Berlin. . Die Debatte um Sexismus-Vorwürfe gegen den FDP-Politiker Rainer Brüderle hat sich zu einer breiten Diskussion über den Umgang mit sexueller Belästigung ausgeweitet. Die Antidiskriminierungsstelle des Bundes verzeichnet mehr gemeldeten Vorfälle. Auch die #Aufschrei-Debatte auf Twitter läuft weiter.

Angesichts der Sexismus-Debatte um FDP-Fraktionschef Rainer Brüderle verzeichnet die Antidiskriminierungsstelle des Bundes nach eigenen Angaben ein deutliches Plus bei den Meldungen derartiger Vorfälle. Die Zahl betroffener Frauen, die sich an die Stelle wenden, sei seit der Veröffentlichung des Presseberichts über Brüderle spürbar gestiegen, sagte der Sprecher der Einrichtung, Sebastian Bickerich, am Montag in Berlin. Seinen Angaben zufolge hatte sich bislang insgesamt nur eine "niedrig dreistellige Zahl" von Frauen an die Antidiskriminierungsstelle gewandt, die 2006 gebildet worden war.

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"Offensichtlich fühlen sich mehr Frauen ermutigt, über Erfahrungen mit sexueller Belästigung zu sprechen", sagte die Leiterin der Antidiskriminierungsstelle, Christine Lüders, der Berliner Tageszeitung "Welt" (Dienstagsausgabe) mit Blick auf die aktuelle Entwicklung. "Das zeigt, dass es sehr wichtig ist, Themen wie Diskriminierungen am Arbeitsplatz breit zu diskutieren."

Was Frauen im Job nach sexuellen Übergriffen tun sollten

Lüders sprach von einer sehr hohen "Dunkelziffer". Im Job trauten sich viele Frauen nicht, gegen ihre eigenen Kollegen oder Kunden vorzugehen. "Dafür spricht auch, dass kaum Fälle vor Gericht landen." Lüders empfahl Betroffenen, Gedächtnisprotokoll zu führen und sich mit Kolleginnen zusammenzuschließen. Außerdem sollten sie sich Hilfe holen. Die Frauen könnten sich an den Arbeitgeber wenden, "der die Pflicht hat, die betroffenen Beschäftigten vor sexueller Belästigung zu schützen". Wenn das nicht helfe, könnten sich die Frauen an eine Einrichtung wie die Antidiskriminierungsstelle des Bundes wenden.

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SPD-Kanzlerkandidat Peer Steinbrück hat sich zurückhaltend zu den Sexismus-Vorwürfen gegen FDP-Fraktionschef Rainer Brüderle geäußert. Da Brüderle sich hierzu bisher nicht selbst geäußert habe, wolle er den Sachverhalt nicht kommentieren, sagte Steinbrück am Montag in Potsdam. Generell gelte: "Jede Art von sexueller Belästigung ist nicht hinnehmbar."

Eine Journalistin des Magazins "Stern" hatte in der vergangenen Woche in einem Artikel berichtet, dass der FDP-Politiker Brüderle ihr am Rande des Dreikönigstreffens vor einem Jahr mit anzüglichen Bemerkungen zu nahe gekommen sei. Sie erwähnte darin auch andere Gelegenheiten, bei denen Brüderle durch sexistische Bemerkungen aufgefallen sei. (afp/dapd/dpa)