Mitrovica. . Seit fünf Jahren ist das Kosovo unabhängig. Trotz aller Probleme gibt es Fortschritte. Ardiana Osmani (27) und Milos Golubovic (28) erzählen von der gemeinsamen Arbeit bei CBM, einer Gruppe, deren Arbeit auch von der Hilfsorganisation Care unterstützt wird. Sie versuchen, wenigstens den Jungen die Vorurteile zu nehmen, sie zusammen zu bringen.

Die Hunde schlafen entspannt mitten auf der Fahrbahn, direkt auf der Brücke über den Ibar. Sie können das auch in aller Seelenruhe tun, denn Autos fahren über diese Brücke nicht. Ein meterhoch, von Bulldozern zusammengeschobener Erdwall blockiert jedes Durchkommen. Nur einige Fußgänger huschen zwischen Süd nach Nord, zwischen dem „serbischen“ und dem „albanischen“ Ufer, passieren die vier italienischen Kfor- Soldaten, die dort Wache schieben. Mitrovica, die immer noch geteilte Stadt. Ein Anblick, der, wie der aller geteilten Städte, den Betrachter einfach nur traurig stimmt.

Die andauernden Querelen unter den Bevölkerungsgruppen tragen gewiss einen Gutteil zum schlechten Image des Kosovos bei. Es ist nicht nur der jüngste Staat Europas (vor fünf Jahren gegründet), auch nicht nur der mit der jüngsten Bevölkerung (50 Prozent unter 25 Jahre), es ist auch wohl einer der am wenigsten bekannten und geliebten. Dieses Image aber haben gerade diejenigen nicht verdient, die sich bemühen, die das Land nach vorne bringen wollen, die sich Frieden wünschen.

Ardiana Osmani (27) und Milos Golubovic (28) haben eine gänzlich unterschiedliche Kindheit gehabt. Geeint nur in der Angst vor dem Kriegsgegner 1999. Milos, der im serbischen Norden lebt, denkt da an den Horror in den Kellern während der Fliegerangriffe der Nato, Ardiana aus dem albanischen Süden an die serbischen Milizen, die den Vater halbtot prügelten und die Familie auf der Flucht durch das halbe Land trieben.

Ardiana Osmani will die Situation in Mitrovica verbessern.
Ardiana Osmani will die Situation in Mitrovica verbessern. © Care

Jetzt sitzen sie nebeneinander und erzählen von der gemeinsamen Arbeit bei CBM, einer Gruppe, deren Arbeit auch von der Hilfsorganisation Care unterstützt wird. Sie versuchen, wenigstens den Jungen die Vorurteile zu nehmen, sie zusammen zu bringen.

Etwa durch die Rock-School, ein Musik-Projekt, bei dem junge Musiker aus dem Norden und dem Süden gemeinsam spielen. Das ist immer noch extrem schwierig, ein wirkliches Treffen gibt’s nur eine Woche im Jahr, in Skopje im benachbarten Mazedonien. Ansonsten wird über „Facebook“ Musik gemacht. Auch das ist schon eine Ausnahme, sonst gibt’s in den sozialen Netzwerken nur gegenseitige Beschimpfungen.

„Wir teilen nur die Probleme“

Milos erklärt: „Wir bekommen von klein an gesagt: Geh nicht auf die andere Seite.“ Liebesgeschichten sind auch sehr selten. „Wir kennen jedenfalls niemanden, der jemanden aus dem anderen Teil geheiratet hat.“ Auch Ardiana und Milos sagen von sich, „dass sie in erster Linie die Probleme teilen, nicht aber die Kultur.“ Und auf ein gemeinsames Foto wollen sie auch nicht. Man weiß nie, das könnte Scherereien geben. Am Ziel aber halten sie fest. Weil die Betonköpfe in der Elterngeneration einfach nerven. Oder wie es Ardiana sagt: „Ich möchte nicht, dass meine Kinder in so einer Stadt aufwachsen.“

Auch interessant

Dabei hat das Kosovo auch ohne den Konflikt der Ethnien genug Probleme. Arbeitslosigkeit, Vetternwirtschaft, Kriminalität. Wo soll man da anfangen, wie kann man da gescheit helfen? Die Hilfsorganisation Care unterstützt einige kleinere, aber verheißungsvolle Projekte. Zum Beispiel in Gjilan ganz im Osten des Landes, bekannt für seinen guten Ziegenkäse. Die kleine Zwei-Raum-Molkerei in Bresalc wurde im Vorjahr mit Mitteln unterstützt, um sich technisch aufzurüsten, auch mit einem kleinen Milchlaster.

Vier Angestellte profitieren davon und 37 Bauern in der Umgebung, die ihre Ziegenmilch an den Mann bringen. 60 Cent gibt’s für den Liter, sieben Liter braucht’s für ein Kilo Käse, das dann wieder für 6,70 Euro verkauft wird. Avni Syla leitet die Molkerei, er selbst hat 70 Ziegen im Stall und er glaubt fest an den Aufschwung, wenn der Laden dann im Sommer mal so richtig läuft. Das Problem: Die Ziegen hier geben nur von Juni bis Ende August ihren täglichen Liter ab. Deshalb will er aufrüsten. Denn Alpenziegen sind spendabler, geben acht Monate Milch. Die will er in Österreich kaufen, wenn genug Geld in der Kasse klingelt.

Wanderurlaub im Osten

Auch in Suhareka im Süden unterstützt Care die landwirtschaftliche Entwicklung. Drita Kabashi (42) ist Bäuerin und besitzt 30 Kühe, mit dreien hat sie angefangen. 200 Liter Milch geben die Tiere am Tag, für 40 Cent kann sie den Liter verkaufen. Sie ist die erste Frau in der Region, die sich auf diese Art selbstständig gemacht hat, finanziell unterstützt von Hilfsorganisationen. Sieben andere Bäuerinnen haben inzwischen Interesse angemeldet, es Drita gleich zu tun.

Oder das Thema Tourismus. Klar wissen sie auch hier, dass eine deutsche Familie nicht ihren Sommerurlaub in Spanien absagt, um ins Kosovo zu fahren. Individualreisenden will man aber schon ein Ziel bieten. Fitim Bunjaku (38) sieht nicht nur wie ein Trapper aus, er führt die Wanderwilligen auch in die Berglandschaft bei Novo Brdo. Ein kleines Touristenzentrum haben sie hier mithilfe von EU und Care aufgebaut. Übernachtet werden kann stilecht auf einem der Höfe der Nachbarschaft, das kostet 13 Euro pro Person, ein Mittagsmenü mit allem, was das Land wachsen lässt, gibt’s für sechs Euro. Dragan Markovic (55) betreibt so einen Hof. Und er ist stolz, schon Gäste aus Belgien, Irland und Japan bewirtet zu haben.

Tourismus im Kosovo: Fitim Bunjaku führt Wanderer in die Natur.
Tourismus im Kosovo: Fitim Bunjaku führt Wanderer in die Natur. © Care

Neugier auf das Fremde ist eins seiner Motive. Und natürlich überleben. Denn Dragan ist Serbe, auch hier im Osten lebt die Minderheit verstreut. Man kommt so ganz gut hin mit den Nachbarn, aber seinen Job bei der Bank hat er doch verloren und wenig Hoffnung auf einen neuen. Das ist einerseits ein typisches Kosovo-Problem, andererseits aber auch ein weltweites, wenn nämlich Dragan sagt: „Ich bin 55. In dem Alter kriegen nur Politiker noch einen neuen Job.

Mehr unter: www.care.de

OderUrlaubs-Infos unter: www.tourism-novobrdo.com