Essen. . Den Aufbau eines sozialen Arbeitsmarktes plant die SPD im Fall eines Wahlerfolges am 13. Mai. Auf diesem Markt sollen Langzeitarbeitslose Jobs finden, sagte NRW-Arbeitsminister Schneider (SPD) der WAZ Mediengruppe. Die Gewerkschaft Verdi und das Erwerbslosenforum Deutschland übten scharfe Kritik.

In Nordrhein-Westfalen soll ein sozialer Arbeitsmarkt entstehen. Das plant die SPD im Fall eines Wahlerfolges. Auf diesem mit Mitteln aus dem Hartz-System geförderten Markt sollen schwer vermittelbare Langzeitarbeitslose Arbeit finden, sagte Landesarbeitsminister Guntram Schneider (SPD) der WAZ Mediengruppe. Die Dienstleistungsgewerkschaft Verdi und das Erwerbslosenforum Deutschland übten scharfe Kritik an dem Vorhaben.

Anders als bisherige Arbeits-Maßnahmen für Langzeitarbeitslose, die wie etwa Ein-Euro-Jobs einen gemeinnützigen Charakter haben, sollen auf dem sozialen Arbeitsmarkt „herkömmliche Jobs“ geschaffen werden – sozialversicherungspflichtig und nach Tarif bezahlt. Bis zu 40 Prozent der Löhne sollen bezuschusst werden. Das Projekt solle zunächst Modellcharakter haben, so Schneider. Eingebunden werden sollen sowohl Wohlfahrtsverbände wie auch die Privatwirtschaft.

Ein gutes Siebtel der aktuell rund 744 000 Arbeitslosen in Nordrhein-Westfalen hat so gut wie keine Chance auf dem ersten Arbeitsmarkt. Das sind Menschen, die beispielsweise unter schweren gesundheitlichen Problemen leiden. Ihnen will die SPD neue Möglichkeiten eröffnen – durch den Aufbau eines so genannten sozialen Arbeitsmarktes. Gegen dieses Vorhaben regt sich unerwarteter Widerstand. Ausgerechnet die Gewerkschaften, die in diesem Wahlkampf eng wie lange nicht mehr an der Seite der Sozialdemokraten stehen, üben Kritik.

Arbeitgeber wollen Lohn-Zuschuss von bis zu 70 Prozent

Die Idee eines zweiten, sozialen Arbeitsmarktes ist nicht neu. Bereits 2010 hatte Hannelore Kraft – damals wie heute SPD-Spitzenkandidatin – die Schaffung eines solchen Arbeitsmarktes ins Spiel gebracht. In den zwei Jahren der rot-grünen Minderheitsregierung war das Vorhaben jedoch nicht mehrheitsfähig. Jetzt soll es neu belebt werden. Entscheidender Unterschied zu damals: Während Kraft vor zwei Jahren noch für gemeinnützige Arbeit warb, sollen Langzeitarbeitslose jetzt auf dem zweiten Arbeitsmarkt herkömmliche Jobs bekommen.

Im Kern sieht das Vorhaben so aus: Private Unternehmen oder freie Wohlfahrtsverbände stellen schwer vermittelbare Langzeitarbeitslose ein und zahlen ihnen tarifliche oder ortsübliche Löhne. Dafür erhalten sie im Gegenzug einen „Minderleistungsausgleich“. Wie hoch der sein wird, ist noch unklar. Die Privatwirtschaft hätte gerne einen Zuschuss von bis zu 70 Prozent zum Gehalt. Landesarbeitsminister Guntram Schneider (SPD) kann sich einen Zuschuss von bis zu 40 Prozent vorstellen. Gegenfinanziert werden soll dieser Zuschuss über die eingesparten Hartz-IV-Leistungen.

„Eine rot-grüne Landesregierung wird auch die Langzeitarbeitslosen, die keine Chance auf dem ersten Arbeitsmarkt haben, nicht im Stich lassen“, sagte Schneider. „Wir werden versuchen, sinnvolle Beschäftigung zu mobilisieren.“ Das Programm solle zunächst Modellcharakter haben und für 4000 bis 5000 Teilnehmer angelegt werden, so Schneider. Die Teilnahme soll freiwillig sein, betont er.

Verdi: Mit Zuschüssen werden normale Arbeitsplätze vernichtet

Bei den Gewerkschaften stößt das Vorhaben auf Skepsis. Eine Art zweiten Arbeitsmarkt gebe es seit Langem, und alle bisherigen Modelle hätten nicht dazu geführt, dass die betroffenen Langzeitarbeitslosen auf dem ersten Arbeitsmarkt hätten Fuß fassen können, so Gabriele Schmidt, die Vorsitzende des NRW-Landesbezirks der Dienstleistungsgewerkschaft Verdi. Grundsätzlich sei Verdi damit einverstanden, dass es geförderte Arbeit gebe, wenn sie denn sozialversicherungspflichtig sei. Das große Aber: „Wir haben ein dickes Problem damit, dass die Landesregierung auch private Arbeitgeber einbinden und der Privatwirtschaft Lohnzuschüsse zahlen will. Das würde dazu führen, dass normale Arbeitsplätze vernichtet werden“, warnt Schmidt.

Noch heftiger ist der Widerstand beim Erwerbslosenforum Deutschland: Die SPD solle sich Gedanken darüber machen, warum trotz des Hartz-Systems manche Langzeitarbeitslose nicht vermittelt werden könnten, anstatt „Geschenke an Unternehmer“ zu verteilen, sagte Sprecher Martin Behrsing der WAZ Mediengruppe. Das Vorhaben sei ein „Gefälligkeitsprogramm“ für private Unternehmen und Wohlfahrtsverbände, so Behrsing weiter.

Skepsis bei der Bundesagentur

Auch bei der Bundesagentur für Arbeit herrscht Skepsis vor. Natürlich gebe es einen „harten Kern“ von Langzeitarbeitslosen, die schwer vermittelbar seien, so eine Sprecherin. Mit der Installation eines zweiten Arbeitsmarktes bestehe aber die Gefahr, dass diese Menschen „in einer Parallelwelt“ isoliert würden. Derzeit gebe es einen „gut funktionierenden ersten Arbeitsmarkt“ mit einer hohen Aufnahmefähigkeit auch für schwerer vermittelbare Arbeitslose. „Da muss man jetzt nicht Kräfte in den Aufbau eines parallelen Arbeitsmarktes stecken“, so die Sprecherin der Bundesagentur.