Berlin. . Gewerkschaften begrüßen neues SPD-Konzept mit einer Solidarrente in Höhe von 850 Euro. Absenkung des Rentenniveaus auf 43 Prozent bleibt aber umstritten. Einigung erst Ende November geplant.
Der SPD-Vorstand hat mit großer Mehrheit das vom Parteivorsitzenden Sigmar Gabriel überarbeitete Rentenkonzept beschlossen. Es gab lediglich zwei Gegenstimmen und eine Enthaltung, hieß es am Montag aus Teilnehmerkreisen. Für Arbeitnehmer mit mindestens 30 Beitrags- und 40 Versicherungsjahren ist eine „Solidarrente“ von 850 Euro geplant. Wer 45 Versicherungsjahre vorweisen kann, soll ohne Einbußen in Rente gehen können.
Zu den Beitragjahren zählen Zeiten der Berufsausbildung, des Wehr- oder Zivildiensts, Sozialleistungen wie Arbeitslosengeld oder Krankengeld sowie Zeiten der Kindererziehung oder der Pflege eines Familienmitglieds. Bei den Versicherungsjahren kommen zusätzlich noch so genannte beitragsfreie Zeiten hinzu, wie etwa Arbeitsunfähigkeit oder längere Erwerbslosigkeit.
Ungeklärt blieb in der Sitzung die Frage der umstrittenen Senkung des Rentenniveaus von heute 51 Prozent des durchschnittlichen Nettolohns auf 43 Prozent im Jahr 2030. Dies soll allerdings erst auf einem kleinen Parteitag Ende November geklärt werden. „Wir müssen auf einen Kompromiss zusteuern, den haben wir heute noch nicht. Den werden wir aber in den nächsten Wochen finden“, kündigte SPD-Generalsekretärin Andrea Nahles im ARD-„Morgenmagazin“ an.
„Wichtiger Schritt in die richtige Richtung“
Die IG Metall begrüßte die Bewegung in der Rentendebatte der SPD, mahnt aber auch weitere Schritte an. Der Vorschlag Gabriels, eine abschlagsfreie Rente nach 45 Versicherungsjahren einzuführen, sei „ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung“, sagte IG-Metall-Vorstand Hans-Jürgen Urban in Frankfurt. Doch damit allein sei die SPD noch nicht am Ziel.
Denn die übergroße Mehrheit könne in der Zukunft eben nicht mit 45 Versicherungsjahren aufwarten. Sie werde durch die Anhebung des Rentenalters großen Kürzungen durch Abschläge ausgesetzt. Als einen Grund nannte Urban die „zunehmend prekären Beschäftigungsverhältnisse“, die brüchige Erwerbsbiografien nach sich zögen. Darum sei die Rente mit 67 generell nicht akzeptabel. „Hier muss die SPD nach wie vor deutlich nachbessern“, sagte Urban.
Auch die Industriegewerkschaft Bauen-Agrar-Umwelt (IG BAU) begrüßte die Korrektur des SPD-Rentenplans. „Eine abschlagsfreie Rente nach 45 Versicherungsjahren in der Rentenversicherung ist für viele Familien ein wichtiger Schutz vor drohender Altersarmut“, sagte der IG BAU-Bundesvorsitzende Klaus Wiesehügel. „Damit verliert der Alptraum Rente mit 67 für viele ihren Schrecken.“ Nun fehle noch ein ausgearbeiteter Vorschlag für den Übergang in die Rente von Arbeitnehmern, die wegen ihrer gesundheitlichen Einschränkungen nach einem langen Arbeitsleben ihren Job nicht mehr ausüben können
Für Frauen nichts erreicht
Der Vorsitzende der SPD-Arbeitsgemeinschaft für Arbeitnehmerfragen, Klaus Barthel, sagte der „Berliner Zeitung“ dazu: „Es ist gut, dass Bewegung in die Debatte kommt. Es ist auch gut, wenn ein paar mehr Arbeitnehmer Vorteile haben.“ Für die Frauen werde dadurch aber nichts erreicht. Deren Berufsleben sei oft durch längere Erziehungszeiten unterbrochen. Außerdem arbeiteten Frauen häufig in sozialversicherungsfreien Minijobs.
Gabriel müsse außerdem deutlich machen, dass er zum SPD-Parteitagsbeschluss stehe, wonach die Rente mit 67 erst gelten soll, wenn die Hälfte der 60- bis 64-Jährigen eine sozialversicherungspflichtige Arbeit haben. Ferner müsse über die geplante Senkung des Rentenniveaus von heute 51 des durchschnittlichen Nettolohns auf 43 Prozent im Jahr 2030 gesprochen werden, forderte Barthel.
Der Juso-Vorsitzende Sascha Vogt sagte, das Rentenniveau müsse bei mindestens 50 Prozent liegen. „Für die Absenkung auf 43 Prozent gibt es weder bei den Anhängern der SPD noch im Parteivorstand oder den Gewerkschaften eine Mehrheit“, sagte er der Zeitung „Die Welt“.