Ruhrgebiet. Notbremse oder nicht? Um die „körpernahen Dienstleistungen“ gab es Verwirrung. Wie es nach den neuen Corona-Regeln für die Kosmetik weitergeht.
Nach gerade drei Wochen machen die Kosmetikstudios am Montag wieder zu. Oder doch nicht? Die Anbieter der berühmt gewordenen „körpernahen Dienstleistungen“ hatten bis Freitag keine Ahnung: Im Bund-Länder-Beschluss vom Wochenbeginn steht zu ihrer Branche kein Wort. Trotzdem sagte die Landesregierung: Alles zurück auf Anfang. Was denn nun?
In Mülheim suchte die Kosmetikerin Ankica Smiljanic seit Dienstag auf allen Internetseiten, die sie finden kann. Und ihre Kunden suchten auch. „Sie fragen mich, ob ihr Termin noch eingehalten wird.“ Smiljanic aber fand keine Antwort. Die Friseure, die schon Anfang des Monats öffnen durften, sind von der Corona-Notbremse wohl nicht betroffen, was aber ist mit denen, die Gesichter, Fingernägel, Füße pflegen? „Wir warten.“
Schließen oder nicht? Abhängig von der „Notbremse“
Nun ist die angepasste Corona-Schutzverordnung für NRW erschienen. Danach gilt schon ab kommendem Montag, 29. März: Kosmetikerinnen, Fußpfleger, Fingernagelstudios dürfen weiterhin geöffnet bleiben – wie auch die Friseure. In Paragraf 12, Absatz 2 ist geregelt, dass Kunden nur dann einen negativen Schnelltest benötigen, wenn sie bei der Behandlung den Mindestabstand und nicht einhalten und auch keine Maske tragen können (etwa bei Gesichtsbehandlungen).
Allerdings: Diese neue (alte) Regel gilt nur dann, wenn der Kreis oder die Kommune nachhaltig unter einem Inzidenzwert von 100 Neuansteckungen bezogen auf 100.000 Einwohner pro Woche bleibt. Überschreitet eine Stadt diesen Wert an drei aufeinanderfolgenden Tagen, tritt – vom Land entsprechend angeordnet – der neue Paragraf 16, „Corona-Notbremse“, in Kraft. Danach sind Dienstleistungen, „bei denen ein Mindestabstand von 1,5 Metern zum Kunden nicht eingehalten werden kann, untersagt“. Mit Ausnahme medizinisch notwendiger Leistungen wie Fußpflege. Auch die Friseure dürfen weiter Haare schneiden.
Kosmetikerin in Mülheim: „Es ist zum Heulen“
In NRW, das am Freitag bei einer Inzidenz von 122 liegt, dürfte das viele Städte und Kreise betreffen, besonders im Ruhrgebiet (Bochum 125, Dortmund 117, Duisburg 151, Essen 119, Gelsenkirchen 140, Herne 127, Oberhausen 131, Kreis Recklinghausen 117).
In Mülheim hatte die Kosmetikerin Ankica Smiljanic die Termine für den 1. und 3. April wegen der ursprünglich angekündigten Osterruhe bereits am Dienstag abgesagt; nach der Berliner Rolle rückwärts ging es nur einen Tag später wieder retour – danach hätte am Gründonnerstag doch geöffnet werden dürfen. Jetzt aber sieht es erneut schlecht aus: Die Stadt meldete am Freitag einen Inzidenzwert von 133, ist schon seit Montag nicht mehr zweistellig. Aktuell sind 317 Menschen in der Stadt infiziert.
Im Ruhrgebiet liegen die meisten Städte über der 100er-Grenze
Auch das Studio von Ankica Smiljanic könnte also wieder schließen müssen – wenn sich die Lage nicht ändert und so lange, bis die Sieben-Tage-Inzidenz wieder an drei Tagen hintereinander unter 100 liegt. Das Gesundheitsministerium kündigt beides allerdings erst an. Zudem könnte es sein, dass die Stadt eine Ausnahmeregel zieht: Wenn eine Kommune ihre Teststrategie für ausreichend hält, kann etwa ein Besuch im Kosmetikstudio nach vorherigem Schnelltest gestattet werden.
Dabei haben die Kosmetikerinnen schon im „Lockdown light“ seit November nicht arbeiten dürfen. Und jetzt schon wieder zumachen? Ankica Smiljanic, die in Mülheim auch Fußpflege und Nagel-Kosmetik anbietet, sagt: „Es ist zum Heulen.“
„Nur Lockdown, das bringt doch alles nichts“
Zumal die Perspektive fehlt. „Wie lange soll das noch so weitergehen?“ Die Mülheimerin hat den Glauben an das Gute im Ganzen verloren. „Traurig“ findet sie, „dass Deutschland damit offenbar nicht klarkommt. Nur Lockdown, das bringt doch alles nichts.“
Auch interessant
Zumal sie viele kennt, die ihre Existenz schon nicht mehr halten konnten. „Wer soll das finanziell noch aushalten?“ Smiljanic hat noch nicht einmal die Novemberhilfe erhalten, sie konnte sie gar nicht beantragen. Die Formulare kamen – am vergangenen Montag.