Moskau/Brüssel. Russland hat das Ende des Waffenembargos der Europäischen Union gegen Syrien als Gefahr für die angestrebte friedliche Lösung des Bürgerkriegs kritisiert. Es werde “Öl ins Feuer gegossen“. Bundesaußenminister Westerwelle hingegen lobt, dass es gelungen sei“, zu einem gemeinsamen politischen Ergebnis zu kommen“. Die Assad-Gegner in Syrien wollen nun baldmöglichst Waffen
Russland hat die Aufhebung des EU-Waffenembargos gegen Syrien verurteilt. Dies schade "direkt" den Bemühungen um eine Befriedung des Konflikts in dem Land, sagte der russische Vize-Außenminister Sergej Riabkow der Nachrichtenagentur ITAR-TASS am Dienstag.
Das Ende des Waffenembargos sei ein "Fehler" der EU, sagte Rjabkow weiter. Moskaus Botschafter bei der Nato, Alexander Gruschko, sagte, dass sich der blutige Konflikt nun weiter verschärfen könne. Er warnte vor militärischer Hilfe für die Opposition. "Damit wird nur Öl ins Feuer gegossen", sagte Gruschko der Agentur Interfax zufolge.
"Russland stellt Waffen den rechtmäßigen Machthabern zur Verfügung"
Zugleich verteidigte Russland die Lieferung seiner Abwehrsysteme vom Typ S-300 an Syrien. Diese seien ein "stabilisierender Faktor", um äußere Kräfte abzuschrecken. "Russland stellt Waffen den rechtmäßigen Machthabern zur Verfügung. Die andere Seite des Konflikts hingegen hat kein Recht darauf", sagte Rjabkow.
Der Vizeaußenminister sieht auch einen Rückschlag für die von den USA und Russland geplante Syrien-Konferenz in Genf. Es gebe zahlreiche Punkte, in denen es keine Annäherung gebe. Wenn die syrische Opposition keinen Wortführer bestimme und entsende, werde die Konferenz platzen, warnte Rjabkow.
Zwei russische Flugzeuge vom Typ Iljuschin brachten erneut rund 20 Tonnen Hilfsgüter nach Syrien. Die Maschinen sollen auf dem Rückweg nach Russland 100 Bürger mitnehmen. Bisher hatte die Führung in Moskau rund 400 Menschen aus dem Kriegsgebiet ausfliegen lassen.
Die EU-Außenminister hatten das Embargo zuvor nach schwierigen Beratungen nicht verlängert, weil mehrere Staaten die Möglichkeit von Waffenlieferungen an die syrischen Rebellen gefordert hatten. Besonders Großbritannien und Frankreich drängten darauf, das bisherige EU-Waffenembargo zu ändern, damit Waffen an die syrische Opposition geliefert werden können.
Andere Staaten wie Österreich befürchteten hingegen, dadurch den blutigen Konflikt zwischen den Aufständischen und den Truppen von Machthaber Baschar al-Assad weiter anzuheizen.
Assad-Gegner kritisieren spätes Aus für EU-Waffenembargo
Die syrische Opposition hat die Entscheidung als lange überfällig kritisiert. "Es ist definitiv ein positiver Schritt, aber wir fürchten, dass er zu klein ist und zu spät kommt", sagte der Sprecher der oppositionellen syrischen Nationalen Koalition, Luay Safi, am Dienstag in Istanbul. Das syrische Volk sei "enttäuscht". Die Menschen hätten erwartet, "dass Demokratien sich um diejenigen kümmern, die Demokratie anstreben", sagte Safi.
Der Sprecher betonte zudem, dass die Aufständischen im Kampf gegen Präsident Baschar al-Assad den Schutz der Zivilbevölkerung gewährleisten müssten. "Waffen wären ein Aspekt, aber wir hätten uns auch eine ernsthaftere Haltung, eine geschlossene Entscheidung der Europäischen Union gewünscht", sagte Safi.
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Die oppositionelle Freie Syrische Armee (FSA) forderte die EU auf, die Entscheidung zur Aufhebung des Waffenembargos zu konkretisieren. "Wir hoffen, dass es eine effektive Entscheidung ist und nicht nur Worte", sagte FSA-Sprecher Kassem Saadeddin.
Bundesaußenminister Guido Westerwelle (FDP) sprach von einem klaren Zeichen an Assad. Es sei "doch noch gelungen, zu einem gemeinsamen politischen Ergebnis zu kommen".
Entwicklungsminister Niebel bedauert Uneinigkeit der EU zu Syrien
Bundesentwicklungsminister Dirk Niebel (FDP) bedauert hingegen die Uneinigkeit der EU-Regierungen zu Syrien. "Ich hätte mich gefreut, wenn wir eine einheitliche europäische Position bei der Frage der Sanktionen erreicht hätten", sagte Niebel vor einem Treffen der EU-Entwicklungsminister in Brüssel. Niebel schloss nicht aus, dass sich die Entwicklungsminister ebenfalls mit Syrien beschäftigen würden.
Die Bundesregierung habe in der Syrien-Frage von vornherein erklärt, "dass sie nicht auf Waffenlieferungen setzen wird", sagte Niebel. Deutschland engagiere sich in der Krise dennoch, vor allem auf dem Weg der humanitären Hilfe. Schon bisher habe die Bundesregierung über 132 Millionen Euro "für die Menschen in und aus Syrien" zur Verfügung gestellt, "um ihre Lebenssituation zu verbessern", sagte der Minister.
Mißfelder bezeichnet Syrien-Beschlüsse als "Debakel"
In dem Bereich wolle sich Deutschland auch weiter engagieren. In den 132 Millionen Euro sei auch Unterstützung für die syrische Opposition enthalten, aber nicht für Waffen, hieß es aus Delegationskreisen.
Auch der außenpolitische Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Philipp Mißfelder, hat die jüngsten Syrien-Beschlüsse der Europäischen Union kritisiert. Es sei ein "Debakel". "Es kann kein schlechteres Signal geben als eine Uneinigkeit der europäischen Gemeinschaft in dieser Frage", sagte der CDU-Politiker am Dienstag im Deutschlandfunk.
Soldatinnen in Syrien
Nach Angaben eines französischen Beamten handelt es sich um eine "theoretische Aufhebung des Embargos". Dies bedeute, dass es vor August keine Entscheidung zu möglichen Waffenlieferungen an die Rebellen geben werde.(afp/dpa/rtr)