Hamburg. Der Bundes-Datenschutzbeauftragte Peter Schaar befürchtet, dass auch Online-Käufer in Deutschland von den Daten-Sammelaktionen betroffen sind. Die Bundesanwaltschaft will derweil in der Ausspähaffäre die Einleitung eines Ermittlungsverfahren prüfen. Kommt es dazu, könnte möglicherweise auch NSA-Enthüller Snowden vernommen werden - sofern man ihn rankommt.
Der Bundesdatenschutzbeauftragte Peter Schaar befürchtet, dass auch Onlinekäufer in Deutschland von den Daten-Sammelaktionen der US-Geheimdienste betroffen sind. Angesichts der NSA-Enthüllungen könne es "als sicher gelten, dass die von Unternehmen erhobenen Daten und Profile auch bei staatlichen Stellen landen oder von diesen zumindest abgerufen werden können", sagte Schaar der "Welt". Millionen Deutsche geben täglich eine große Menge eigener Daten im Netz preis, wenn sie etwa bei Amazon, Zalando, Ebay oder anderen Onlinehändlern einkaufen.
"Dass Daten gesammelt werden, auch wenn dies nicht erlaubt ist, stellen wir immer wieder fest", sagte Schaar der Zeitung. Die Kapazitäten und Befugnisse der Datenschutzaufsichtsbehörden seien aber beschränkt, so dass die Durchsetzung der entsprechenden Bestimmungen auf Grenzen stoße. Das gelte insbesondere für Dienste mit Sitz außerhalb der EU.
Einführung eines Qualitätssiegels für Onlineshops?
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Schaar forderte die Einführung eines Qualitätssiegels für Onlineshops, das einen ernst zu nehmenden Sicherheitsstandard für Kundendaten garantiere. "Ich könnte als Verbraucher etwas ruhiger schlafen, wenn ich bei einem Unternehmen bestellen würde, das ein solches Qualitätssiegel hat".
Der Datenschutzbeauftragte kritisierte zudem, dass die Bundesregierung europäische Schutzregeln für Online-Shopper nur unzureichend anwende, etwa bei den sogenannten Tracking Cookies. Diese Cookies protokollieren, auf welchen Internetseiten der Nutzer unterwegs war, und ermöglichen das Erstellen von Profilen. Nach der europäischen "E-Privacy-Richtlinie" sind solche Cookies nur dann erlaubt, wenn der User zuvor zugestimmt hat. Deutschland habe die Richtlinie leider nicht umgesetzt, kritisierte Schaar, der Mitglied der Grünen ist. Die EU-Kommission prüfe derzeit, ob die Bundesregierung "an diesem Punkt nachbessern muss".
Bundesanwaltschaft will von Geheimdiensten Auskünfte zur NSA-Affäre
Die Bundesanwaltschaft hat alle mit der NSA-Ausspähaffäre befassten deutschen Nachrichtendienste und die zuständigen Bundesministerien um Informationen gebeten. Es solle geklärt werden, "ob die Ermittlungszuständigkeit des Bundes berührt sein könnte", sagte ein Sprecher der Bundesanwaltschaft der "Mitteldeutschen Zeitung". Der SPD-Vorsitzende Sigmar Gabriel kritisierte derweil die Reaktion der Bundesregierung auf die "millionenfachen Grundrechtsverletzungen" als völlig unzureichend.
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Relevant für die Einleitung eines Ermittlungsverfahrens sei Paragraf 99 Strafgesetzbuch, sagte der Sprecher der Bundesanwaltschaft weiter. Darin gehe es um geheimdienstliche Agententätigkeit zulasten der Bundesrepublik Deutschland. Die Prüfung der Fakten könne eine Weile dauern. Vom Ausgang des Verfahrens hängt demnach unter Umständen ab, ob der Enthüller der Abhörpraktiken Großbritanniens und der USA, Edward Snowden, von der Bundesanwaltschaft vernommen werden soll.
Die Snowden-Enthüllungen seien "weit mehr als eine Schlapphut-Affäre von ein paar Geheimdienstfreaks", sagte Gabriel dem "Darmstädter Echo". "Heute lesen US-Geheimdienste 15 Millionen Mails pro Tag mit. Ohne Anlass, ohne Kontrolle, ohne Begründung." Er erwarte von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU), die deutsche Verfassung in Amerika zu vertreten und nicht die Interessen der US-Geheimdienste in Deutschland. Gabriel sieht wegen der Affäre "die Wertegemeinschaft in Gefahr, die uns immer mit Amerika verbunden hat".