An Rhein und Ruhr. . Besuch in der Kaffeerösterei „Rubens“ in Essen-Rüttenscheid: Hier duftet es mehrmals in der Woche nach Schokolade und Malz. So funktioniert es.

Von dem schwarzen Ungetüm ist ein Rauschen zu vernehmen – es kommt aus der Trommel, die sich unablässig dreht. Ab und zu schaut Marcus Strelow auf den Probenzieher, eine kleine Schütte, und hebt sie an die Nase. Stimmt die Farbe, ist der richtige Röstgrad erreicht?

Er nickt, zieht an einem Hebel: Der Inhalt der Trommel prasselt mit einem Schwung auf das rotierende Kühlungssieb. Ein schokoladiger Duft steigt auf. Strelow wartet einen Moment, nimmt eine Hand voll Bohnen, nickt zufrieden und lässt sie in das Sieb gleiten. 100 Prozent Arabica, „eine sehr hochwertige Bohne, die beim Brühen einen eleganten Geschmack abgibt“, betont er.

Plantagen in China und Australien

Marcus Strelow röstet seit mehr als 20 Jahren Kaffee, direkt im hinteren Bereich seines Ladens in Essen-Rüttenscheid, der sich „Rubens“ nennt und wie ein Kolonialwarengeschäft mit hölzerner Theke und hohen Regalen bestückt ist. Neben Kaffee gibt es Schokolade und Tee. Damals sei er einer unter ganz wenigen kleinen Privatröstereien gewesen, erzählt er. Ein Enthusiast, von der Idee fasziniert, das Naturprodukt, diese hellbraunen Samen der Kaffeepflanze, selbst zu verarbeiten und zu verkaufen. Und industriellen Anlagen der Kaffeeproduzenten etwas entgegen zu setzen, die seit den 1960er Jahren die einst zahlreichen Privatröstereien in ganz Deutschland verdrängt hatten.

Immer mehr private Kaffeeröstereien bieten ihre Produkte an – auch in kleineren Städten der Region.
Immer mehr private Kaffeeröstereien bieten ihre Produkte an – auch in kleineren Städten der Region. © Julia Tillmann

„Seit mehreren Jahren erlebt die Kaffeekultur jetzt wieder einen Aufwärtstrend“, sagt Strelow, „immer mehr kleine Röstereien tun sich auf“. Nicht nur in Metropolen wie Essen, Dortmund, Bochum, Düsseldorf und Köln, sondern auch in kleinen Städten wie Emmerich, Ratingen und Heiligenhaus schießen die Kaffeemanufakturen und Röstereien – oft mit angeschlossenem Cafébetrieb – wie Pilze aus dem Boden.

Stete Bewegung in der Trommel

Das Spektrum an Sorten ist gewachsen, das der Anbaugebiete ebenso. Neben den klassischen Herkunftsländern in Afrika und Südamerika pflanzen mittlerweile China und Australien Kaffee an. Umschlagplatz ist Hamburg, woher auch Strelow seine Arabica- und Robusta-Bohnen bezieht.

Die beiden wichtigsten Kaffeesorten

Arabica gilt als die edelste Bohne, und fast alle Spitzenkaffees bestehen aus reinem Arabica.

Robusta besitzt weniger Aromen als Arabica, hat dafür aber einen volleren Körper, weswegen er vor allem für Espresso geschätzt wird.

Den Geschmack verleiht aber die Röstung. Blumige und fruchtige Aromen entstehen durch helle Bohnen, erläutert der Experte. Im „Rubens“ bekommen sie eine dunkle Farbe, duften nach Schokolade, Lakritz oder haben eine malzige Note. 17 bis 18 Minuten verbringen die Samen dafür in steter Bewegung in der Zwölf-Kilo-Trommel, die durch einen Trichter befüllt wird. Nach dem Vorheizen herrschen dort 220 Grad Celsius, die auf 90 Grad sinken, sobald die kalten Bohnen eingefüllt sind.

Alle zwei Minuten steigt die Temperatur um fünf bis sieben Grad an – durch ein Schauglas beobachtet der Röstmeister, wie sich Farbe und Oberfläche der Bohnen verändern. Denn durch die Röstung verliert der Rohstoff zwölf bis 18 Prozent Wasser, die Schale bricht auf. Der Probenzieher kommt zum Einsatz, um zu kontrollieren, ob der Röstgrad erreicht ist.

Nach der Röstung wird per Hand verlesen

Für eine Espressoröstung sieht Strelow 15 bis 20 Minuten bei 230 Grad vor. Dunkelbraun sind die Bohnen, die im Kühlungssieb landen, glänzender von der Oberfläche, dafür sind die Fette zuständig, die durch die Wärme herausgelöst werden. Espresso sei weniger säurehaltig, informiert der Experte, der kräftige Schwarze daher besser bekömmlich als ein Brühkaffee.

Seinen Rohkaffee bezieht der Inhaber der Kaffeerösterei Rubens in Essen aus allen Herren Länder.
Seinen Rohkaffee bezieht der Inhaber der Kaffeerösterei Rubens in Essen aus allen Herren Länder. © Julia Tillmann

Nach dem Röstprozess steht das Verlesen: Die Bohnen kommen auf ein Laufband, per Hand fischt der Röstmeister nicht korrekt geröstete Exemplare heraus; sie könnten den Geschmack trüben. Zum Abschluss wandert das Röstprodukt in Fässer – zum späteren Verkauf im Laden.

Was seine Röstung von der industriellen unterscheidet? Strelow: „Die Menge natürlich und meines Erachtens die Geschmacksintensität.“ Eine Turboröstung in der Fabrik laufe bei 600 Grad Celsius in wenigen Minuten ab und die Kühlung erfolge mit Wasser. Heraus komme eben ein konfektioniertes Endprodukt. Strelow: „Kleine Röstereien liefern dagegen individuelle Kreationen.“