Essen. Die Polizei soll im Internet aufrüsten: Die Deutsche Polizeigewerkschaft (DPolG) fordert 2000 weitere Ermittler für das Netz. Die Gewerkschaft der Polizei geht noch weiter und fordert dringend klare rechtliche Regelungen im Kampf gegen die Kriminalität im Internet.

„Wir brauchen 2000 Cyber-Cops”, sagt Rainer Wendt, Chef der Deutschen Polizeigewerkschaft . „Das ist umso dringlicher, weil jeden Tag schwere Straftaten im Netz stattfinden.” Wendt fordert die einzelnen Bundesländer zu verstärkter Zusammenarbeit auf: „Es fehlt ein länderübergreifendes Konzept.” Nordrhein-Westfalen stellt Wendt ein gutes Zeugnis aus: „Wir haben in NRW den richtigen Weg eingeschlagen. Leider ist das nicht bundesweit so.” Zudem müsse man Schwerpunkte setzen: Bayern könnte etwa für Rechtsradikalismus zuständig sein, Baden-Württemberg für Wirtschaftskriminalität. „Wenn alle alles machen, dann wird daraus nichts”, so Wendt gegenüber DerWesten.

Hoffnungen setzt Wendt in das Treffen der innenpolitischen Sprecher der Landtagsfraktionen von CDU und CSU. Dort will der Gewerkschafter seinen Forderungen Nachdruck verleihen. „Wenn wir dort ein Problembewusstsein geschaffen haben, dann sind wir schon einen Schritt weiter”, so Wendt im Gespräch mit DerWesten.

Dass die Internet-Wirtschaft den Beamten zur Seite springe, hält Wendt für illusorisch. Das Instrument der freiwilligen Selbstkontrolle funktioniere einfach nicht. Wendt findet harte Worte: „Die Wirtschaft nebelt die Politik ein und betrügt uns immer.”

Gewerkschaft der Polizei: "Es fehlen klare Gesetze"

Unterstützung erfährt der Gewerkschaftschef von der Konkurrenz. „Die Politik muss schneller auf die Veränderungen im Netz reagieren und in der Realität ankommen”, sagt Frank Richter von der Gewerkschaft der Polizei (GdP).

Die Kriminalität hat sich verändert und finde heute zu großen Teilen im Netz statt. Das gelte zum Beispiel für die Bereiche Pornographie, Wirtschafts- und Betrugskriminalität sowie Rechts- und Linksextremismus.

Es fehlten klare rechtliche Regelungen, so Polizeihauptkommissar Richter. „Die Möglichkeiten sind eingeschränkt.” Kollegen fühlten sich allein gelassen. „Wir haben den Zug noch nicht verpasst, aber er hat Verspätung. Jetzt ist die Politik gefragt, damit der Fahrplan eingehalten werden kann.” Richter fordert eine technische Ausstattung auf dem neusten Stand, mehr spezialisierte Kollegen und klare rechtliche Regelungen, zum Beispiel zur Überwachung des Email-Verkehrs. „Dabei muss die Balance gewahrt werden zwischen Freiheitsrecht und Sicherheit”, sagt der GdP-Chef allerdings.

Im NRW-Innenministerium versteht man die Aufregung nicht. „Wir sind gut aufgestellt”, heißt es aus Düsseldorf. Auch das Bundeskriminalamt (BKA) will den Vorwurf mangelnder Zusammenarbeit nicht gelten lassen. Immerhin habe man eine Koordinierungsstelle beim BKA eingerichtet. „Schwerpunkte in einzelnen Ländern zu setzen, halten wir nicht für praktikabel”, heißt es beim BKA.

Anwalt: Die Forderung ist skandalös

Kritik am Vorstoß der DPolG kommt auch von Udo Vetter, Düsseldorfer Anwalt mit Schwerpunkt auf Internetkriminalität. „Die Forderung nach 2000 Internet-Polizisten ist skandalös, aufgeblasen und überzogen. Die Polizisten würden sich gegenseitig die Füße platt treten.” Die Beamten würden eher vor Ort, etwa in sozialen Brennpunkten, gebraucht. „Wir haben eine funktionierende Internet-Polizei”, so Vetter. „Das Internet ist kein Tatort, sondern ein Medium. Der Tatort ist, wo der Täter ist.” Das Netz sei kein rechtsfreier Raum, verdeutlicht der Anwalt: „Die Gesetze, die wir im wirklichen Leben haben, gelten auch im Netz.”