Mogadishu. Für die Freilgabe des deutschen Frachters "MV Victoria" haben somalische Piraten nach eigenen Angaben ein hohes Lösegeld erhalten. Die Rede ist von 1,8 Millionen Dollar - das entspricht rund 1,3 Millionen Euro. Das Auswärtige Amt bestätigte die Freilassung der Seeleute.

Nach gut zwei Monaten in der Gewalt von somalischen Piraten ist das deutsche Frachtschiff «MV Victoria» wieder frei. Das bestätigte das Auswärtige Amt am Samstag in Berlin. Der Anführer der Piraten sagten der Nachrichtenagentur AFP, das im Golf von Aden gekaperte Schiff sei gegen die Zahlung eines Lösegelds von 1,8 Millionen Dollar (1,3 Millionen Euro) freigekommen.

Die «MV Victoria» sei frei und habe sich auf den Weg gemacht, sagte ein Sprecher des Auswärtigen Amtes. Deutsche waren ihm zufolge nicht an Bord. Piratenanführer Mohammed Abdi sagte der AFP von der als Piraten-Rückzugsort bekannte somalische Stadt Eyl aus, seine Gruppe habe in der Nacht ein deutsches Schiff und dessen Besatzung freigelassen. Zuvor habe sie ein Lösegeld von 1,8 Millionen Dollar erhalten. Mehrere örtliche Stammesführer bestätigten die Freilassung des Schiffes, zu einer Lösegeldzahlung konnten sie keine Angaben machen.

Kein Kommentar der Reederei

Die «MV Victoria» fuhr unter der Flagge des Karibikstaates Antigua und Barbuda, als sie Anfang Mai 75 Kilometer südlich vom jemenitischen Hafen El Mukalla von Piraten überfallen wurde. An Bord des Schiffs mit gut 7400 Bruttoregistertonnen waren elf Besatzungsmitglieder, bei denen es sich laut Medienberichten um Rumänen handelte. Die «MV Victoria» wird von der deutschen Reederei Intersee in Weedendamm betrieben und gehört der MS «Victoria» Schiffahrtsgesellschaft mbH & Co. in Weedendamm. Die Intersee wollte sich zunächst nicht zu der Freilassung des Schiffes äußern.

Weiterhin in der Gewalt von Piraten ist der deutsche Frachter «Hansa Stavanger», der Anfang April gekapert worden war. Zu den 24 Besatzungsmitgliedern zählen fünf Deutsche. Ein Einsatz der GSG 9 zur Befreiung des Frachters war Ende April wegen zu hoher Risiken abgeblasen worden.

Kapitänsfrau will Reederei anzeigen

Die Ehefrau des Kapitäns der «Hansa Stavanger» will laut einem «Spiegel"-Bericht die Hamburger Reederei Leonhardt & Blumberg wegen unterlassener Hilfeleistung anzeigen. Das Unternehmen feilsche extrem hart um das Lösegeld und bewege sich nicht mehr, sagte sie dem Nachrichtenmagazin, das den Namen der Frau nicht nannte. Firmenchef Frank Leonhardt wollte sich laut «Spiegel» zu den Verhandlungen mit den Piraten nicht äußern. Vor zwei Wochen hatte der «Spiegel» berichtet, die Lage der «Hansa Stavanger"-Besatzung sei dramatisch. Es fehle an Bord an Wasser, Essen und Medikamenten.

Die deutsche Reedereibranche streitet derweil weiter um die richtige Taktik gegen somalische Piraten. Der Verband Deutscher Reeder (VDR) hatte der Bundesregierung vorgeschlagen, Soldaten auf besonders gefährdeten Schiffen mitfahren zu lassen. Dies lehnte nach dem Verteidigungsministerium nun auch Karlheinz Römer vom Verband Deutscher Kapitäne und Schiffsoffiziere ab. Die Gefahr für die Mannschaften wäre bei Gefechten zu groß, sagte er dem «Spiegel».

Doppelt so viele Piratenüberfälle

Den Vorwurf des Verteidigungsministeriums, die meisten Schiffe würden nicht auf die geschützten Konvois durch Piraten-Reviere warten, konterte der VDR. Es gebe oft organisatorische Probleme und die Kommunikation mit den Kriegsschiffen sei schwierig, erklärte der Verband laut «Spiegel».

Laut einem Bericht des International Maritime Bureau (IMB) von Mittwoch hat sich die Zahl der weltweiten Piratenüberfälle in der ersten Jahreshälfte 2009 im Vergleich zum Vorjahr mehr als verdoppelt. Die Zahl stieg demnach von 114 auf 240 Angriffe. (afp)