Düsseldorf. . Anwälte der Betroffenen werfen dem Steinkohleförderer RAG vor, Dokumente zu seinen Gunsten geschönt zu haben. Bergbau-Betroffene klagen über rigiden Umgang. RAG weist Vorwürfe zurück.

Schon das Stichwort „Bergschäden“ reicht aus, um bei Josef Hovenjürgen alle Dämme brechen zu lassen. Seit Jahren kämpft er dafür, dass vom Kohleabbau im Revier geschädigte Bürger leichter zu ihrem finanziellen Recht kommen – unabhängig vom Urteil von Fachleuten, die „auf der Gehaltsliste des RAG-Konzerns stehen“. Der CDU-Politiker spricht gar von einem „Kartell“, gegen das sich betroffene Bürger kaum wehren könnten. Der Streit eskaliert und beschäftigt in dieser Woche den Düsseldorfer Landtag.

Hovenjürgen war selbst sieben Jahre lang Vorsitzender des Ausschusses für Bergbausicherheit. In dieser Zeit, berichtet er, habe er es mehrfach mit Fällen psychisch erkrankter Menschen zu tun gehabt, die vergeblich versucht hätten, ihre Ansprüche nach Bergschäden durchzusetzen. „Das hat das Unternehmen meist kalt gelassen“, kritisierte er gegenüber der WAZ. Vor der Sitzung am Freitag werden im „Spiegel“ neue Vorwürfe gegen die RAG erhoben.

Markscheider in der Kritik

Opferanwälte berichten, bei der Regulierung von Schadensfällen lasse der Konzern die früher praktizierte Kulanz vermissen. Mehr noch, über Jahre habe das Unternehmen amtliche Dokumente „geschönt“, um finanzielle Forderungen im Vorfeld abzubiegen. Teilweise würden Verfahren gezielt in die Länge gezogen. Dabei beruft sich das Magazin auf Unterlagen von Juristen, die dem Landtag zugeleitet worden seien. Die RAG weist die Vorwürfe zurück: „Das Unternehmen sieht sich nicht nur in der Pflicht, sondern auch in der Verantwortung, vom Bergbau verursachte Schäden unbürokratisch und zügig zu bearbeiten.“

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Im Zentrum des Konflikts steht erneut die Stellung der Markscheider. Sie führen die sogenannten „Risswerk-Karten“, in denen nicht nur alle Kohle-Abbaustätten, sondern auch vom Bergbau verursachte oberirdische Auffälligkeiten verzeichnet werden müssen. Die Karten können bei der Bergbehörde eingesehen werden. Die Qualität sei aber „oft unzureichend“, kritisiert der Rechtsanwalt Klaus Friedrichs gegenüber der WAZ. Als Folge könnten Bürger oft gar nicht abschätzen, „ob sie Schadenersatz geltend machen können oder ob die Ablehnung ihrer Ansprüche berechtigt ist“.

Gesetzesänderung gefordert

Friedrichs, Vorstandssprecher des Landesverbands Bergbaubetroffener, nennt es „pervers“, dass die RAG über die von ihr beschäftigten und bezahlten Markscheider die offiziellen Karten mit den Schäden führt, die sie selbst verursacht hat. Er fordert eine intensive Prüfung durch eine separate Kontrollbehörde. Risswerke müssten durch unabhängige Sachverständige erstellt werden. Als Anwalt vertritt Friedrichs 150 Bergschadensfälle, fast ausschließlich gegenüber der RAG.

Bergschäden in Bottrop

Foto: Peggy Mendel/WAZFotopool
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Laut „Spiegel“ wollen einige Anwälte und Gutachter auch festgestellt haben, dass das Unternehmen nicht alle „Störungshorizonte“ in die Bergwerkskarten eintrage. Damit würden mögliche Abbaubeschränkungen, die sonst durch die Behörden verhängt werden müssten, im Vorfeld verhindert. Denn wenn der Konzern in den betroffenen Bereichen weniger oder langsamer Kohle fördern dürfe, könnte das zu erheblichen wirtschaftlichem Verlust führen. Die Vorwürfe, die RAG habe die „Risswerke“ manipuliert, wies der Steinkohle-Konzern mit „Entschiedenheit“ zurück.

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Von Sebastian Schürmann und Stephan Happel

Hovenjürgen fordert eine Gesetzesänderung mit dem Ziel, unabhängige Markscheider bei den Bezirksregierungen anzusiedeln: „Das wäre fairer“. Es dürfe nicht sein, dass Antragsteller im Streit um Schadenersatz mit den vereidigten Fachleuten der RAG eigene Gutachten „in die Tonne kloppen müssen“, so Hovenjürgen. Die RAG zeige bisher keine Neigung, die Verhältnisse zu ändern. Die Arbeit der Markscheider sei derart spezialisiert, hatte es dort stets geheißen, dass sie auf eine enge Bindung an die RAG angewiesen seien.