Paris. Der Bericht des französischen Rechnungshofes förderte Erschreckendes für die sozialistische Regierung zutage: Weil die Waxghstumsprognose zu optimistisch angesetzt wurde, fehlen 40 Milliarden Euro im Haushalt. Dabei hatte der neue Präsident doch das Ende der Sparpolitik verkündet.

Der französische Präsident Francois Hollande sieht sich sieben Wochen nach seinem Amtsantritt mit einer riesigen Haushaltslücke konfrontiert. Allein für dieses Jahr prognostizierte ihm der Rechnungshof am Montag einen Fehlbetrag zwischen sechs und zehn Milliarden Euro, wenn Frankreich seine Zusagen an europäische Partner einhalten will. Im kommenden Jahr könnten demnach sogar 33 Milliarden Euro fehlen, wenn die Neuverschuldung des Landes wie geplant auf drei Prozent im Vergleich zur Wirtschaftsleistung gesenkt werden soll. Der Sozialist Hollande hatte noch vor kurzem mit einem Ende der Sparpolitik geworben.

Allzu optimistische Wachstumsprognose

Die Studie zur Finanzlage Frankreichs gab Hollande in Auftrag, nachdem er die Wahl gegen seinen konservativen Vorgänger Nicolas Sarkozy gewonnen hatte. Die Experten entdeckten im jetzigen Haushalt zwar keine besonderen Überraschungen, auch wenn in diesem Jahr etwa in Bereichen wie Verteidigung, Agrar oder Wohnungsbau bis zu zwei Milliarden Euro zuviel ausgegeben würden. Das Hauptproblem sei aber, dass die Regierung bei ihren Defizitzielen von einer zu rosigen Wirtschaftslage ausgegangen sei. So prognostiziert der Rechnungshof in diesem Jahr ein Wachstum von 0,4 Prozent. Im Haushaltsplan wurde mit 0,7 Prozent gerechnet.

Selbst wenn Frankreich sein Defizitziel in diesem Jahr einhält, steigt der Schuldenstand der öffentlichen Hand auf über 90 Prozent im Vergleich zum Bruttoinlandsprodukt. Die Behörde warnte, dass Investoren einen höheren Risikoaufschlag für Staatsanleihen verlangen könnten. Dies würde den Handlungsspielraum weiter einschränken, heißt es in der Studie.

Der Rechnungshof empfiehlt: Sparen!

Der Rechnungshof empfahl der Regierung vor allem, weniger Geld auszugeben und im öffentlichen Dienst Stellen abzubauen, um das Problem steigender Personalkosten anzugehen. Zumindest übergangsweise sollten jedoch nach Ansicht der Experten Steuern erhöht werden, um die Ausgaben nicht zu stark zusammenzustreichen. So empfahl der Rechnungshof die Rücknahme von Steuererleichterungen und eine Erhöhung der Mehrwertsteuer.

Eine höhere Mehrwertsteuer lehnte die Regierung am Montag aber ab. Es sei im Gegenteil geplant, eine von der Vorgängerregierung beschlossene Erhöhung zurückzunehmen, sagte Haushaltsminister Jerome Cahuzac. Auf die Frage nach einer Erhöhung im kommenden Jahr sagte der Politiker, dies stehe nicht im Wahlprogramm Hollandes.

Höhere Steuern für Wohlhabende

Die Regierung will stattdessen Steuern für Wohlhabende und Unternehmen erhöhen. Einschnitte bei Sozialleistungen und im öffentlichen Dienst werden für das kommende Jahr erwartet. Der Bericht des Rechnungshofes könnte es Hollande erleichtern, seinen Anhängern die Sparmaßnahmen zu verkaufen. Die Umfragewerte für den neuen Präsidenten gehen bereits zurück: Die Zustimmung der Bürger sank zuletzt um sieben Punkte auf 51 Prozent.

Trotz der Haushaltsprobleme hat die französische Regierung aber offensichtlich noch immer das Vertrauen von Investoren: Der Staat konnte am Montag eine Anleihe mit einer Laufzeit von einem Jahr mit so niedrigen Zinsen wie noch nie auf den Markt bringen. In den vergangenen Wochen sind die Zinskosten gesunken, weil viele Investoren Frankreich noch immer als vergleichsweise sicheres Land sehen. Die Anleihen bringen aber eine höhere Rendite als deutsche Papiere.