Washington. . Sexismus-Vorwürfe handelte sich US-Präsident Barack Obama ein, als er Kamala Harris als „bestaussehende Generalstaatsanwältin“ Amerikas bezeichnete. Jetzt rudert Obama zurück: “Der Präsident anerkennt völlig die Herausforderungen, denen sich Frauen am Arbeitsplatz ausgesetzt sehen.“
Darf der Präsident öffentlich eine schöne Frau eine schöne Frau nennen? Im diesbezüglich hochneurotischen Amerika gehen die Meinungen darüber auseinander. Einerseits ist das Publikum an außereheliches Schürzenjägertum im Weißen Haus von Kennedy bis Clinton gewöhnt. Andererseits landen immer noch männliche Komplimente über weibliche Kleidung, oder Figur vor dem Schadensersatz-Richter, weil darin Spuren sexueller Belästigung erkannt werden. Obama hat sich vorsichtshalber schon mal entschuldigt. Für ein Kompliment. Man weiß ja nie. Der Reihe nach. . .
Bei einem Staatsbankett saß Jonathan Capeheart von der „Washington Post“ unlängst im Weißen Haus zusammen mit einer Frau am Tisch und war beeindruckt. Seit diesem Wochenende spricht ganz Amerika über Kamala Harris. 48 Jahre alt. Tochter einer indischen Krebsspezialistin und eines jamaikanischen Professors. Und Generalstaatsanwältin des Bundesstaates Kalifornien. Capeheart kommt später als Kronzeuge zu Wort.
Kompliment ruft Vorwürfe hervor
Bei einer seiner einträglichen Geldeintreiber-Veranstaltungen (Fundraiser) in Kalifornien hatte Obama Kamala Harris letzte Woche als „brillante“, „hingebungsvoll“ arbeitende und „zähe“ Staatsanwältin gelobt. Um danach in seinem typisch jovial-augenzwinkernden Ton anzufügen, dass sie auch die „bei weitem bestaussehende Generalstaatsanwältin“ Amerikas sei. Als das Publikum schmunzelte, legte er eins drauf: „Kommt Leute, das ist die Wahrheit.“ Die fand binnen Minuten Eingang in die Medien. Auf Twitter und Facebook fiel das Fallbeil der Erregung besonders schnell. „Sexistisch und dumm“, urteilte ein Web-Magazin.
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In der gedruckten öffentlichen Meinung setzte Catherine Poe von der „Washington Times“ die erste Wegmarke für politische Korrektheit. Obama sei letztlich Harris‘ Boss. „Und Chefs, die flirten, überschreiten die rote Linie.“ Um den Unterschied klar zu machen, konstruierte Poe ein Beispiel: „Stellt euch vor, Hillary Clinton ist Präsidentin und nennt den Generalstaatsanwalt von Maryland, Doug Gansler, einen hübschen Knaben.“ Poe verzichtete auf die Forderung nach einem Amtsenthebungsverfahren. Die Schimpfe, die Obama für das Herausstellen körperlicher Vorzüge gewiss daheim von Frau und Töchtern bekomme, sei Strafe genug.
Präsident bekommt auch Unterstützung
Irrtum. Die Präsidentin-Gattin hat durch einen Versprecher in einem Interview, in dem sie sich als „alleinerziehende Mutter“ bezeichnete, gerade selbst genug Probleme. Außerdem, sagen Eingeweihte des „Time“-Magazins, weiß sie, dass Kamala Harris seit Jahren eine politische Wegbegleiterin Obamas ist und ihn auf dem Demokraten-Parteitag im vergangenen Sommer beeindruckend am Rednerpult unterstützt hat. Zumal das weibliche Kommentariat nicht einheitlich auf Kriegspfad ist. Robin Abcarian von der „Los Angeles Times“ stellte fest, dass Kalifornien etliche „wahnsinnig gut aussehende Entscheidungsträger“ zu bieten hat. „Ist der Präsident ein Sexist, wenn er lediglich das Offensichtliche beschreibt?“
Wissend um die zerstörerische Kraft der Medienwalze und die Sprengkraft feministischer Debatten, entschied sich das Weiße Haus gleichwohl für Schadensbegrenzung. „Der Präsident anerkennt völlig die Herausforderungen, denen sich Frauen am Arbeitsplatz ausgesetzt sehen und dass sie nicht ihrem Aussehen nach beurteilt werden sollten“, erklärte Präsidentensprecher Jay Carney. Der Präsident bedauere, dass seine Äußerungen „eine Verstörung ausgelöst haben“.
Verstört ist auch Jonathan Capeheart. Der Mann von der „Washington Post“, der einen Abend lang mit Kamala Harris zu Tisch sitzen durfte. Obamas Urteil ist seiner Ansicht nach nichts anders als das: „Gottes ehrliche Wahrheit.“