Luftsprünge in der Euphorie, so wie ich vorher bei Niederlagen nicht in Depressionen verfallen bin“, hat er wiederholt gesagt – auch am Samstag nach dem Derbysieg. Mit dieser unaufgeregten Art, die ihm auch schon als Farblosigkeit ausgelegt wurde, hat er Schalke zurück in die Spur gebracht.

Und der BVB? Hat jetzt zwei Derbys verloren, muss sich aber nur kurzzeitig grämen. Dortmund wird wieder in die Champions League einziehen, und ein Anrecht auf einen dritten Meistertitel in Serie hatte der Klub ja ohnehin nicht. Schwarzgelb ist insgesamt gefestigt genug, um Rückschläge wie diesen verkraften zu können.