Berlin/Düsseldorf. Wird der Koalitionsvertrag von Berlin zur Belastung für Nordrhein-Westfalen? Politikexperten und Gewerkschafter befürchten in Gesprächen mit der WAZ negative Auswirkungen. Zu den Verlierern könnten demnach finanzschwache Kommunen und speziell das Ruhrgebiet gehören.

Der neue Koalitionsvertrag von Berlin kann zur Belastungprobe für Nordrhein-Westfalen werden. Zu den Verlierern könnten vor allem finanzschwache Kommunen und das Ruhrgebiet gehören.

Der Bonner Politikwissenschaftler Gerd Langguth sieht die Gefahr, dass die neue Bundesregierung benachteiligten Regionen wie dem Revier ihre Unterstützung versagt. „NRW wird alles tun müssen, um für strukturschwache Gebiete die Interessen zu wahren", so Langguth. Er bezieht sich auf die Ankündigung aus Berlin, eine ganze Reihe regionaler Fördertöpfe würden „überprüft".

Positiv auswirken könnte sich für NRW dagegen, dass das Land in der Regierung durch die CDU-Minister Pofalla (Kanzleramt) und Röttgen (Umwelt) „deutlich besser als in der Großen Koalition vertreten ist".

NRW-DGB-Chef Guntram Schneider sieht die Kommunen durch Schwarz-Gelb unter Druck. „Durch Steuersenkungen auf Pump werden viele Städte weniger Steuerzuweisungen erhalten und so in erhebliche finanzielle Schwierigkeiten geraten", sagte Schneider. „Es wird für viele Städte in NRW dramatisch."

»Bis 2013 werden keine Steuern und Abgaben erhöht«

Kritik kommt auch von Verdi-Chef Frank Bsirske. „Die Koalition plant eine Milliarden-Steuerentlastung ohne jede Gegenfinanzierung", sagte er der WAZ. Damit steige der Druck auf staatliche Leistungen und die finanzielle Handlungsfähigkeit des Staates. Garniert werde das Ganze mit Steuergeschenken für reiche Erben. Bsirskes Fazit: „Das ist keine gute Botschaft für alle, die auf gesellschaftlichen Zusammenhalt und einen funktionstüchtigen öffentlichen Dienst angewiesen sind."

Die Kritiker reagierten auf die Koalitionsvereinbarung von Union und FDP. Darin setzt Schwarz-Gelb unter dem Motto „Wachstum, Bildung, Zusammenhalt" der Krise vor allem Steuerentlastungen in Höhe von 24 Milliarden Euro und weitere Staatsverschuldung entgegen. „Bis 2013 werden keine Steuern und Abgaben erhöht. Wir setzen auf Wachstum", so Kanzlerin Merkel. Eine schnelle Haushaltssanierung sei „Utopie", sagt der künftige Finanzminister Schäuble. Das Sparen be-ginne erst nach der Krise.

Zu den wichtigsten Vereinbarungen zählt die Erhöhung des Kindergeldes um 20 Euro. Arbeitnehmer werden zu einer Zusatzversicherung für die Pflege verpflichtet. Wie das Gesundheitssystem umgebaut wird, entscheidet sich nach der NRW-Wahl im Mai 2010.

Wichtig für NRW: Berlin will nicht am Ausstieg aus den Kohlesubventionen rütteln und hält an den Fristen dafür fest. Sie will zudem ein Gesetz erlassen, das den Transport von CO2-Kraftwerksabgasen ermöglicht. Das eröffnet Chancen für das von RWE geplante Kohlekraftwerk Hürth und die Pipeline durchs Revier nach Norddeutschland.