Frankfurt/Main. Deutsche Konzerne leiden unter der zunehmenden Wirtschaftskriminalität. Der Schaden hat sich seit 2005 fast verdreifacht. Das zeigt eine aktuelle Studie. Die Unternehmen befürchten, dass die Gefahr durch die Wirtschaftskrise noch steigen wird.

Deutsche Konzerne werden immer härter durch Wirtschaftskriminalität getroffen. Betrug, Spionage oder Korruption fügte Großunternehmen in den vergangenen zwei Jahren im Schnitt pro Delikt einen Schaden von 4,3 Millionen Euro zu, wie aus einer am Donnerstag vorgestellten Studie der Beratungsgesellschaft PricewaterhouseCoopers (PwC) hervorgeht. Von 2005 bis 2007 hatte der Schaden im Schnitt noch bei 1,6 Millionen Euro gelegen.

Gut 40 Prozent der befragten Firmen fürchten, dass sich Wirtschaftskriminalität in der Krise zu einem noch größeren Problem auswachsen könnte. Dabei rechnen die Firmen vor allem mit einer Zunahme von Industriespionage oder Preisabsprachen. Knapp jedes dritte Unternehmen befürchtet zudem mehr Straftaten, weil die Beschäftigten in der Krise sich mehr um ihre Arbeitsplätze sorgten. Trotzdem wollten viele Unternehmen ihr Budget zur Abwehr von Straftaten in der Krise kaum erhöhen, einige wollten es sogar kürzen.

Gut die Hälfte der Täter stammen aus geschädigten Firmen

Rund 60 Prozent der großen Unternehmen in Deutschland wurde demnach von 2007 bis 2009 von Wirtschaftsstraftaten getroffen. Bei den meisten Fällen handelte es sich dabei um Betrug und Unterschlagung (41 Prozent), dahinter rangieren Wettbewerbsdelikte wie Spionage, Preisabsprachen oder Produktpiraterie (39 Prozent). Auf Korruption entfallen 13 Prozent der Wirtschaftsstraftaten. Der durchschnittliche Schaden bei Wettbewerbsdelikten lag mit im Schnitt 5,8 Millionen Euro aber deutlich über der Schadenshöhe anderer Straftaten.

Gut die Hälfte der Haupttäter stammt aus dem geschädigten Unternehmen selbst. Meist handelt es sich den Angaben zufolge dabei um Männer, die mehr als zehn Jahre dort arbeiten. Gut zwei Drittel der Straftaten werden dabei von Führungskräften begangen, knapp 30 Prozent der Delikte im Top-Management. Getrieben werden die meisten Täter der Studie zufolge von einer Mischung aus finanziellen Anreizen und mangelndem Unrechtsbewusstsein.

Ruf leidet erheblich

In den vergangenen beiden Jahren mussten sich aber weniger Täter als zuvor vor Gericht verantworten: Die Zahl der Strafanzeigen sank der Untersuchung zufolge von 61 auf 50 Prozent. Dabei werden demnach Täter aus dem Top-Management seltener angezeigt (33 Prozent) als mittlere Führungskräfte (49 Prozent) oder Beschäftigte ohne Führungsaufgaben (54 Prozent). Für ein Fünftel der überführten Top-Manager hatte die Straftat den Angaben zufolge gar keine Konsequenzen.

44 Prozent der betroffenen Unternehmen gaben an, ihr Ruf habe «erheblich» unter Wirtschaftskriminalität gelitten. Bei vielen Unternehmen nahm demnach zudem die Beziehung zu Geschäftspartnern und Behörden Schaden. Ein Drittel der Firmen nannte einen Rückgang der Arbeitsmoral als Folge. Ein Fünftel der betroffenen Firmen musste einen Rückgang des Aktienkurses hinnehmen.

Sieben von zehn Delikten wurden durch Tippgeber oder rein zufällig aufgedeckt. Systematisch kam nur wenig ans Licht: Polizei und Staatsanwaltschaft deckten acht Prozent der Fälle auf, die innere Revision 13 Prozent der Straftaten.

Für die Studie befragte PwC 500 deutsche Großunternehmen. Die Erhebung erfasst demnach alle Straftaten, die seit 2007 begangen wurden. Im Gegensatz zur Kriminalstatistik werden in der Studie auch solche Taten berücksichtigt, die nicht zur Anzeige gebracht worden waren. Um Verzerrungen zu vermeiden, blieben Straftaten mit einem Schaden von über 250 Millionen Euro außen vor. (afp)