Bottrop. Heute: Der alte Gondelteich im Stadtgarten, der 1935 wegen Bergbauschäden trockengelegt wurde. Zwei alteingessene Bottroper erinnern sich.

Der Stadtgarten war für Hildegard Lesch und Günther Eysenbrandt wie ein zweites Zuhause. Und das können sicher nicht viele Bottroper von sich sagen. Klar, dass beide auch noch den alten Gondelteich mit der kleinen Birkeninsel kennen. Das war schließlich eine der großen Attraktionen im Stadtgarten, der 2013 bereits 100 Jahre alt wird. Wenn beide heute in alten Fotoalben blättern, die sie mit in den sommerlich-heißen Park gebracht haben, plaudern zwei waschechte Zeitzeugen über ihre Kindheit und Jugend, die sich überwiegend im Stadtgarten abspielte.

Günther Eysenbrandt wohnte im Stadtgarten. Direkt am Teich. Seine Mutter bewirtschaftete seit 1919 die Gartenwirtschaft unmittelbar am Gondelteich. Die Familie bewohnte das Obergeschoss des schmucken Hauses mit seinem Laubengang und den Blumenbeeten, die von Bruchsteinmauern gesäumt waren. Natursteinmauern gibt es heute noch bei den Beeten zwischen Pförtnerhäuschen und Tennisplätzen. Nur der Teich ist Vergangenheit. Ebenso das Haus mit der Gartenwirtschaft, das, wie so vieles in der Stadt, den Bombenkrieg nicht überdauerte.

Fallschirmspringen im Park

Der Teich verschwand bereits 1935. Da war Hildegard Lesch, die damals noch Laukötter hieß, gerade einmal fünf Jahre jung. Günther Eysenbrandt war fünf Jahre älter. Sie waren Nachbarn. Hildegard Lesch lebte mit ihrer Familie im ersten Haus an der damaligen Overbeckstraße (heute: Im Stadtgarten) direkt neben den Tennisplätzen. „Später wurde der Garten fast halbiert für weitere Tennisplätze“, erinnert sich Hildegard Lesch, deren Familie bis heute im Haus im Stadtgarten lebt.

Für Günther Eysenbrandt war die Zeit im Park früher vorbei. Als er mit 20 aus der Kriegsgefangenschaft zurückkehrte, war das Haus zerbombt, die Familie in der Villa Dickmann untergekommen. „Die Restauration musste meine Mutter schon 1936 aufgeben, denn die Nazis wollten keine Doppelverdiener“, erinnert sich der heute 87-Jährige, dessen Vater zunächst bei der Polizei und später bei der Stadtverwaltung beschäftigt war. Da das Haus aber der Stadt gehörte und Pächter aus der Nachbarschaft das Lokal übernahmen, konnte die Familie dort wohnen bleiben.

Der Park war von Anfang an nicht nur eine der grünen Lungen der Innenstadt sondern zugleich Treffpunkt und Ziel für klassische Sonntagsspaziergänge (im entsprechenden Ausgeh-Staat, versteht sich). Eine Tradition, der Jugendliche sich oft nur mit Murren beugten, die irgendwann in den späten 70er Jahren verschwand und die wir heute leicht wehmütig belächeln.

„Der Stadtgarten war immer voll“, erinnern sich Hildegard Lesch und Günther Eysenbrandt. Abends läutete der Wärter mit der Glocke, um zehn Uhr wurden die Tore geschlossen. „Manches Liebespärchen,das die Zeit vergessen hatte, klingelte bei meinen Eltern und wir ließen sie dann hinaus“, so Günther Eysenbrandt. „Oder die kletterten einfach über den Zaun und gingen bei uns durch den Garten“, sekundiert Hildegard Lesch.

An die Bauarbeiten im Park erinnern sich beide gut. Der Gondelteich verlor immer mehr Wasser durch Bergschäden. Schließlich wurde er 1935 ganz trocken gelegt, aufgefüllt und nur die Fontäne blieb. Die sprüht noch heute. „Eine Verschönerung des Parks“, jubelte damals die Bottroper Volkszeitung. 3000 Kubikmeter Erde wurden verfüllt, die man vom Bahndamm in der Nähe von Gut Overbeck herbeischaffte, so das Blatt in seiner Ausgabe vom 27. August 1935.

Damals sprach man schon vom „alten Teich“, dabei war der gerade 15 Jahre alt. Der Ausbau des 1913 gegründeten, zunächst 33 Morgen großen „Bottroper Volksparks“, später „Kaiser Wilhelm Park“, war kurz vor und im Ersten Weltkrieg (1914 - 1918) in vollem Gange. Der Teich selbst noch 1920 im Bau, wie ein Foto im Stadtarchiv mit genauer Datierung belegt. Bereits im April 1914 veröffentlichte die Volkszeitung einen großen Plan mit umfassender Beschreibung, wie der neue Park aussehen sollte. Dieses Material sowie zahlreiche Fotos werden heute im Stadtarchiv aufbewahrt.

Aber es sind Erinnerungen, wie die von Hildegard Lesch und Günther Eysenbrandt, die in ihren Erzählungen die alten Orte lebendig erhalten. Sie erinnern sich an die Umwandlung des Parks in einen Gemüsegarten nach dem Krieg. Sie kennen den Bunker, der heute noch bei den Tennisplätzen liegt - erlebten die Feste, Konzert oder die Fallschirmspringertage im Park - natürlich mit der Bottroperin Lucie Byczkowski, der zweiten Frau in Deutschland, die 1930 eine Fallschirmspringerlizenz besaß.