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Offiziell soll das Rätsel um den Absturz der Air-France-Maschine im Atlantik erst Ende Juni geklärt sein. Aber schon jetzt gibt es erste Erkenntnisse, dass die Verkettung von technischen und menschlichen Fehlern zu der Katastrophe führte, der 228 Menschen zum Opfer fielen. Und niemand weiß, wo der Pilot vor dem Absturz war.

In Rio de Janeiro hatte der Airbus A 330-200 der französischen Fluglinie Air France am 1. Juni 2009 ohne Probleme abgehoben. Doch kurz danach verschwand Flug AF 447 noch vor der brasilianischen Küste von den Radarschirmen. Auf der Meeresoberfläche des Südatlantiks bargen Rettungskräfte später 50 Leichen. Keiner der 228 Passagiere, unter ihnen auch 28 Deutsche, hatte überlebt. Niemand konnte erklären, weshalb das Flugzeug abgestürzt war. Techniker und Angehörige blieben ohne Antwort auf die Frage, warum die Insassen nicht sicher auf ihrem Zielflughafen in Paris landeten.

Hoffnung kam auf, als vor zwei Wochen am Meeresboden Flugdatenschreiber und Stimmenrekorder geborgen wurden. In diesen Geräten soll klar dokumentiert sein, dass der Pilot Marc Dubois gar nicht im Cockpit saß, als Probleme auftraten, berichtet der „Spiegel“ in seiner jüngsten Ausgabe. Das Hamburger Nachrichtenmagazin beruft sich auf einen Experten aus dem Umfeld der Ermittler.

Letzte Versuche das Flugzeug noch zu retten

Auf den Tonaufnahmen des Stimmenrekorders soll demnach zu hören sein, wie der 58 Jahre alte Pilot ins Cockpit stürzte, als es offenbar Schwierigkeiten mit dem Airbus gab: „Er hat seinen beiden Kopiloten noch Anweisungen zugerufen, um den Flieger zu retten“, zitiert der „Spiegel“ den ungenannten Informanten.

Ursächlich dürfte die Abwesenheit des Chefpiloten für die Katastrophe aber nicht gewesen sein. Offenbar stimmt auch nicht die bislang verbreitete Spekulation, die Maschine sei von den Piloten direkt in ein Unwettergebiet gesteuert worden. Die Daten des Flugschreibers sollen nämlich zeigen, dass der Airbus an den stärksten Turbulenzen vorbeigelenkt wurde. Laut „Spiegel“ hat die „Black Box“ der Air-France-Maschine keine schlimmeren Turbulenzen aufgezeichnet.

Dafür dokumentiert sie ein weiteres, weit gravierenderes Problem. Eiskristalle aus der Unwetterfront sollen die Geschwindigkeitsmesser blockiert haben, die dadurch ausfielen. Die Folgen waren fatal, sagt der Informant: „Der Datenschreiber verzeichnet kurz nach dem Ausfall der Geschwindigkeitsmesser ein steiles Hochziehen der Maschine.“ Piloten wissen, was dann passieren kann: An den Tragflächen reißt die Strömung ab, die das Flugzeug trägt, die Maschine stürzt ab. Die Ermittler haben aber noch keine Erklärung für das gefährliche Flugmanöver. Eine Variante: Die Piloten selbst rissen die Maschine hoch. Möglich ist aber auch, dass der Steuerungscomputer eingriff, ohne dass die Piloten darauf Einfluss genommen hätten.

Airbus selbst wollte die Informationen laut „Spiegel“ nicht kommentieren, weil es sich um ein laufendes Ermittlungsverfahren handele. Ein Air-France-Sprecher meinte, für einen Absturz sei fast nie nur ein einziges Ereignis verantwortlich. Ursächlich sei meist die Verkettung mehrerer Fehler. Der französische Verkehrsstaatssekretär Thierry Mariani hatte vor wenigen Tagen erklärt, die Auswertung der Flugschreiberdaten läge bereits Ende Juni vor. Erste Hinweise zeigten aber, dass der Airbus keine technischen Mängel aufgewiesen habe.