Teile der SPD haben sich weder mit der Erhöhung des Renteneintrittsalters auf 67 Jahre noch mit der Absenkung von 51 auf 43 Prozent des durchschnittlichen Bruttoeinkommens bis 2030 abgefunden. Beides wurde in der Koalition mit der CDU/CSU beschlossen, an beidem halten die drei möglichen Kanzlerkandidaten fest. Das Konzept des Parteivorsitzenden Gabriel, das eine Rente mit 65 nach 45 Versicherungsjahren ermöglicht, in denen man auch arbeitslos gewesen oder Kinder erzogen haben kann, ist der Versuch eines Kompromisses zwischen demografischen Notwendigkeiten und den Erwartungen der Gewerkschaften und Parteilinken.
Aber es wird nicht reichen. Denn schon gestern kündigte Generalsekretärin Nahles an, man werde an die 43 Prozent möglicherweise noch einmal herangehen müssen. Sollte das geschehen, stünden Steinbrück oder Steinmeier mit einem Rucksack im Wahlkampf, den sie nicht tragen möchten. Sollte Gabriel aber sein Konzept im November unverändert durchsetzen können, sind die Unterschiede zu Ursula von der Leyens Plänen nicht groß genug, um daraus ein zündendes Wahlkampfthema zu gewinnen. Ihr zunächst intern gescheiterter Vorstoß ist also taktisch für die CDU durchaus vorteilhaft.
Nun ist aber die Rentenfrage jenseits aller Parteitaktik eine der zentralen für unseren Sozialstaat und erfordert Antworten, die länger als eine Legislaturperiode halten. Also im Konsens. Das heißt: Die Zahlen 67 und 43 bleiben, für die Probleme der Geringverdiener, Erwerbsgeminderten, Erziehenden und Selbstständigen müssen gemeinsame Lösungen gefunden werden. Das dürfte zwischen SPD-Mehrheit und Union ohne allzu große Verrenkungen möglich sein. So deutet rechnerisch wie inhaltlich immer mehr auf eine Große Koalition hin.