New York. In der westlichen Welt wächst die Sorge um einen syrischen Flächenbrand. Der UN-Sicherheitsrat hat den Beschuss der türkischen Grenzstadt Akcakale verurteilt. Der Auswärtige Ausschusses im Bundestag hat sich indes dafür ausgesprochen, dass Deutschland syrische Flüchtlinge aufnehmen solle.
Der UN-Sicherheitsrat hat den Granatbeschuss eines türkischen Grenzorts durch die syrischen Streitkräfte "auf das Schärfste" verurteilt. Die 15 Ratsmitglieder forderten in dem am Donnerstag beschlossenen Text die syrische Regierung auf, "die Souveränität und territoriale Integrität ihrer Nachbarn" zu achten. Angesichts der Gefahr einer weiteren Eskalation des Konflikts wurden beide Länder jedoch zur Zurückhaltung aufgefordert.
Verstöße gegen das internationale Recht müssten umgehend aufhören und dürften sich nicht wiederholen, hieß es in dem Text. Der UN-Botschafter Guatemalas, der derzeit den Vorsitz im Sicherheitsrat hat, sagte, der Text richte sich an "beide Länder". Diplomaten zufolge soll am Freitag ein zweiter Text verabschiedet werden, in dem die Anschläge in Aleppo am Mittwoch verurteilt werden, bei denen 48 Menschen getötet worden waren, die meisten davon Soldaten.
Dieser zweite Text ist demnach ein Zugeständnis an Syriens Verbündeten Russland. Laut westlichen Diplomaten setzte Russland am Donnerstag durch, dass die Verurteilung Syriens weniger scharf ausfiel. In einem ersten Entwurf war der Einschlag syrischer Granaten in dem türkischen Grenzort Akcakale noch als "ernste Bedrohung des Friedens und der internationalen Sicherheit" bezeichnet worden.
Damaskus entschuldigt sich für Beschuss der Türkei
Eine in Syrien abgeschossene Granate hatte am Mittwoch fünf Frauen und Kinder getötet. Mindestens zehn weitere wurden laut türkischen Medienberichten verwundet. Die Türkei reagierte auf den Beschuss mit Vergeltungschlägen gegen die syrische Armee, bei denen unbestätigten Berichten zufolge mehrere Soldaten getötet wurden.
Während Ankara den UN-Sicherheitsrat zum Handeln aufrief, entschuldigte sich Damaskus für den Beschuss. Die US-Regierung bezeichnete den türkischen Vergeltungsangriff als "angemessen" und erklärte, sie werde einen "abschreckenden Effekt" haben.
Türkei will eigene Grenzen und Bevölkerung schützen
Trotz vermehrter Aufrufe zur Besonnenheit wächst die Sorge um die Region. Das türkische Parlament in Ankara hatte am Donnerstag ein Gesetz verabschiedet, das Militäreinsätze im Nachbarland erlaubt. Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan betonte zwar, dass sein Land keinen Krieg mit Syrien wolle. Man sei aber entschlossen, die eigenen Grenzen und die türkische Bevölkerung zu schützen.
Ähnlich geht Ankara seit Jahren im Nordirak vor, wo regelmäßig kurdische Rebellen bei Luftangriffen ins Visier genommen werden. In Istanbul demonstrierten rund tausend vorwiegend linke Demonstranten gegen einen möglichen Krieg.
Westerwelle warnt vor Flächenbrand in gesamter Region
Bundesaußenminister Guido Westerwelle (FDP) äußerte sich besorgt über die Gewalt und mahnte zur Besonnenheit. Zugleich rief er Russland und China zur Zusammenarbeit auf. "Diejenigen, die bisher im Sicherheitsrat blockiert haben, sollten jetzt erkennen, dass die Gefahr eines Flächenbrandes für die gesamte Region wächst, je länger der innersyrische Konflikt ungelöst bleibt", sagte Westerwelle der "Passauer Neuen Presse".
"Russland und China sollten die jüngsten Spannungen an der türkisch-syrischen Grenze zum Anlass nehmen, ihre Haltung im Sicherheitsrat noch einmal zu überdenken. Wir brauchen eine politische Lösung und einen Neuanfang für Syrien", sagte der Minister. Die beiden Vetomächte hatten drei Mal im Sicherheitsrat eine Verurteilung der syrischen Regierung wegen ihres gewaltsamen Vorgehens gegen die Oppositionsbewegung verhindert.
Polenz will syrische Flüchtlinge in Deutschland aufnehmen
Der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses im Bundestag, Ruprecht Polenz (CDU), hat sich indes für eine Aufnahme syrischer Flüchtlinge in Deutschland ausgesprochen. Bund und Länder sollten prüfen, wie dies möglich gemacht werden könne und welche Unterstützung der Staat dazu leisten müsse. Das sagte Polenz im Interview mit der "Neuen Osnabrücker Zeitung". Viele der etwa 50.000 Syrer in Deutschland würden gern Verwandte bei sich aufnehmen, die sich in eines der Nachbarländer gerettet hätten, sagte er weiter. (afp/dapd)