Ankara. Nach einem neuerlichen Granateneinschlag aus Syrien haben die türkischen Streitkräfte den vierten Tag in Folge syrisches Gebiet unter Beschuss genommen. Wie die amtliche Nachrichtenagentur Anadolu am Samstag berichtete, schlug zunächst eine syrische Granate im Grenzgebiet um das türkische Dorf Guvecci ein.

An der türkisch-syrischen Grenze ist es einen Tag nach der Kriegswarnung von Ministerpräsident Tayyip Erdogan erneut zu Scharmützeln gekommen. Nachdem am Samstag abermals eine Granate aus Syrien südtürkisches Gebiet traf, erwiderte das Militär umgehend das Feuer, wie der Gouverneur der Provinz Hatay mitteilte.

Früh am Morgen sei das Geschoss auf einem Feld nahe des Dorfes Güvecci in der Region Yayladagi eingeschlagen. Vermutlich sei die Granate von syrischen Sicherheitskräften auf Rebellen im Grenzgebiet abgefeuert worden. Es habe keine Toten gegeben. Vier Stunden später sei eine weitere Granate nur 50 Meter von einem türkischen Beobachtungsposten entfernt bei Güvecci eingeschlagen, meldete die Nachrichtenagentur Dogan. Berichte über Opfer oder eine Reaktion des türkischen Militärs lagen zunächst nicht vor. Anwohner wurden von den Behörden angewiesen, Balkone zu meiden und sich möglichst wenig im Freien aufzuhalten.

Es war der vierte Tag in Folge, an dem das Nato-Mitglied Feuer aus Syrien erwiderte. Die Lage hatte sich dramatisch zugespitzt, als am Mittwoch in Akcakale fünf Türken durch Beschuss aus Syrien ums Leben gekommen waren. Erdogan sagte am Freitag, die Türkei wolle keinen Krieg. Doch wer die Reaktionsfähigkeit und Entschlossenheit seines Landes testen wolle, begehe einen tödlichen Fehler. Bundeskanzlerin Angela Merkel sprach von einer „extrem ernsten Situation“.

Sender: Syrische Flugzeuge müssen sich von der Grenze fernhalten

Der UN-Sicherheitsrat hatte den tödlichen Angriff auf das Grenzdorf Akcakale scharf verurteilt. Russland erhielt nach eigenen Angaben die Zusicherung Syriens, bei dem Beschuss habe es sich um einem tragischen Unfall gehandelt. Die Türkei reagierte mit Vergeltungsschlägen, bei denen syrische Soldaten getötet wurden. Der türkischen Sender NTV berichtete, die syrische Artillerie sei seitdem angewiesen worden, im Kampf mit Rebellen nicht mehr nahe der Grenze zu feuern. Kampflugzeuge und Hubschrauber dürfen nicht mehr näher als zehn Kilometer an die Grenze heranfliegen.

Die Türkei verfügt über ein wesentlich stärkeres Militär als Syrien. Beide Länder unterhielten einst enge Beziehungen. Das änderte sich jedoch, als die Regierung in Damaskus immer härter gegen ihre Gegner vorging. Erdogan ist inzwischen einer der schärfsten Kritiker von Präsident Baschar al-Assad. Die Türkei bietet ranghohen Rebellen Unterschlupf und hat fast 100.000 Flüchtlinge aufgenommen. (rtr/dapd/afp)