Düsseldorf. Unter Schülern in NRW kursieren Gewaltvideos des Nahost-Kriegs. Wie Eltern ihre Kinder schützen können und ob sie Social-Media verbieten sollen.

  • Unter Schülern in NRW kursieren Gewaltvideos des Nahost-Kriegs. Viele Eltern fordern daher ein generelles Handyverbot an Schulen.
  • "Das Setzen von solchen Verboten kann dann funktionieren, wenn Schülerinnen und Schüler in diese Entscheidung eingebunden sind", sagt Robert de Lubomirz-Treter von der Landesanstalt für Medien NRW.
  • Es kann aber auch ohne ein Handyverbot funktionieren, so der Experte.

Bomben-Einschläge, schwer verletzte Menschen, Enthauptungen: Die aktuellen Bilder und Videos aus dem Nahen Osten sind selbst für Erwachsene schwer zu ertragen. Doch über die Sozialen Medien erreichen sie auch viele Kinder und Jugendliche, die sie sich auf dem Schulhof gegenseitig zeigen. In NRW wird daher zunehmend der Ruf nach einem Handyverbot an Schulen laut. Ob ein solches Verbot sinnvoll ist, und wie Eltern ihre Kinder schützen können, erklärt Robert de Lubomirz-Treter von der Landesanstalt für Medien NRW im Interview.

Die Regeln für die Handynutzung sind an den NRW-Schulen unterschiedlich. Einige Schulen verbieten eine Handynutzung sogar in der Pause. Halten Sie ein flächendeckendes Handyverbot an den weiterführenden Schulen für sinnvoll?

Robert de Lubomirz-Treter: Das Setzen von solchen Verboten kann dann funktionieren, wenn Schülerinnen und Schüler in diese Entscheidung eingebunden sind. Genauso gut kann es aber auch ohne Verbote funktionieren, in dem man zum Beispiel Handybereiche festlegt oder das Smartphone in den Unterricht einbindet. Wie gut das funktioniert, kann man aber nicht pauschal sagen – das kann von Schule zu Schule oder Klasse zu Klasse unterschiedlich sein.

>>> Lesen Sie hier: Eine Schule in Herne hat Smartphones in den Klassenräumen und auf dem Pausenhof bereits verboten. Wie die Schulleitung diese Entscheidung begründet und warum immer mehr Eltern ein Handyverbot fordern, Lesen Sie hier: „Gewaltvideos an NRW-Schulen: Ist ein Handy-Verbot sinnvoll?“

Wo lauern – vor allem in Zeiten des Krieges – die Gefahren von Handynutzung auf dem Schulhof?

Auch Konflikte, die weit weg sind, können plötzlich nah sein und Menschen in Deutschland auseinanderbringen. Das ist auch immer ein Kalkül von Terrorismus, wie er in Israel durch die Hamas ausgeübt wurde und weiterhin anhält. Bilder können sehr verstörend sein und gerade unter Kindern und Jugendlichen kann es dazu kommen, dass es Versuche gibt, sich darin zu überbieten, besonders schlimme Videos zu finden. Die schrecklichen Bilder und Videos können dann emotional sehr belastend werden. Außerdem kann Desinformation – zum Beispiel in Form von gefälschten oder aus dem Kontext gerissenen Videos auf TikTok – dazu beitragen, dass sich Feindbilder entwickeln oder irrationale Ängste entstehen.

Robert de Lubomirz-Treter von der Landesanstalt für Medien NRW sagt, ein Handyverbot an Schulen kann nur funktionieren, wenn Schülerinnen und Schüler in die Entscheidung eingebunden werden.
Robert de Lubomirz-Treter von der Landesanstalt für Medien NRW sagt, ein Handyverbot an Schulen kann nur funktionieren, wenn Schülerinnen und Schüler in die Entscheidung eingebunden werden. © Landesanstalt für Medien NRW | Landesanstalt für Medien NRW

Wie können Eltern ihre Kinder am besten vor Kriegs- und Gewaltvideos im Netz schützen?

Am besten hilft der Dialog und für das, was Kinder online erleben, ernstes Interesse zu zeigen. Fragen Sie aktiv nach: „Was beschäftigt Dich? Kannst du mir Deine Lieblingsapp erklären? Was läuft bei Euch aktuell im Klassenchat?“ Kindern und Jugendlichen muss man das Angebot machen, über das online Erlebte zu sprechen. Außerdem ist es sinnvoll, wenn Eltern mit ihren Kindern besprechen, woran man verlässliche Nachrichtenquellen erkennt und sie auch darüber aufklären, dass viele Falschmeldungen und manipulative Inhalte im Internet existieren. Das setzt allerdings voraus, dass man selbst weiß, wie verlässliche Quellen zu finden sind. Wer dabei Unterstützung sucht, kann sich auch einfach an ZEBRA (www.fragzebra.de) wenden.

>>> Lesen Sie hier: Angriff auf Israel: „Mein Sohn saugt alles zum Krieg auf“

Ist es in dem Zusammenhang als Elternteil sinnvoll, den Kindern den Zugang zu Sozialen Medien zu verbieten, während die Freunde diese weiter nutzen?

Am besten ist es, gemeinsam einen Rahmen zu vereinbaren und sich dann auch an diesen zu halten. Übrigens gehört dazu auch ein gutes Vorbild zu sein: Wenn ich als Elternteil selbst ständig am Handy bin, sinkt auch die Wahrscheinlichkeit, dass Regeln wie vereinbarte Handyzeiten eingehalten werden. In Ergänzung dazu können Eltern ihren Kindern auch einen altersgerechten Zugang zu sozialen Medien und dem Internet ermöglichen. So gibt es zum Beispiel Kindersuchmaschinen, die problematische Bilder und Videos ausblenden. Bei vielen sozialen Plattformen kann man außerdem einen begleiteten oder eingeschränkten Modus für Kinder aktivieren, damit ihnen nur altersgerechte Inhalte angezeigt werden.

Inwieweit macht sich ein Schüler oder eine Schülerin strafbar, wenn er oder sie empfangenes Material (etwa ein Kriegsvideo) weiterverschickt?

Strafbare Inhalte – also beispielsweise Volksverhetzung oder Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen – sollten nicht weitergeleitet werden. Während es bei einigen Straftaten, wie der Volksverhetzung, einer gewissen Öffentlichkeit oder eines größeren Personenkreises bedarf, um sich strafbar zu machen, genügt es beim Versenden von Gewaltdarstellungen (nach § 131 StGB), den Inhalt einer Person unter 18 Jahren zugänglich zu machen.

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Man kann sich also auch dann schon strafbar machen, wenn man bestimmte Inhalte nur an eine einzelne Person in einem privaten Chat schickt. In seltenen Fällen kann sogar der Besitz rechtswidriger Inhalte schon strafbar sein. Das ist zum Beispiel bei kinderpornografischen Inhalten der Fall.

>>> Strafbare Inhalte melden

Wer strafbare Inhalte im Internet entdeckt oder vermutet, kann diese unter www.medienanstalt-nrw.de/beschwerde direkt bei der Landesanstalt für Medien NRW melden. „Wir kümmern uns dann um alles Weitere und gegebenenfalls die Weiterleitung an die zuständige Staatsanwaltschaft“, sagt Robert de Lubomirz-Treter.

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