St. Petersburg. Der Moment war mit Spannung erwartet worden - und die beiden Staatschefs erwiesen sich als Profis. Sie geben sich die Hand und lächeln ganz kurz: Für einen Moment lassen Putin und Obama beim G20 den Streit um Syrien bei Seite. Um aber in der Sache etwas zu bewegen, braucht es mehr als nur den Willen.
Die USA und Russland sind derzeit für eine tragfähige Lösung im Syrien-Konflikt zu zerstritten. Zwar vereinbarten die Präsidenten Barack Obama und Wladimir Putin in St. Petersburg ein informelles Gespräch am Rande des G20-Gipfels.
Nach Angaben von Diplomaten aus beiden Delegationen standen die Chancen für eine gesichtswahrende Übereinkunft nach den schweren gegenseitigen Attacken der vergangenen Tage mehr als schlecht. Bundeskanzlerin Angela Merkel sagte nach der Ankunft, die Erwartungen in der Syrien-Debatten dürften nicht zu hoch gehängt werden.
Der Syrien-Konflikt stand offiziell nicht auf der Tagesordnung des zweitägigen Treffens der Staats- und Regierungschefs aus den weltweit wichtigsten Volkswirtschaften (G20). Die eigentlichen Themen sind Wirtschaftsfragen: aktive Wachstumspolitik, schärfere Kontrolle der globalen Finanzwirtschaft, Kampf gegen Steueroasen.
Obama will für seine Pläne eines Syrien-Angriffes werben
Obama will den Gipfel nutzen, intensiv für seine Pläne eines Syrien-Angriffes zu werben. Zwar stärkte ihm der US-Kongress den Rücken, international haben sich aber bisher nur wenige Verbündete nach vorne gewagt - Frankreich, Australien und die Türkei zum Beispiel.
Obama macht Präsident Baschar al-Assad für den Tod von mehr als 1400 Menschen am 21. August nach dem mutmaßlichen Chemiewaffenangriff verantwortlich.
Als Gastgeber kann sich Putin durchaus im Kreis der G20 auf eine Mehrheit gegen die Obama-Pläne verlassen. Den scharfen der Ton der vergangenen Tage dürften beide bei den Beratungen im prunkvollen Konstantinpalast vermeiden. Bei der eher kühlen Begrüßung gaben sich Obama und Putin die Hand, lächelten knapp und wechselten ein paar Worte.
Helfend am Verhandlungstisch wirken kann der Syrienbeauftragte der Vereinten Nationen und der Arabischen Liga, Lakhdar Brahimi, der auch nach St. Petersburg reiste.
Merkel: "Dieser Krieg muss beendet werden"
Allerdings dämpfte Merkel zu hohe Erwartungen. "Dieser Krieg muss beendet werden", sagte Merkel bei der Ankunft vor Journalisten. Das sei aber nur politisch zu machen. "Ich will die Erwartungen nicht zu hoch schrauben." Dass über den Bürgerkrieg gesprochen werde, sei zumindest eine Chance. "Wer spricht, versucht sich auch zu verständigen." Dennoch seien die Positionen Russlands und der USA sehr weit auseinander. "Deshalb sehe ich noch nicht, dass wir zu einer gemeinsamen Haltung zum Beispiel im UN-Sicherheitsrat kommen."
Papst Franziskus forderte die Gipfelrunde eindringlich auf, einen Militärschlag gegen Syrien zu vermeiden und Friedensbemühungen eine Chance zu geben.
Hilfsorganisationen warnten in St. Petersburg eindringlich vor einem Militärschlag. Eine Strafaktion als Antwort auf den mutmaßlichen Chemiewaffeneinsatz gefährde die humanitäre Hilfe für die Zivilbevölkerung.
Auch aus Angst, die Weltwirtschaft könne Schaden nehmen, lehnte China noch einmal ein US-Eingreifen in Syrien ab. "Eine Lösung durch politische und diplomatische Kanäle ist die einzig angemessene Lösung der Syrienfrage", sagte der Sprecher der chinesischen Delegation, Vizefinanzminister Zhu Guangyao. Das Wirtschaftswachstum sei ohnehin schon schwach. Die Verunsicherung von Anlegern durch einen Militärschlag könnte zu weiterem Schaden führen und zum Beispiel einen Anstieg der Ölpreise auslösen.
"Die globale Erholung ist immer noch anfällig"
Trotz der global gesehen schwächelnden Wirtschaft lehnt China Konjunkturprogramme klar ab. Der Vizeminister zeigte sich zuversichtlich, dass 2013 die geplanten 7,5 Prozent Wachstum erreicht werden können. Es wäre gleichwohl der schwächste Zuwachs der zweitgrößten Volkswirtschaft seit zwei Jahrzehnten.
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"Die globale Erholung ist immer noch anfällig", sagte EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso am Donnerstag in St. Petersburg zum Auftakt des G20-Gipfels. Derweil sprach sich Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) für einen abgestimmten Ausstieg der Top-Wirtschaftsmächte aus der lockeren Geldpolitik aus, um Brüche in der wirtschaftlichen Entwicklung zu verhindern.
China warnte angesichts eines drohenden Militärschlages der USA gegen Syrien vor unabsehbaren Schäden für die ohnehin schwache globale Konjunktur. Ein Strafaktion hätte "definitiv negative Auswirkungen" , sagte der Sprecher der chinesischen Delegation, Vizefinanzminister Zhu Guangyao.
Auch die Europäer sehen die Weltwirtschaft fünf Jahre nach dem weltweiten Crash wegen der Pleite der US-Investmentbank Lehman Brothers noch immer in Gefahr. "Die globale Erholung ist immer noch anfällig", sagte EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso.
Auch deshalb sprach sich Merkel für einen abgestimmten Ausstieg der großen Wirtschaftsnationen aus der Politik des billigen Geldes aus, um Brüche in der wirtschaftlichen Entwicklung zu verhindern.
Auch der Internationale Währungsfonds (IWF) warnte vor ruckartigen Maßnahmen bei der Geldpolitik. Wenn zinsgünstiges Geld nicht mehr in Ländern wie Indonesien, Brasilien oder Indien investiert werde, könnte das ernste Probleme bereiten, schrieb der IWF mit Blick auf den G20-Gipfel.
Ebenso forderte China die USA auf, bei der Geldpolitik "beträchtlichen Nebenwirkungen" zu berücksichtigen. China begrüße - wie auch der IWF - das wiederbelebte Wachstum in den USA, das gut für die Weltwirtschaft sei. (afp/dpa)