NRW. Die neue „Test-Option“ ermöglicht auch bei hoher Inzidenz die Beibehaltung von Lockerungen. Diese NRW-Städte wollen die Corona-Notbremse stoppen.

Viele Kommunen und Kreise in Nordrhein-Westfalen mit sehr hohen Corona-Infektionszahlen wollen die von diesem Montag an geltende Corona-Notbremse umgehen. In zahlreichen Großstädten wie Essen, Dortmund, Duisburg, Herne, Aachen oder Krefeld sollen das Einkaufen mit Termin, der Besuch von Kultureinrichtungen oder kleinere Gruppenaktivitäten auf Sportanlagen weiter möglich bleiben. Diese Voraussetzung müssen die Städte dafür erfüllen.

Ausdrücklich für die Rückkehr zu einem harten Lockdown (und damit auch die Rücknahme von Öffnungsschritten) haben sich bis zum Sonntag unter den „Hotspot“-Städten nur Hagen und Köln ausgesprochen.

Neue Corona-Regeln in NRW: Auch lokale Hotspots können "Test-Option" wählen

Die Landesregierung hatte am Freitag überraschend angekündigt, dass es trotz einer inzwischen wieder landesweiten Corona-Inzidenz deutlich über dem wichtigen Schwellenwert von 100 Neuinfektionen pro Woche und 100.000 Einwohner zu keiner flächendeckenden Rücknahme der zum 8. März in Kraft getretenen Öffnungen kommen soll. Sogar lokale „Hotspots“ mit sehr hohen Infektionen erhalten in NRW von diesem Montag an die Möglichkeit, mit einer neuen „Test-Option“ an Lockerungen festzuhalten.

Grünen-Landtagsfraktionschefin Verena Schäffer warf Ministerpräsident Armin Laschet (CDU) die Aufweichung des Bund-Länder-Beschlusses zur einheitlichen Anwendung der Corona-Notbremse vor: „Dass Armin Laschet sich erst weigert, die Notbremse nicht für Städte und Kreise, sondern nur landesweit anzuwenden, um dann komplett von ihr Abstand zu nehmen, macht nicht nur das Kommunikationschaos perfekt, sondern ist angesichts der dramatisch steigenden Neuinfektionen auch unverantwortlich“, sagte Schäffer am Sonntag unserer Redaktion. Einmal mehr müssten die Kommunen ausbaden, „was die Landesregierung ihr freitagsmittags vor die Füße kippt“, so Schäffer.

Lokale Modellprojekte nach Vorbild Tübingen müssen noch erarbeitet werden

Die Verwaltungsvorstände vieler Städte hatten sich noch übers Wochenende eilig zusammengeschaltet und Allgemeinverfügungen auf den Weg gebracht, die eine Umgehung der Notbremse per „Test-Option“ ermöglichen. Inwieweit der Handel darauf bereits zu Wochenbeginn eingestellt sein wird, blieb am Sonntag unklar.

In manchen Kommunen kam es überdies zu Verwirrung, weil die neue Test-Option zeitgleich mit einem geplanten lokalen Modellprojekt „sicheres Öffnen“ von der Landesregierung angekündigt wurde, Dieses wird aber erst noch erarbeitet und soll weitergehende Lockerungen nach dem Vorbild der baden-württembergischen Stadt Tübingen ermöglichen.

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Von Tobias Blasius, Christopher Kremer, Marc Wolko

Überraschend hatte das Land jenen kreisfreien Städten und Kreisen, bei denen eigentlich eine Notbremse greifen sollte, Ausnahmen ermöglicht: Sofern es genügend Testmöglichkeiten gibt, bleiben Termin-Shopping, Zoo, Museum oder körpernahe Dienstleistungen für Bürgerinnen und Bürger mit tagesaktuellem Test erlaubt.

Die Testoption wollen die meisten der 31 Kreise und Städte umsetzen, in denen die Inzidenz mindestens drei Tage lang über 100 liegt. Einige davon teilten am Samstag mit, das Land habe bereits zugestimmt, darunter die Duisburg, Gelsenkirchen, Wuppertal, Solingen und Herne sowie die Kreise Recklinghausen und Kleve. Das Gesundheitsministerium sprach auf Anfrage von 25 Kommunen, deren Allgemeinverfügungen zur Teststrategie genehmigt worden seien.

Nachdem bereits in vielen Regionen Öffnungen ab Montag entweder zurückgenommen oder aber an die Vorlage von negativen Schnelltests bei Kunden und Besuchern geknüpft wurden, gelten die Regelungen dann ab Dienstag auch für Bielefeld, Bottrop, die Kreise Gütersloh, Olpe, Steinfurt und den Hochsauerlandkreis, teilte das Gesundheistministerium am Sonntag mit. Ablehnungen habe es keine gegeben.

Schutzverordnung: In diesen Städten gilt ab Montag die Corona-Notbremse oder die Test-Option:

  • 1. Städteregion Aachen (Test-Option)
  • 2. Stadt Bochum (Test-Option)
  • 3.Kreis Borken (Test-Option)
  • 4. Stadt Dortmund (Test-Option)
  • 5. Stadt Duisburg (Test-Option)
  • 6. Kreis Düren
  • 7. Ennepe-Ruhr-Kreis (Test-Option)
  • 8. Stadt Essen (Test-Option)
  • 9. Kreis Euskirchen (Test-Option)
  • 10. Stadt Gelsenkirchen (Test-Option)
  • 11. Stadt Hagen
  • 12. Kreis Herford (Test-Option)
  • 13. Stadt Herne (Test-Option)
  • 14. Kreis Kleve (Test-Option)
  • 15. Stadt Köln
  • 16. Stadt Krefeld (Test-Option)
  • 17. Stadt Leverkusen (Test-Option)
  • 18. Kreis Lippe (Test-Option)
  • 19. Märkischer Kreis
  • 20. Kreis Mettmann (Test-Option)
  • 21. Kreis Minden-Lübbecke (Test-Option)
  • 22. Stadt Mülheim (Test-Option)
  • 23. Oberbergischer Kreis (Test-Option)
  • 24. Stadt Oberhausen (Test-Option)
  • 25. Kreis Recklinghausen (Test-Option)
  • 26. Stadt Remscheid
  • 27. Rhein-Erft-Kreis (Test-Option)
  • 28. Kreis Siegen-Wittgenstein
  • 29. Stadt Solingen (Test-Option)
  • 30. Kreis Wesel (Test-Option)
  • 31. Stadt Wuppertal (Test-Option)

Städte, in denen die Corona-Notbremse ab Dienstag gilt:

  • die Stadt Bielefeld
  • der Kreis Gütersloh
  • der Hochsauerlandkreis
  • der Kreis Olpe
  • der Kreis Steinfurt
  • die Stadt Bottrop

Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann erklärte dazu: „Von der Möglichkeit der Notbremse mit Test-Option macht bislang die große Mehrheit der Kommunen gebrauch."

Die Test-Option sei keine aufgeweichte Notbremse."Ein ohnehin nur unter sehr strengen Auflagen zulässiger Besuch im Baumarkt oder Möbelhaus wird mit einem Negativtest noch sicherer. Zudem lassen sich mehr Menschen testen und wir decken mehr Infektionsketten auf", ergänzte Laumann.

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Man halte die „Notbremse mit Test-Option für besser als eine reine Notbremse“, hieß es am Samstag aus dem Ministerium. Die Test-Möglichkeit solle mehr Menschen motivieren, einen Test zu machen. „Dadurch decken wir Infektionsfälle auf, die sonst nicht gefunden worden wären“, heißt es weiter.

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Dem folgten viele betroffene Städte: „Da Schnelltests mittlerweile an vielen dezentralen Standorten im gesamten Stadtgebiet angeboten werden, hat der Krisenstab der Stadt deshalb in Abstimmung mit dem Land beschlossen, diese Option zu nutzen“, begründete die Stadt Duisburg.

Dortmunds Oberbürgermeister Thomas Westphal (SPD) betonte, die Teststrategie sei keine Öffnungsstrategie, aber allemal besser als die „halbherzige Notbremse“, die das Land stattdessen vorgeschlagen habe. Testen verhelfe zu einem besseren Bild „vom echten Infektionsgeschehen".

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Die Zahl der Regionen, in denen aktuell weder Notbremse noch Schnelltest-Beschränkungen drohen, ist am Sonntag weiter zurückgegangen. Insgesamt lagen nur noch 13 der 53 Kreise und Städte in NRW unter der 100er Corona-Inzidenz. (mit dpa)