Dortmund. In Zeiten der Krise reichen dem Dortmunder Kommunikationsdesigner (56) die Aufträge nicht mehr. Warum er auch etwas ganz anderes machen würde.

Menschen ab 50 Jahren haben es schwer auf dem Arbeitsmarkt – trotz Fachkräftemangels. Lesen Sie hier ihre Geschichten.

Michael, 56, Kommunikationsdesigner aus Dortmund, fast 30 Jahre selbstständig

„Kreativ war ich immer schon. Mein Vater war Grafiker, ich wusste früh, sowas will ich auch machen. In der Realschule war ich im musisch-künstlerischen Leistungskurs, habe viel fotografiert. Später habe ich an der Fachoberschule für Gestaltung mein Fachabi gemacht und dann an der Folkwang-Universität der Künste Kommunikationsdesign studiert. Ich habe noch gelernt, mit den Händen etwas zu bauen. Heute entstehen Entwürfe am Computer und vielleicht mit dem 3D-Drucker.

Aber ich bin da nicht stehengeblieben. Ich habe mich mein Leben lang immer weiterentwickelt, das will ich auch weiterhin tun. Und man muss das auch, sonst fällst du tatsächlich hinten runter. Zukunftsorientiert zu sein, ist Bestandteil meiner Arbeit.

War immer selbstständig, sucht jetzt einen Job als Angestellter: Kommunikationsdesigner Michael Wiczoreck aus Dortmund.
War immer selbstständig, sucht jetzt einen Job als Angestellter: Kommunikationsdesigner Michael Wiczoreck aus Dortmund. © FUNKE Foto Services | STEFAN AREND

Freiberuflich, aber die Akquise ist immer schwieriger geworden

Ich habe immer feste Kundschaft gehabt, viele Aufträge von den Westfalenhallen, aus der Dortmunder Kultur und von Industrie-Unternehmen. Zu meinen Kunden gehörten die Sparkasse, der BVB, das Kulturbüro. Ich habe Kampagnen gestaltet für das Chess Meeting oder den NRW-Tag. In Essen habe ich übrigens 1994 die Plakatwerbung für den EU-Gipfel entworfen.

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Ich bin ein Kümmerer, sehe mich als Dienstleister für Kommunikation. Ich nehme meinen Kunden alles ab, vom Entwurf bis zur Produktion, gestalte Logos, Bücher, Faltblätter, Kataloge, Gebrauchsanleitungen, Geschäftsberichte. Setze Bildideen für Veranstaltungen um, von der Einladung bis zur Bühnendekoration.

Aber seit einigen Jahren ist die Akquise immer schwieriger geworden. In der Branche ist viel Bewegung, manches ist weggespart worden. Das fing mit Corona an und ging mit der Energiekrise weiter, die Wirtschaft hat es nicht leicht. Die Bauindustrie steht mit beiden Füßen auf der Bremse, Entscheidungen dauern immer länger.

29 Jahre ist das gutgegangen, aber inzwischen ist das wirtschaftliche Umfeld sehr schwierig. Büromiete, Energiekosten, das zehrt. Ich bin nicht in dem Sinne arbeitslos, ich habe Ideen und auch Perspektiven, möchte etwas Eigenständigkeit auch behalten. Aber...

Ein „kreativer Kümmerer“: Michael Wiczoreck könnte sich auch vorstellen, mit diesen Fähigkeiten irgendwo quer einzusteigen.
Ein „kreativer Kümmerer“: Michael Wiczoreck könnte sich auch vorstellen, mit diesen Fähigkeiten irgendwo quer einzusteigen. © FUNKE Foto Services | STEFAN AREND

Nur Absagen, aber: Warum verhandelt man nicht?

Ich muss ja auch Bewerbungen erst einmal lernen. Inzwischen habe ich sicher 40 geschrieben, aber es gab nur Absagen. Einmal war ich zumindest zu einem Vorgespräch, ansonsten kommt man gar nicht erst in den Austausch. Das finde ich kurios: Wenn es nicht gleich zu 100 Prozent passt, warum verhandelt man nicht?

Möglicherweise gibt es diese Vorurteile: Kommunikationsdesign ist ein „junger“ Beruf, es geht um den schnellen Effekt. Ich vermute, ich bin zu alt und zu teuer. Aber ich fühle mich nicht alt. Man sagt mir ja auch: Das Problem sei „nichts Fachliches“. Ich biete Qualität, Nachhaltigkeit, Substanz, Seriosität. Bodenständigkeit statt Effekthascherei, wie zum Beispiel bei Social Media. Obwohl ich soziale Medien natürlich auch bedienen kann.

Vielleicht denken Arbeitgeber auch, dass einer, der immer selbstständig war, nicht teamfähig sein kann. Aber auch das stimmt nicht: Ich habe immer alles im Team gemacht. Kleine und große Projekte funktionieren nur so. Vielleicht könnte ich mit all‘ meinen Fähigkeiten auch etwas ganz anderes machen, als Quereinsteiger. Ein schöner Gedanke.“