Berlin. Die FDP hat den Koalitionsvertrag mit der Union gebilligt. Damit ist eine weitere Hürde zur Regierungsbildung genommen. Am Montagabend soll das Bündnis besiegelt werden. Guido Westerwelle sieht darin einen politischen Neuanfang. Für die Opposition ist es ein Dokument sozialer Spaltung.
Grünes Licht von der FDP für den Koalitionsvertrag: Ein Sonderparteitag stimmte am Sonntag der Vereinbarung fast einstimmig zu. Wenn am morgigen Montag auch die kleinen Parteitage von CDU und CSU wie erwartet den Vertrag billigen, kann er noch am selben Abend unterschrieben werden. Die Wiederwahl von Bundeskanzlerin Angela Merkel ist für Mittwoch geplant. Dann wird Bundespräsident Horst Köhler auf ihren Vorschlag hin auch die neuen Minister ernennen.
Kampfansage gegen den Linksrutsch
Der FDP-Vorsitzende Guido Westerwelle sagte auf dem Parteitag in Berlin: «Jetzt geht die Arbeit richtig los.» Der Liberale kündigte einen politischen «Neuanfang» unter Schwarz-Gelb an. Deutschland werde künftig «von der Mitte aus regiert». Das Wahlergebnis sei eine «Kampfansage gegen den Linksrutsch in dieser Republik».
Das Regierungsprogramm war in knapp drei Wochen von Union und FDP ausgehandelt und am Samstag von den Parteichefs vorgestellt worden. Zentraler Punkt darin sind trotz Haushaltsmisere Steuererleichterungen, die bereits 2010 greifen und ab 2011 den vollen Umfang von 24 Milliarden Euro erreichen sollen.
Das besonders strittige Volumen der Steuersenkungen mussten die drei Parteichefs Angela Merkel (CDU), Horst Seehofer (CSU) und Westerwelle (FDP) am Ende unter sich ausmachen. Das Personaltableau billigten die Fraktionen bereits am Samstag. Neben Westerwelle als neuem Außenminister und Vizekanzler nehmen Schlüsselstellungen Wolfgang Schäuble (CDU) als neuer Finanzminister und Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) als neuer Verteidigungsminister ein. Die CDU stellt sieben Minister, die FDP fünf und die CSU drei.
Steuersenkungen hatten FDP und Union im Wahlkampf versprochen - allerdings in unterschiedlichem Ausmaß, was lange für Streit sorgte. Merkel betonte: «Die neue Regierung hält Wort.» Im Koalitionsvertrag heißt es, im Laufe der Legislaturperiode solle eine steuerliche Entlastung vor allem im unteren und mittleren Einkommensteuerbereich sowie für Familien mit Kindern in einem Gesamtvolumen von 24 Milliarden Euro jährlich umgesetzt werden. «Wir wollen, dass sich Arbeit wieder lohnt», betonte Westerwelle.
Finanzielle Unterstützung für Familien
Schon im nächsten Jahr sollen die Erleichterungen greifen. Seehofer sprach von 2,5 Milliarden bei der Unternehmensteuer, einer knappen Milliarde bei der Erbschaftsteuer und von 4,6 Milliarden für Familien. Hinzu kommt noch die bereits beschlossene Einkommensteuerentlastung. Westerwelle sagte, damit könnten zum 1. Januar 2010 etwa 21 Milliarden Euro «als Sofortentlastung Wachstum ankurbeln».
Westerwelle machte auf dem Parteitag deutlich, dass die schwarz-gelbe Regierung auf einen Neuanfang setze und die Mitte Deutschlands stärken wolle. Er zeigte sich zufrieden, dass das «Kursbuch» für die nächsten vier Jahre eine starke liberale Handschrift trage. Den Vorwurf der sozialen Kälte wies er zurück: «Wir sind mit unserer Mittelstandspolitik die viel bessere Arbeitnehmer-Partei als die komplette Opposition zusammen.»
Die Steuerpläne der neuen Regierung stießen unmittelbar auf Kritik der Opposition. SPD-Fraktionschef Frank-Walter Steinmeier sagte: «Schwarz-Gelb wird die soziale Spaltung in unserem Land vertiefen statt bekämpfen.» Linke-Fraktionschef Gregor Gysi warf Schwarz-Gelb eine «Entsolidarisierung» vor. Grünen-Chef Cem Özdemir kritisierte, die geplante Steuerentlastung zeige, «dass das FDP-Wohl über das Gemeinwohl gestellt wird». Nur damit die FDP «halbwegs» ihre Steuerversprechen halten könne, «wird Geld ausgegeben, das wir nicht haben». (ap)