Berlin. Die Freibeuter-Attacken vor Afrika zwingen deutsche Reeder zu Extraausgaben. Die Schifffahrts-Unternehmen fahren Ausweichrouten, zahlen höhere Versicherungspolicen und rüsten ihre Schiffe auf. Zudem fällt es immer schwerer, Seeleute für die gefährlichen Fahrten zu finden.

Die Piratenüberfälle am Horn von Afrika und auf anderen wichtigen Schifffahrtsrouten kommen die deutschen Reedereien teuer zu stehen. Die Unternehmen zahlen wegen des gestiegenen Risikos höhere Prämien für Versicherungen, fahren längere und teurere Ausweichrouten oder müssen mehr Geld für Sicherheitsmaßnahmen ausgeben, wie eine am Donnerstag vorgestellten Umfrage der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft PricewaterhouseCoopers (PwC) ergab.

Reedereien schließen Lösegeld-Policen ab

Demnach wurde bereits jede fünfte Schifffahrtsgesellschaft Opfer mindestens eines Seeräuberangriffs. Als Folge der andauernden Gefahr von Attacken müssen die Reedereien laut Umfrage höhere Versicherungsprämien zahlen. Einige Unternehmen schließen demnach zusätzliche Lösegeld-Policen ab, um auf Entführungen vorbereitet zu sein. Jede fünfte Reederei hat inzwischen Probleme, Seeleute für gefährliche Passagen zu finden.

Seit vergangenem Jahr häufen sich Angriffe von Piraten und Entführungen vor der somalischen Küste, im Golf von Aden und im Indischen Ozean. Seit Jahresbeginn wurden Dutzende Seemänner in der Region entführt und meist nach Somalia verschleppt. Derzeit befindet sich auch die 24-köpfige Mannschaft des deutschen Frachters «Hansa Stavanger» in den Händen von Piraten, unter den Geiseln sind fünf Deutsche.

Vorkehrungen gegen Piratenangriffe

Laut PwC-Umfrage treffen die Reedereien teure Vorkehrungen, um sich gegen Piratenüberfälle zu schützen. Bei jeder achten Reederei fahren in Risikogebieten Sicherheitskräfte mit. Jedes fünfte Unternehmen hat demnach weitere Abwehrmaßnahmen getroffen wie die Einführung von Verhaltensregeln für die Besatzung, die Installation von Bordkanonen oder den Einbau von abgeschotteten Räumen, die bei einer Kaperung sichere Zuflucht bieten sollen. Manche Reedereien umbauen zudem die Bordwände ihrer Schiffe mit Stacheldraht, um die normalerweise in kleinen Booten angreifenden Piraten abzuwehren. Nur zwei von zehn Reedern sind laut PwC-Umfrage der aber Ansicht, dass sie die Mehrkosten durch Preiserhöhungen zumindest teilweise ausgleichen können.

Zudem sind 98 Prozent der Befragten der Meinung, dass weder die von ihnen getroffenen Schutzmaßnahmen noch die Einsätze der Marinen einzelner Länder das Piraterie-Problem aus der Welt schaffen können. Die Bundeswehr ist an dem Anti-Piraten-Einsatz «Atalanta» der EU beteiligt.

Die Krise trifft auch die Schifffahrt

Die Situation der Schiffseigner verschärft sich laut PwC-Studie auch durch die Folgen der Wirtschaftskrise. Zwei Drittel der Befragten gaben an, von der weltweiten Rezession betroffen zu sein. Gut jedes dritte Unternehmen habe Schiffe vorübergehend außer Dienst gestellt. Aufträge für den Bau neuer Schiffe haben demnach 30 Prozent der Reedereien verschoben oder storniert. Fast jede fünfte Schifffahrtsgesellschaft habe Mitarbeiter entlassen, heißt es in der Studie.

Die Reeder beklagen zudem die Zurückhaltung der Banken bei der Kreditvergabe: Mehr als 80 Prozent mussten laut PwC ihr Finanzierungskonzept ändern. Für die Finanzierung von Schiffen zahlen 41 Prozent der Reeder höhere Zinsen als vor Beginn der Krise, von jedem fünften verlangten die Banken nachträglich zusätzliche Sicherheiten. Bei 15 Prozent der Befragten wurden zugesagte Kredite wieder zurückgezogen.

An der Umfrage beteiligten sich 101 Reedereien. Sie decken laut PwC mit zusammen rund 3500 Hochseeschiffen und rund 70.000 Mitarbeitern an Land und auf See einen großen Teil des deutschen Schifffahrtsmarktes ab. (afp)

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