Berlin. SPD-Chef Gabriel hat die Rente ab 67 von Bedingungen abhängig gemacht - die SPD könne den Weg zur Rente mit 67 nur gehen, wenn mehr getan werde, um ältere Beschäftigte in den Betrieben zu halten. SPD-Kanzlerkandidat Steinbrück sprach sich zudem gegen eine Absenkung der Rentenbeiträge aus.

Die Rente mit 67 sorgt erneut für erhitzte Gemüter in der SPD wie in der schwarz-gelben Koalition. Für die jüngste Aufregung sorgte am Wochenende SPD-Chef Sigmar Gabriel. In einem Interview der "Rheinischen Post" erwog er, im Fall einer Regierungsübernahme seiner Partei nach der Bundestagswahl im Herbst 2013 die Rente mit 67 außer Kraft zu setzen. SPD-Kanzlerkandidat Peer Steinbrück wertete dies nicht als Kursschwenk. Union und FDP überschütteten Gabriel dagegen mit Kritik.

Gabriel sagte: "Wenn die Unternehmen weiterhin öffentlich über Fachkräftemangel klagen, aber die über 60-Jährigen aus dem Betrieb drängen, dann wird man die Lebensarbeitszeit nicht einfach heraufsetzen können." Dies wäre "am Ende nichts anderes als eine flächendeckende Rentenkürzung".

Rente mit 67 - eine Interpretationssache bei der SPD

Steinbrück sieht darin keine veränderte Meinung zur Rente mit 67. Auf die Frage, was er davon halte, dass Gabriel die Rente mit 67 infrage stelle, sagte Steinbrück am Samstag in Berlin: "Das hat er nicht gesagt. Das ist auch nicht zu interpretieren, sondern er hat eine Erläuterung dazu abgegeben."

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Die Rente mit 67 ist in der SPD umstritten: Der linke Parteiflügel würde sie - wie die Gewerkschaften - gern abschaffen. Im Rentenstreit hatte sich die SPD Ende September auf eine Kompromisslinie verständigt, eine Grundsatzentscheidung aber auf einen Parteikonvent am 24. November vertagt. Ungeklärt blieb unter anderem die Frage, ob an der umstrittenen Senkung des Rentenniveaus von heute 51 Prozent des durchschnittlichen Nettolohns auf 43 Prozent im Jahr 2030 festgehalten wird.

Spahn (CDU) wirft Gabriel Verantwortungslosigkeit vor

Die Kritik an Überlegungen von SPD-Chef Sigmar Gabriel zu einem Abrücken von der Rente mit 67 dauert an. Der gesundheitspolitische Sprecher der Unionsfraktion, Jens Spahn (CDU), sagte auf NDR Info, Gabriels Argumentation sei "verantwortungslos, populistisch und auch sachlich falsch". Der Anteil der über 60-jährigen Arbeitnehmer habe sich in den vergangenen zehn Jahren verdoppelt. "Die Chancen für Ältere auf dem Arbeitsmarkt sind gerade in den letzten Jahren gestiegen", betonte Spahn.

CDU-Generalsekretär Hermann Gröhe warf Gabriel vor, ein linkes Programm für Steinbrück zimmern zu wollen. "Ob Agenda 2010 oder die Rente mit 67: Die SPD macht die Rolle rückwärts, verweigert sich der Realität und versündigt sich an der Gerechtigkeit zwischen den Generationen", sagte Gröhe der "Welt am Sonntag". "Steinbrück muss endlich klipp und klar sagen, ob er diesen linken Zirkus wirklich mitmacht", verlangte Gröhe.

Rösler sieht "populistische Rolle rückwärts" der SPD

CSU-Landesgruppenchefin Gerda Hasselfeldt sagte der Nachrichtenagentur dapd in München, die Verlängerung der Lebensarbeitszeit sei notwendig. Wenn Gabriel sich von diesem Vorhaben verabschieden wolle, ignoriere er die demografische Entwicklung in Deutschland. Im Übrigen sei die Beschäftigungsquote der älteren Arbeitnehmer in den vergangenen Jahren stetig gestiegen.

Hasselfeldt mahnte: "Deutschland ist wegen unserer gemeinsam durchgeführten Reformen zur Lokomotive Europas geworden, wer jetzt einen Rückwärtssalto macht, wird aus Deutschland wieder den kranken Mann Europas machen. Der demografische Wandel und die Generationengerechtigkeit zwingen zu Anpassungen des Rentenalters."

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Auch der FDP-Vorsitzende Philipp Rösler sprach in der "Bild am Sonntag" von einer "populistischen Rolle rückwärts". Gabriel falle mit seiner Abkehr von einer notwendigen Rentenpolitik dem SPD-Kanzlerkandidaten Peer Steinbrück offen in den Rücken. FDP-Generalsekretär Patrick Döring ergänzte in Berlin: "Wir Liberale wollen mehr Flexibilität beim Eintritt in die Rente. Dabei sollten Arbeitsbelastung, persönliche Leistungsfähigkeit und die Beitragsleistung in der Rentenversicherung im Vordergrund stehen."

Döring fügte hinzu, die SPD hadere noch immer mit den Leistungen ihrer eigenen Regierungszeit, statt neue Konzepte zu erdenken. "Dabei gibt Gabriel den Takt vor, nach dem Steinbrück tanzen darf." (dapd)