Paris. Eine tragische Verkettung von menschlichen und technischen Fehlern hat im Juni 2009 zum Absturz der Air-France-Maschine über dem Atlantik geführt. Zu diesem Ergebnis kommt der Abschlussbericht zum Absturz, der am Donnerstag vorgestellt wurde. Die Gutachter empfehlen eine bessere Pilotenausbildung.
Es herrschten schwere Turbulenzen mitten in der Nacht über dem Atlantik, die Geschwindigkeitsmessung des Airbus A330 fiel aus und die Piloten reagierten falsch. Das ist die Kurzfassung des Abschlussberichts der französischen Luftfahrtermittlungsbehörde (BEA) zur Absturzursache der Air-France-Maschine vor drei Jahren über dem Atlantik. Alle 228 Flugzeuginsassen starben am 1. Juni 2009, darunter auch 28 Deutsche.
"Ich bin ein bisschen enttäuscht", sagte die Deutsche Barbara Crolow, die bei dem Unglück ihren Sohn verlor, nachdem die BEA den Angehörigen die Grundzüge ihres Berichts erläutert hatte. Ihr und anderen Angehörigen zielt das Abschlussdokument zu sehr auf die Pilotenfehler. Mithilfe der Flugschreiber, die vor gut einem Jahr geborgen wurde, konnte die BEA die letzten vier Minuten des Fluges AF447 rekonstruieren.
Sensoren vereisten in 11.000 Metern Höhe
Danach vereisten in 11.000 Metern Höhe die Sensoren und machten damit eine Geschwindigkeitsmessung unmöglich. Die beiden Ko-Piloten, die sich zu dem Zeitpunkt im Cockpit befanden, hatten keine Ausbildung für eine solche Extremsituation. Sie richteten sich deshalb nach den offenbar falschen Anweisungen der Bordgeräte. Das Ergebnis: die Maschine schwankte um bis zu 40 Grad hin und her und stürzte dann praktisch wie ein Stein ins Meer. Die Leichen wurden erst im vergangenen Jahr vom Meeresgrund geholt und identifiziert.
"Die Besatzung war in der Lage praktisch völlig verloren", sagte BEA-Ermittlungsleiter Alain Bouillard. Seine Behörde empfiehlt nun, die Pilotenausbildung zu verbessern und solche Situationen mit einzubeziehen. 25 solcher neuer Sicherheitsempfehlungen gab die BEA zusammen mit ihrem Abschlussbericht heraus, acht allein zur Pilotenausbildung.
Airbus will die Empfehlungen umsetzen
Der europäische Flugzeugbauer Airbus versicherte prompt, dass er die Empfehlungen der BEA auch umsetzen werde. Für ihn und die angeschlagene französische Fluggesellschaft Air France geht es auch um handfeste wirtschaftliche Interessen. Seit Frühjahr 2011 ermittelt die französische Justiz gegen die beiden Unternehmen wegen fahrlässiger Tötung.
Immerhin gab es bereits vor der Katastrophe zahlreiche Pannen bei der Geschwindigkeitsmessung der Airbus-Maschinen, auf die der BEA-Abschlussbericht allerdings nicht eingeht. Dafür greift ein zweiter juristischer Bericht diesen Schwachpunkt auf. Ein 356 Seiten langes Dokument, das Untersuchungsrichterin Silvia Zimmermann in Auftrag gab, berichtet von Problemen mit den Sensoren, die es seit 2004 gegeben habe. Doch die Europäische Agentur für Flugsicherheit (EASA) habe es nicht für nötig gehalten, etwas dagegen zu unternehmen, heißt es in dem am Mittwoch bekanntgewordenen Papier.
Hinterbliebene beklagen veraltete Geschwindigkeitsanzeigen.
"War es für die Verantwortlichen wirklich nicht möglich vorherzusehen, dass die veralteten und unzuverlässigen Geschwindigkeitsanzeigen beim Durchfliegen der berüchtigten Gewitterzonen am Äquator das Schutzsystem des Airbus abschalten und die Piloten in eine manuell äußerst schwierig zu steuernde Situation bringen würden?", fragt deshalb die deutsche Angehörigenvereinigung HIOP.
Für die Hinterbliebenen ist es nun wichtig, dass ein solches Unglück in Zukunft verhindert wird. "Das Drama des Flugs AF447 war kein Zufall. Es war vermeidbar und darf sich nie mehr wiederholen", fordert HIOP. (afp)