Washington. Syrische Militärkommandeure haben sich laut einem Medienbericht seit Monaten bei Staatschef Baschar al-Assad für den Einsatz von Giftgas eingesetzt. Das würden Funkgespräche belegen, die das Flottendienstboot “Oker“ abgefangen habe. Das Spionageschiff der deutschen Marine kreuze vor der Küste Syriens.

Syrische Offiziere sollen nach Erkenntnissen deutscher Geheimdienste seit Monaten auf den Einsatz von Giftgas im Bürgerkrieg gedrungen haben. Das gehe aus Funkgesprächen hervor, die vom Flottendienstboot "Oker" abgefangen worden seien, berichtete die "Bild am Sonntag" unter Berufung auf deutsche Sicherheitskreise. Das Spionageschiff der deutschen Marine kreuzt vor der Küste Syriens.

Die von den Kommandeuren verlangten Giftgas-Angriffe seien jedoch stets abgelehnt worden, berichtete das Blatt weiter. Der international geächtete Giftgas-Einsatz vom 21. August mit Hunderten von Toten sei wahrscheinlich nicht von Präsident Baschar al-Assad persönlich genehmigt worden.

USA planen intensiveren Syrien-Einsatz als bekannt

Die USA planen offenbar einen intensiveren und längeren Militäreinsatz in Syrien als bislang bekannt. Wie die Zeitung "Los Angeles Times" am Sonntag unter Berufung auf zwei US-Regierungsvertreter berichtete, bat das Weiße Haus das Verteidigungsministerium um eine erweiterte Liste mit "vielen weiteren" als den bislang vorgesehenen rund 50 Zielen für Angriffe in Syrien. Ziel sei es, zusätzliche Feuerkraft zu mobilisieren, um den stark zerstreuten Streitkräften von Machthaber Baschar al-Assad Schaden zuzufügen.

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Das Pentagon plant dem Bericht zufolge nun, Luftwaffen-Bomber, fünf im Mittelmeer stationierte Zerstörer sowie außerhalb der syrischen Flugabwehr abgefeuerte Marschflugkörper und Luft-Boden-Raketen einzusetzen. Zudem könne auch der Flugzeugträger "Nimitz", der mit einem Kreuzer und drei Zerstörern im Roten Meer patrouilliert, Marschflugkörper abfeuern.

Ringen um entscheidende Antwort

Nach jedem Einsatz werde es eine Auswertung geben, welche Ziele verfehlt worden seien, sowie gegebenenfalls weitere Angriffe und "das alles binnen 72 Stunden", sagte ein mit der Planung vertrauter US-Vertreter der Zeitung. Präsident Barack Obama wirbt derzeit im eigenen Land und international für einen Militäreinsatz gegen die syrische Führung unter Staatschef Baschar al-Assad. Die Debatte hatte nach den mutmaßlich von der Regierung initiierten Giftgasangriffen nahe Damaskus vor mehr als zwei Wochen begonnen.

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Derzeit ringen westliche Staaten um eine entschiedene Antwort auf den völkerrechtlich verbotenen Chemiewaffen-Einsatz. US-Präsident Barack Obama dringt auf einen Militärschlag, die Europäische Union will zunächst das Ergebnis von Untersuchungen der UN-Waffeninspektoren in Damaskus abwarten, bevor über weitere Schritte entschieden wird. Russland und China lehnen ein militärisches Vorgehen gegen die Truppen Assads ab. Aus ihrer Sicht ist noch nicht belegt, dass der Giftgas vom syrischen Militär ausgegangen ist.

Opposition kritisiert Merkels Zögern bei Syrien-Erklärung 

Die Opposition in Deutschland hat die nachträgliche Zustimmung der Bundesregierung zu der von den USA eingebrachten Syrien-Erklärung scharf kritisiert. Grünen-Parteichefin Claudia Roth sprach von einem "abenteuerlichen Zickzackkurs", die SPD kritisierte ein "unwürdiges Hin und Her". Die Linke sah in der von allen großen EU-Staaten unterzeichneten Erklärung einen Beitritt zur "Koalition der Kriegswilligen" von US-Präsident Barack Obama. Kanzlerin Angela Merkel rechtfertigte ihr Zögern vom Freitag damit, dass man zuerst eine einheitliche Position der EU-Staaten habe finden müssen.

Staaten stellten sich hinter Obamas Syrien-Kurs

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Die Bundesregierung hatte die internationale Syrien-Erklärung erst mit eintägiger Verzögerung unterschrieben. Mit dieser Erklärung hatten sich am Freitag zehn Staaten auf dem Petersburger G20-Gipfel hinter Obamas Kurs in der Syrien-Krise gestellt. Unter den beteiligten EU-Ländern verweigerte sich allein die Bundesregierung. Deutschland schloss sich der Erklärung erst am Samstag an, nachdem sich die EU bei einem Außenminister-Treffen in Vilnius auf eine gemeinsame Position geeinigt hatte.

Merkel begrüßte die gemeinsame Erklärung der EU-Außenminister zum Syrien-Konflikt. "Das Signal eines in seiner Haltung zu diesem schrecklichen Konflikt geeinten Europas ist von unschätzbarer Bedeutung", sagte sie nach Angaben des Bundespresseamtes. Der Erfolg des Treffens in Vilnius zeige, wie richtig die deutsche Entscheidung beim G20-Gipfel in St. Petersburg am Tag zuvor gewesen sei, zunächst auf eine gemeinsame europäische Position hinzuwirken.

Deutschland will Unterstützung für Flüchtlinge aus Syrien ausweiten 

Angesichts des Leids in Syrien plant Deutschland, über das Kontingent von 5000 Flüchtlingen hinaus mehr Menschen aus dem Bürgerkriegsland aufnehmen. "Einige Bundesländer machen von dieser Möglichkeit bereits Gebrauch", sagte Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) nach Angaben seines Ministeriums. Am Mittwoch (11. September) landen in Hannover die ersten Flüchtlinge, die Deutschland per Charterflug aus dem Konfliktgebiet holt.

Die Regierung hatte sich im Frühjahr bereiterklärt, 5000 Flüchtlinge aus Syrien gezielt nach Deutschland zu holen. Seit längerem kommen bereits Syrer auf eigene Faust nach Deutschland. Die Zahl der Asylbewerber aus dem Krisenland lag im August knapp über 1000. Nach Serben und Russen war dies die drittgrößte Gruppe von Asylsuchenden.

Katholische Kirche mahnte weitere Hilfen an

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Friedrich warnte angesichts eines drohendes Militärschlags in Syrien vor einer Zunahme der Flüchtlingsströme. "Jede kriegerische Aktivität kann die Flüchtlingszahl weiter erhöhen", sagte er dem Berliner "Tagesspiegel" (Samstag). "Wir brauchen eine europäische Flüchtlingskonferenz, um eine Antwort auf das Problem zu finden."

Unionsfraktionschef Volker Kauder (CDU) machte sich ebenso wie der niedersächsische SPD-Innenminister Boris Pistorius dafür stark, die bisher zugesagte Aufnahme von 5000 Menschen auszuweiten. Auch die Katholische Kirche mahnte weitere Hilfen an.

Der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Robert Zollitsch, sagte dem "Focus": "Wir können und müssen noch mehr tun!" Er plädierte für eine abgestimmte Politik zur Aufnahme der Flüchtlinge: "Gefordert sind hier Großzügigkeit und ein fairer Lastenausgleich." (dpa)