München. Die Kreditzusage für das insolvente Versandhaus Quelle hat zum offenen Schlagabtausch zwischen dem bayerischen Ministerpräsidenten Horst Seehofer und Bundeswirtschaftsminister Karl-Theodor zu Guttenberg geführt. Seehofer sprach von einem "Trauerspiel".

Der Notkredit für das insolvente Versandhaus Quelle hat zum offenen Krach zwischen dem bayerischen Ministerpräsidenten Horst Seehofer und Bundeswirtschaftsminister Karl-Theodor zu Guttenberg geführt. CSU-Chef Seehofer warf seinem Parteifreund Guttenberg und Finanzminister Peer Steinbrück (SPD) am Dienstag vor, die 8.000 Arbeitsplätze bei dem Fürther Unternehmen gefährdet zu haben. «Wir waren am seidenen Faden», sagte Seehofer. «Wären wir nicht initiativ geworden, wären die Arbeitsplätze weg.» Guttenberg verteidigte die sorgfältige Prüfung der Staatshilfen im Interesse der Steuerzahler und nahm Steinbrück in Schutz.

«Quelle ist mitnichten, wie einige sagen, jetzt gerettet», sagte Guttenberg im ZDF-Morgenmagazin. Der vom Bund, Bayern und Sachsen am Montagabend zugesagte Massekredit über 50 Millionen Euro bis zum Jahresende gebe Quelle eine faire Chance. «Aber ein solcher Kredit kann auch dazu dienen, dass eine geordnete Insolvenz inklusive Abwicklung stattfinden kann», sagte Guttenberg. Entscheidend sei, dass das Geld der Steuerzahler wieder zurückfließen könne. «Deshalb war ich so hartnäckig bis zum Schluss», sagte der CSU-Politiker und fügte an Seehofers Adresse hinzu: «Die Hartnäckigkeit werde ich mir weiterhin erlauben, unabhängig davon, ob es sich um ein fränkisches oder bayerisches Unternehmen handelt.» «Das hat bei manchem Ärger ausgelöst, aber das ist mir, das muss mir, im Sinne des Steuerzahlers egal sein.»

Lob für Steinbrück

Der Bund habe erst am Montag die letzten Zusagen bekommen. «Und manchen die sagen, es müsste schneller gehen, kann ich nur sagen: Man muss seine Hausaufgaben erst mal machen», sagte Guttenberg und lobte den «sehr vernünftig mit mir vorgehenden Kollegen Steinbrück».

Seehofer erwiderte in München: «Das ist ein Trauerspiel. Alle Fakten lagen lange auf dem Tisch.» Schon vergangene Woche sei «klar gewesen, dass Quelle verantwortlich geholfen werden kann und muss». Trotzdem hätten die Bundesregierung und «besonders die beiden betroffenen Ministerien den Eindruck erweckt, als würde die bayerische Staatsregierung leichtfertig mit Steuergeldern umgehen», kritisierte Seehofer. Wer davon rede, dass Insolvenz auch die Chance für einen Neuanfang sein könne, müsse auch entsprechend handeln, sagte Seehofer, ohne Guttenberg namentlich zu erwähnen.

Die Bundesregierung habe «nicht in erster Linie auf die Arbeitsplätze geachtet», kritisierte Seehofer. «Ohne die bayerische Staatsregierung hätte diese Soforthilfe nicht stattgefunden.» Dann wären jetzt Tausende Menschen arbeitslos, und der Staat müsste der Region Nürnberg-Fürth mit Strukturprogrammen in dreistelliger Millionenhöhe helfen.

Die bayerische Regierung habe mit dem Insolvenzverwalter, Banken, Unternehmensberatern, Quelle-Vorstand und Betriebsrat alle Fakten studiert und den Kredit für verantwortbar gehalten. Das anschließende Hin und Her in Berlin habe aber «großen Schaden angerichtet», sagte Seehofer.

Zeil kritisiert Zitterpartie

Auch der bayerische Wirtschaftsminister Martin Zeil (FDP) warf dem Bund unnötige Verzögerungen beim Quelle-Kredit vor. «Diese Zitterpartie hätten wir uns sparen können», sagte er und attackierte Guttenberg: «Niemand von uns hat voreilig von Rettung gesprochen.» Vom Bund hätte er sich mehr Verantwortungsbewusstsein für die Arbeitsplätze gewünscht. «Bei aller sympathischen Bockigkeit» müssten Bundesminister, die Insolvenz als Chance beschrieben, auch Taten folgen lassen. Der bayerische Finanzminister Georg Fahrenschon (CSU) warf dem Bund vor, er habe am Mittwoch dem Kredit zugestimmt, sich am Donnerstag nicht mehr daran erinnert und am Freitag Nachforderungen gestellt. (ap)