Hamburg. Der Besatzung der "Hansa Stavanger" geht es den Umständen entsprechend gut. In einer Pressekonferenz rechtfertigte die Reederei am Dienstag die monatelangen Verhandlungen mit den Piraten. Unterdessen sichert die Bundeswehr an Bord des Schiffes Spuren für die Strafverfolgung.
Nach der Freilassung des Frachters «Hansa Stavanger» hat die Hamburger Reederei Leonhardt und Blumberg die monatelange Dauer der Lösegeldverhandlungen mit den Piraten gerechtfertigt. «Einem solchen Gegner muss mit besonnenem statt mit übereiltem Handeln begegnet werden», sagte Geschäftsführer Frank Leonhardt am Dienstag in der Hansestadt. Bei den Piraten handele es sich um «skrupellose Kriminelle» und unzuverlässige Gesprächspartner. «Viele Aussagen der Gegenseite waren wenige Stunden später schon nichts mehr wert.» Das habe eine Lösung erschwert und viel wertvolle Zeit gekostet. Zu Einzelheiten der Freilassung oder zur Höhe des Lösegelds äußerte Leonhardt sich nicht.
Angesichts der vier Monate, die Schiff und Crew von den somalischen Seeräubern festgehalten worden waren, sprach Leonhardt von einer «schier unerträglich langen Zeit» für die Besatzungsmitglieder und deren Angehörige. «Keiner von uns vermag sich vorzustellen, welche unzumutbare seelische Belastung das gewesen ist.»
Marinearzt: Besatzungsmitgliedern gehe es den Umständen entsprechend gut
Telefongesprächen mit dem deutschen Kapitän sowie mit weiteren Besatzungsmitgliedern zufolge gehe es allen Seeleuten «den Umständen entsprechend gut», auch ein Marinearzt an Bord habe inzwischen die «stabile Gesundheit der Seeleute» bestätigt, sagte Leonhardt. Sollten diese aber psychologische Betreuung brauchen oder wünschen, werde die Reederei dies unterstützen. Auch das Bundesverteidigungsministerium teilte am Dienstag in Berlin mit: «Es gibt keine Verletzten und keine medizinische Notlage.»
Die «Hansa Stavanger» befand sich am Dienstag - begleitet von zwei Schiffen der deutschen Marine - auf dem Weg in das kenianische Mombasa. Dort werde der Frachter am Donnerstag oder spätestens Freitagmorgen erwartet, sagte der Prokurist der Reederei, Christian Rychly. Hintergrund der langen Fahrt sei ein «erheblicher Bewuchs am Unterboden» aus Muscheln und Algen, der sich während der zuletzt längeren Liegezeit gebildet habe und das Schiff deutlich verlangsame. In Mombasa würden Mitarbeiter der Reederei ihre Kollegen in Empfang nehmen und dafür sorgen, dass die Crew-Mitglieder sich entweder in einem Hotel erst einmal von den Strapazen erholen oder direkt in ihre Heimatländer weiterreisen könnten.
Feldjäger sichern Spuren
An Bord der «Hansa Stavanger» fanden die Bundeswehrsoldaten laut Verteidigungsministerium «größere Mengen Patronenhülsen und Blindgänger». Experten der Marine sollten demnach am Dienstag eine Bestandsaufnahme machen, während Feldjäger Spuren für eine mögliche Strafverfolgung sicherten. Nach Angaben des Verteidigungsministeriums wurden Schiff und Besatzung «von Beginn der Geisellage an permanent mit mindestens einem Schiff und einem Seeaufklärer der Marine beschattet».
Der unter deutscher Flagge fahrende 21.000-Tonnen-Frachter war am 4. April von Norden kommend in Richtung Kenia und Tansania unterwegs gewesen, als die Piraten ihn kaperten. Zu der 24-köpfigen Crew gehören fünf Deutsche sowie Seeleute von der südpazifischen Inselgruppe Tuvalu, aus Russland, der Ukraine und von den Philippinen. Nach der Übergabe von Lösegeld - nach Angaben aus Sicherheitskreisen 2,75 Millionen US-Dollar (mehr als 1,9 Millionen Euro) - an die Piraten waren Schiff und Besatzung am Montag freigekommen. (afp)