Ruhrgebiet. Welche Lebensmittel man auswählt und wie man sie zubereitet, hat Auswirkungen auf das Klima. Treibhausgase lassen sich auch am Herd vermeiden.

In einem Hinterhof in der Innenstadt von Dortmund zieht Monika Röttgen gerade einen Kräutergarten groß. „Der Oregano entwickelt sich fantastisch“, sagt sie mit angemessener Begeisterung, schaut sodann nach der Schafgarbe und stößt nebenbei auf einen Abgang: „Den Löwenzahn hat sich jemand geholt, wahrscheinlich eine Schnecke.“ Die weiß, was gut ist.

Auf die Dauer schweben Röttgen hier Kräuterabende vor, „vielleicht mal einen kleinen Abend zu Brennnesseln“. Und wie man sie verwenden kann: als Gemüse, Haarspülung, Smoothie, in der Kräutersuppe, als Jauche. Bei Röttgens Rezepten taucht sie auch auf, etwa als Zutat unter „Cracker“ oder „Birnen-Bohnen-Speck“. Cracker? Brennnesseln? Speck? Irgendetwas stimmt hier nicht.

Das Buch ist „genau genommen am allerwenigsten ein Kochbuch“

Die Drehscheibe ist ein Hilfsmittel, um Tipps zu bekommen, welche Beilagen zueinander passen könnten.
Die Drehscheibe ist ein Hilfsmittel, um Tipps zu bekommen, welche Beilagen zueinander passen könnten. © FUNKE Foto Services | Bernd Thissen

Die 46-jährige Dortmunderin hat ein Buch geschrieben, „Die Klimafreundliche Küche“ heißt es und beantwortet umfassend die Frage: Was kann ich tun, damit meine Ernährung(sweise) möglichst wenig Treibhausgase erzeugt? Doch trotz des Untertitels „Cooking for Future“ ist das Buch „genau genommen am allerwenigsten ein Kochbuch“, schreibt Monika Röttgen schon im zweiten Satz.

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Das erste Rezept findet sich tatsächlich auf Seite 157 von 288, das spricht ja wohl für sich. Stattdessen geht es ganz grundsätzlich darum, dass „wir alle mit wenigen Ideen unsere Mahlzeiten klimafreundlich gestalten könnten“. Tierzucht wird da ebenso ein Thema wie Produktion und Transport von Lebensmitteln.

„Wie das zustande kommt, bleibt oft im Dunkeln der Tüte verborgen“

Und dann ist es auch noch ausgesprochen unterhaltsam. Geht nicht? Geht! Zitat: „Die Leute wollen ‚irgendwie Gesundes’, ,irgendwie Leckeres’, irgendwie auch was ,Tierwohliges‘. Wie das zustande kommt, bleibt oft im Dunkeln der Tüte verborgen.“

Man ahnt es schon: Röttgen ist zwar gelernte Volkskundlerin, hat schon vor 20 Jahren ihre Großmutter interviewt zu Themen wie Vorratshaltung oder Haltbarmachung ohne Kühlschrank. Aber sie arbeitet journalistisch, als Sprecherin der „Deutschen Arbeitswelt-Ausstellung (Dasa)“ in Dortmund.

Die Erde hält wenig davon, auf der Nordhalbkugel Tropenfrüchte zu essen

Wenn Sie also schon immer wissen wollten, was die Erde davon hält, wenn wir in Europa Tropenfrüchte essen: wenig. Aber lesen Sie selbst: Wieso Tropenfrüchte unter bestimmten Umständen aber auch klimafreundlicher sein können als regionales Obst. Wie man sich von dem Grün ernähren kann, was draußen einfach so wächst. Wie man Müll vermeidet, wird ebenso beantwortet wie die Frage nach der angebrachten Verpackung. Oder welches vermeintliche „Superfood“ bei uns wächst.

Frau Röttgen, bringen Sie uns das Buch mal auf den Punkt? Es gehe um eine „pflanzenbasierte Küche, die uns gut tut und der Erde gut tut, und das spielerisch und mit Spaß.“ Mission erfüllt. Bei der Tellerverbesserin Röttgen wird man keine Doktrinen, Anklagen, Drohungen und Verzichtsforderungen finden. Das Buch geht auch online weiter, „www.klimafreundlich-kueche“, bitte beachten Sie das fehlende „e“ vor dem Minuszeichen, das ist Absicht.

„Verlasse diesen Ort so, wie du ihn vorgefunden hast. Gilt auch für die Erde“

Tut wie ein Kochbuch, ist es aber nur kapitelweise: „Die klimafreundliche Küche.!
Tut wie ein Kochbuch, ist es aber nur kapitelweise: „Die klimafreundliche Küche.! © FUNKE Foto Services | Bernd Thissen

Nach dem Gespräch mit uns hat Monika Röttgen noch einen einschlägigen Termin. Eine online übertragene Darstellung zum Thema Fermentierung. Sie beginnt mit viel Schnipselei und endet mit entschlossenem Aufräumen. Passt zum finalen Küchentipp im Buch: „Verlasse diesen Ort so, wie du ihn vorgefunden hast. Gilt auch für die Erde.“

Monika Röttgen: Die Klimafreundliche Küche. Freya-Verlag, Linz 2020. 288 Seiten, 24,99 Euro.

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