Berlin. Rechtsextreme nutzen für ihre Propaganda immer häufiger das Internet und sprechen dabei gezielt Jugendliche an. Dass Neonazis hinter den bunten Inhalten stecken, ist oft nicht erkennbar. Aus NRW kommen die meisten Angebote.

Neonazis nutzen das Internet immer intensiver und geschickter, um ihre rechtradikalen Botschaften an Jugendliche heranzutragen. Allein im Jahr 2008 verdoppelten sich die ausgespürten rechtsextremen Beiträge im Netz auf mehr als 1500. Ein Schwerpunkt der Internetaktivitäten geht von NRW aus. Das geht aus der am Freitag vorgestellten aktuellen Untersuchung von jugendschutz.net hervor. Jugendschutz.net wird getragen von den Jugendministerien der Bundesländer und von der Bundeszentrale für politische Bildung.

"Sie nutzen die Möglichkeiten des Web 2.0, um menschenverachtende Inhalte zu verbreiten und Jugendliche mit Videos und Musik zu ködern", sagte am Freitag Stefan Glaser, Leiter des Arbeitsbereichs Rechtsextremismus von jugendschutz.net. Neonazis gründeten soziale Netzwerke für Gleichgesinnte im Internet, in denen sie ungehindert gegen Minderheiten hetzen und demokratiefeindliche Thesen verbreiten könnten.

Symbole aus der Jugendszene

Im Jahr 2008 spürte jugendschutz.net im Internet 1707 Szene-Websites auf, so viele wie noch nie seit Beginn der Arbeit im Jahr 2003. Dabei gingen die Neonazis immer geschickter und professioneller vor, sagte Glaser. Ein Trend ziehe sich durch alle Bereiche: Rechtsextreme sprächen mit bunten Websites, Symbolen aus verschieden Jugendszenen und griffigen Slogans vor allem junge Internetsurfer an. Verstärkt werden professionell gemachte Videos eingesetzt und aktuelle Musik eingespielt. Glaser: "Für Neonazis sind Videos und Musik inzwischen das Propagandainstrument Nummer Eins."

Vielfach versteckten sich Rechtsverdächtige hinter neutralen oder sogar der linken Szene zuzuordnenden Symbolen. Angeboten werden aber auch Stundenpläne für Schüler, Vorlagen für Sprayer und Verkaufsplätze für Devotionalien aus der Neonaziszene.

Intensiv genutzt wird das Internet auch von rechtsradikalen Kameradschaften, die sich unter anderem mit Freizeitangeboten an die Jugendlichen wenden. Von den 321 im Jahr 2008 dokumentierten Websites stammten die meisten (51) aus NRW. Besonders aktiv waren die Kameradschaften auch in Niedersachsen und Bayern mit 23 und 22 Internetangeboten.

Nach wie vor im Internet vertreten ist auch die NPD mit 190 Websites. Die meisten NPD-Angebote kamen wiederum mit 30 Seiten aus NRW vor Bayern (29) und Sachsen mit 27 Seiten. Laut jugendschutz.net sind auch die NPD-Website immer besser gemacht und bieten Links zu zahlreichen rechtsradikalen Inhalten. Jugendschutz.net geht daher von einem regelrechten Neonazi-Netzwerk im Internet aus.

Wie beim Hase-und-Igel-Spiel

Wie beim Hase-und-Igel-Spiel gelingt es den Internet-Fahndern immer wieder, rechtsradikale Internetseiten sperren zu lassen. Das Geschäft wird aber schwieriger, weil sich die Neonazis immer besser tarnen und haarscharf entlang der Legalität bewegen und fast tägliche neue Internetportale eröffnen. Die meisten entdeckten Verstöße bezogen sich auf Hinweise auf verfassungswidrige Organisationen. Volksverherzende Aussagen fielen in 25 Prozent der Verstöße auf. Holocaust-Leugnungen spielten mit fünf Prozent nur eine geringe Rolle.

Gemeinsam mit Google/YouTube sei es 2008 gelungen, 1500 rechtsradikale Seiten und Inhalte sperren oder entfernen zu lassen. "Das sind 80 Prozent der auffälligen Seiten", zog Glaser eine Erfolgsbilanz. In zwei Fällen konnten sogar zwei neonazistische Download-Portale im Ausland komplett gelöscht werden.