Essen. Nach den Wahlen ist vor den Wahlen. Von Berlin nach Düsseldorf: Was bedeutet der Start der neuen Bundesregierung für die Landesregierung in NRW? Der Ministerpräsident kann durchaus zufrieden mit dem Ergebnis sein.
Für Jürgen Rüttgers ist die Sache glimpflich verlaufen. Schwarz-Gelb in Berlin rollt Schwarz-Gelb in Düsseldorf keine Felsbrocken in den Weg. Dass dies geschehen könnte, war Rüttgers' größte Sorge. Nun bleiben soziale Grausamkeiten, jedenfalls solche, die sich skandalisieren ließen, im Wesentlichen aus, im Gegenteil: Ein (geringer) Teil der Hartz-Vier-Empfänger und Familien zählen zu den Gewinnern der Veranstaltung in der Bundeshauptstadt.
Rheinländer und Niederrheiner in der Spitze
Auch beim Personal hätte es für den NRW-Regierungschef schlimmer kommen können. Nachdem Nordrhein-Westfalen bei der letzten Regierungsbildung leer ausgegangen ist, können nun vor allem Rheinländer und Niederrheiner zeigen, was sie können. Ronald Pofalla aus Kleve als wichtigster Regierungsmanager, das heißt aber auch: Von nun an wird man ihn in der Öffentlichkeit kaum noch sehen, (leider) auch seine Familie und die Kinder nicht. Kanzleramtsminister sind immer im Dienst.
Spannend wird die Berufung des Meckenheimers Norbert Röttgen zum Umweltminister. Zum ersten Mal in der bundesrepublikanischen Geschichte übernimmt ein Neoliberaler das Umweltressort, das sich in den 25 Jahren seines Bestehens vor allem über staatliche Regulierungen definierte. Wie wird Röttgen Globalisierung und Klimaschutz unter eine Haube bringen?
Der Miterfinder der Pizza-Connection
Typisch Angela Merkel ist die Nominierung des Neussers Hermann Gröhe zum Generalsekretär. Ein Mann der leisen Töne, einhundertprozentig loyal, evangelisch wie Merkel selbst, und: Miterfinder der schwarz-grünen Pizza-Connection, was damals in Bonn quasi revolutionär war, als die Union noch als konservativ galt. Von Guido Westerwelles Berufung zum Außenminister wird Rüttgers' Koalitionspartner FDP profitieren wollen: Westerwelle kommt aus Bonn. Wobei für alle gilt: Nur der Erfolg sorgt für Erfolg.
Schließlich muss Rüttgers keinen Minister nach Berlin abgeben. Weder den schwarzgrünen Integrationsminister Laschet noch den schwarzroten Arbeitsminister Laumann. Und letztendlich wird Rüttgers zu nutzen wissen, dass Schwarz-Gelb in Berlin holpriger und uninspirierter an den Start geht, als es in Düsseldorf bislang unterm Strich Regierungspraxis ist.