Düsseldorf. . Transparenz bei den Nebeneinkünften der Abgeordneten? Der NRW-Landtag ist davon noch weiter entfernt als andere Parlamente, kritisiert die Organisation Transparency International. Das könnte sich jetzt ändern, der Diskussion um Peer Steinbrück sei’s gedankt.
Das Archiv vergisst nichts. Als der NRW-Landtag 2005 schon einmal eine Neuregelung der Nebentätigkeiten von Abgeordneten diskutierte, präsentierte sich der damalige Ministerpräsident Peer Steinbrück (SPD) als eiserner Freund vollständiger Transparenz: „Das ist ein Schritt in die richtige Richtung, aber es ist mir zu wenig“, sagte er damals der NRZ. Siebeneinhalb Jahre später könnte Steinbrück, inzwischen SPD-Kanzlerkandidat, mehr oder minder ungewollt dafür sorgen, dass sich der Landtag demnächst echte Offenlegungspflichten gibt.
Der Streit um Steinbrücks Vortragshonorare hat auch in Düsseldorf eine neue Dynamik ausgelöst. Grünen-Fraktionschef Reiner Priggen nimmt die Debatte zum Anlass, eine Änderung der Geschäftsordnung im Landtag zu fordern.
Die besondere Verpflichtung der Politiker
„Wir brauchen Transparenz vom ersten Euro an“, sagte er der WAZ-Mediengruppe. Politiker stünden gegenüber den Bürgern in einer besonderen Verpflichtung, Dienstherren und Zuwendungen zu benennen. Bislang müssen Landtagsabgeordnete alle Einkünfte unter 12.000 Euro pro Jahr überhaupt nicht angeben und ein höheres Salär nur der Landtagspräsidentin Carina Gödecke (SPD) anvertrauen.
Die Anti-Korruptions-Organisation „Transparency International“ kritisiert, dass es in NRW noch intransparenter zugehe als im Bundestag. In Berlin müssen Abgeordnete Nebeneinkünfte zumindest in drei Kategorien öffentlich machen: 1000 bis 3500 Euro, 3500 bis 7000 Euro und über 7000 Euro.
Eine Kommission berät über eine neue Geschäftsordnung
Im Landtag soll nun eine ständige Parlamentskommission eine Änderung der Geschäftsordnung beraten. Geht es nach Priggen, kann künftig jeder Bürger betragsgenau im Internet nachvollziehen, welcher Politiker bei wem und womit zusätzlich Geld verdient. Die Grünen gehen mit gutem Beispiel voran und veröffentlichen ihre Nebeneinkünfte schon heute im Netz.
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Die SPD-Landtagsfraktion zeigte sich am Montag offen für den Vorstoß des Koalitionspartners. „Wir sind natürlich bereit, im Rahmen der Parlamentskommission die bisherigen Regeln für die Nebeneinkünfte von Abgeordneten zu überprüfen. Wenn sich dabei ein Änderungsbedarf ergibt, werden wir uns dem nicht verschließen“, sagte SPD-Fraktionschef Norbert Römer. Denkbar wäre für ihn „eine enge Anlehnung an die künftige Regelung auf Bundesebene“. Priggen hält ein solches Modell mit Einkommensstufen zwar für nicht ideal, weiß aber um sensible Bereiche wie zum Beispiel den Mandantenschutz der Rechtsanwälten oder mögliche Firmengeheimnisse bei Unternehmern.
Die rot-grüne Mehrheit reicht für eine Änderung
Rot-Grün könnte neue Transparenzregeln mit eigener Mehrheit beschließen. CDU-Fraktionschef Karl-Josef Laumann findet die heutigen Auflagen für Landtagsabgeordnete ausreichend. Für herausgehobene Persönlichkeiten wie SPD-Kanzlerkandidat Steinbrück legt er die Messlatte jedoch höher.
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Das Thema Nebenjobs beschäftigt die Landespolitik schon lange. Das zurzeit gültige Abgeordnetengesetz hatte der Landtag 2005 verabschiedet. Seitdem müssen Parlamentarier etwa vor Abstimmungen offenlegen, wenn sie bei einem bestimmten Behandlungsgegenstand durch Nebentätigkeiten befangen sind.
Arentz und Meyer fielen über ihre RWE-Connection
Auslöser für diese geringfügig verschärften Regeln waren damals die schlagzeilenträchtigen „RWE-Gehaltsaffären“ der CDU-Politiker Hermann-Josef Arentz und Laurenz Meyer. Der Landtagsabgeordnete und Bundesvorsitzender der CDU-Sozialausschüsse CDA Arentz war 2004 von allen Ämtern zurückgetreten, weil er jahrelang ein 60.000-Euro-Jahresgehalt sowie ein kostenfreies Stromkontingent vom Energiekonzern RWE bezogen hatte – offenbar ohne erkennbare Gegenleistung.
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Auch der damalige CDU-Generalsekretär Laurenz Meyer gab auf, nachdem bekannt wurde, dass er Vergünstigungen von seinem ehemaligen Arbeitgeber RWE erhalten hatte. Meyer war bis 1999 bei RWE als Mitarbeiter tätig und hielt die Zuwendungen, die er auch noch als Politiker kassierte, für eine ganz normale Begleiterscheinung eines nur ruhenden Arbeitsvertrags.