Gelsenkirchen. „Die Tür stand für Spieler der Knappenschmiede noch nie so weit offen“, sagt Raffael Tonello. Im Interview erklärt er, was Schalkes Jugendarbeit so besonders macht.

Manchmal geht es eben doch ganz schnell - wie im Falle von Taylan Bulut und Max Grüger. Zwei junge Spieler, die sich in dieser Saison beim FC Schalke 04 ins Rampenlicht der 2. Fußball-Bundesliga gespielt haben. Und Schalke hat noch weitere talentierte Spieler in der Knappenschmiede.

Einer von ihnen ist Zaid Amoussou-Tchibara, Stürmer aus der U19 von Trainer Norbert Elgert. Er war einer von mehreren A-Jugendspielern, die während der Länderspielpause bei den Profis mittrainierten. In einem Test gegen den Drittligisten Alemannia Aachen erledigte der 18-Jährige auch gleich seinen Torjägerjob mit einem Treffer beim 2:1-Sieg der Schalker.

Wie plant Schalke 04 für seine Top-Talente und mit ihnen? Ein Faktor ist Zeit. So sagte U19-Trainer Norbert Elgert nach dem Viertelfinale seiner Mannschaft im DFB-Pokal der Junioren gegen den VfL Wolfsburg (0:3): „Es braucht Zeit, viel Zeit, bis wieder einer oben hinkommt, der Sinn macht, dass du sagst: Der kann wirklich helfen. Und nicht: Den singen wir irgendwie rein.“

Es sei ein „weiter Weg aus dem U-Bereich in den Profi-Bereich“, sagt auch Raffael Tonello, Sportlicher Leiter des Nachwuchsleistungszentrums und Top-Talente-Scout des FC Schalke 04. Er spricht im WAZ-Interview über Schalkes Jugendarbeit und den Weg junger Spieler in den Profi-Fußball, Schalkes Wucht - und „Identifikation pur“ junger Spieler.

Schalkes Knappenschmiede-Chef Tonello: „Es liegt an uns, die Spieler weiterzuentwickeln“

Herr Tonello, wie planen Sie mit U19-Torjäger Zaid Amoussou-Tchibara, den sich einige S04-Fans bereits als festen Bestandteil im Zweitligakader wünschen?

Raffael Tonello: Wir sind der Unterbau der Profis. Das heißt: Unsere Arbeit zielt darauf, junge Spieler über die Knappenschmiede an den Profibereich heranzuführen und für die Profimannschaft auszubilden. Das ist unsere Aufgabe und unser Arbeitsauftrag. Da spreche ich gar nicht über einzelne Spieler. Es gibt in der U19, in der U17, aber auch in der U23 den einen oder anderen hochinteressanten Spieler. Jetzt liegt es an uns, diese Spieler weiterzuentwickeln. Wir sind mit Kees van Wonderen, Norbert Elgert, Jakob Fimpel, Youri Mulder und Ben Manga ohnehin permanent im Austausch. Wir kennen den Leistungsstand der Spieler. Wir wissen aber auch, dass es ein weiter Weg aus dem U-Bereich in den Profi-Bereich ist. Wir freuen uns, dass wir einige hochveranlagte Talente in den eigenen Reihen haben. Wenn die Zeit reif ist, werden wir die entsprechenden Schritte einleiten.

Wer hat das letzte Wort dabei?

Der Cheftrainer der Profis hat nach Rücksprache das letzte Wort. Wenn er sagt, dass er in einem Spieler etwas Besonderes sieht und ihn gerne spielen lassen würde, dann müssen wir uns natürlich gemeinsam darauf einigen, dass wir diesen Spieler den Profis zuführen. 

Haben den ganz kurzen Weg aus der Knappenschmiede ins Profiteam des FC Schalke 04 genommen: Taylan Bulut (li.) und Max Grüger.
Haben den ganz kurzen Weg aus der Knappenschmiede ins Profiteam des FC Schalke 04 genommen: Taylan Bulut (li.) und Max Grüger. © Jan Fromme /firo Sportphoto | Jan Fromme

Schalke: Taylan Bulut und Max Grüger waren zunächst für die U23 vorgesehen

Die Talente Taylan Bulut und Max Grüger haben überraschend viele Spiele bei den Schalker Profis absolviert. Hatten Sie die beiden ehemaligen U19-Spieler so auf der Rechnung?

Ich könnte jetzt sagen: Ja,  beide Spieler waren im Lizenzspielerbereich eingeplant. Auch wenn Max und Taylan im Trainingsbetrieb bei den Profis waren, hatten wir sie aber zunächst für den Spielbetrieb bei unserer U23 vorgesehen. Wir sind uns in der sportlichen Führung einig gewesen, dass diese beiden Talente noch Zeit benötigen. Max und Taylan haben aber die Chance bekommen und in einem schwierigen Umfeld gut performt. Daran lässt sich erkennen, über welche Ausbildungsqualität die Knappenschmiede verfügt. Max und Taylan haben sich nahtlos bei den Profis eingefügt, sich gut gewehrt in den Zweitligaspielen. Sie haben sich mehr als gut entwickelt, aber das sind Prozesse, die man so nur bedingt vorhersehen kann. Es ging dann – auch mit dem Engagement von Jakob Fimpel bei unseren Profis bei den Spielen in Münster und gegen Hertha BSC – so schnell. Das freut uns natürlich. Es ist ein Qualitätssiegel der Knappenschmiede. Die Nominierungen von Max für die deutsche U20 und von Taylan für die deutsche U19 unterstreichen das.

Trägt in der Knappenschmiede des FC Schalke 04 viel Verantwortung: Raffael Tonello.

„Wir versuchen, alle Talente zu halten. Gerade die Jungs, die den Weg durch die Knappenschmiede durchlaufen haben. Das ist Identifikation pur.“

Raffael Tonello, Sportlicher Leiter des Nachwuchsleistungszentrums und Top-Talente-Scout des FC Schalke 04

Wie wichtig ist es aus Ihrer Sicht, diese beiden Talente auf Schalke zu halten?

Wir versuchen, alle Talente zu halten. Gerade die Jungs, die den Weg durch die Knappenschmiede durchlaufen haben. Das ist Identifikation pur. Es ist etwas Wunderschönes, wenn du einen Spieler hast, der aus der U9 bis hoch zu den Profis auf Schalke spielt. Natürlich willst du solche Talente dann auch länger an dich binden. Dafür machen wir den Job.

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Raffel Tonello: „Schalke hat eine ganz andere Wucht“

Sie sind seit Frühjahr 2024 bei Schalke. Tickt der Verein anders als Ihre letzten Klubs FC Watford und Eintracht Frankfurt?

Schalke hat eine ganz andere Wucht. Das ist der größte Unterschied. Selbst zu Champions League-Zeiten war es bei Eintracht Frankfurt anders. Bei Watford in England gab es die Wucht gar nicht, das kann man nicht vergleichen. Als Spieler habe ich bei Fortuna Düsseldorf in der Bundesliga gespielt. Das lässt sich ebenfalls nicht mit Schalke vergleichen. Wenn wir über den Nachwuchsfußball sprechen, stelle ich fest: Die Durchlässigkeit ist hier eine andere. Die Qualität der Ausbildung ist auf Schalke besser. Und die Chancen, für junge Spieler, über die Knappenschmiede zu den Profis zu kommen, ist hier wesentlich höher als in Frankfurt seinerzeit. Oder auch in Watford.

Lässt sich die Wucht, die Sie gerade angesprochen haben, konkreter benennen?

Schalke bringt eine unfassbare Leidenschaft mit, dazu eine enorm hohe Identifikation bei den Fans. Wir haben 100-prozentig treue, sich stark mit dem Verein identifizierende Menschen. Für sie ist Schalke 04 mehr als nur ein Verein. Bei Schalke gibt es zudem eine große Leidensfähigkeit. Umso mehr sind wir als Verein in der Bringschuld.

Eines der Top-Talente des FC Schalke 04: Zaid Amoussou-Tchibara, hier im Training der Profimannschaft.
Eines der Top-Talente des FC Schalke 04: Zaid Amoussou-Tchibara, hier im Training der Profimannschaft. © FUNKE Foto Services | Tim Rehbein/RHR-FOTO

Können Sie die hohe Durchlässigkeit bei Verhandlungen mit jungen Spielern als Trumpfkarte ausspielen?

Die Tür stand für Spieler der Knappenschmiede noch nie so weit offen. Das hat natürlich auch etwas mit den Leistungen der Profi-Mannschaft und der Gesamtsituation der letzten Jahre zu tun. Aber es spricht für die Qualität in der Knappenschmiede, dass mehrere Jungs den Sprung nach oben geschafft haben. Das macht uns zuversichtlich und ist Ansporn zugleich: Wir können und wollen noch mehr. Und die Spieler erkennen das natürlich auch. Wenn ein Taylan Bulut spielt, Max Grüger, wenn ein 2004er-Jahrgang bei uns im Profibereich aufläuft, dann sind das Top-Visitenkarten. Wenn ich das mit anderen Mannschaften in der Bundesliga oder 2. Liga vergleiche: Da gibt es das in dieser Form nicht oft.

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