Berlin. Der künftige Bundesgesundheitsminister und FDP-Hoffnungsträger Philipp Rösler ist die Überraschung im neuen schwarz-gelben Kabinett. Der 36-jährige Arzt sieht seine Berufung als Beweis für Weltoffenheit und Toleranz in Deutschland. Er ist gebürtiger Vietnamese und wurde als Baby adoptiert.

Der künftige Bundesgesundheitsminister Philipp Rösler (FDP) sieht seine Berufung in das schwarz-gelbe Kabinett als Beweis für Weltoffenheit und Toleranz in Deutschland. «Dass ich jetzt Minister werde zeigt, dass wir ein liberales, weltoffenes und tolerantes Land sind», sagte Rösler der «Bild am Sonntag». Rösler wurde in Vietnam geboren und kam im Jahr nach seiner Geburt nach Deutschland, wo er von einer Familie adoptiert wurde. Auf die Frage nach seinen Gefühlen nach der Nominierung zum Minister sagte das mit 36 Jahren jüngste Kabinettsmitglied: «Ein bisschen schwindelig ist mir schon.»

Der künftige Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) ist unterdessen froh, durch die Nominierung Röslers die Rolle als Jungstar der Regierung loswerden zu können. Auf die Frage, ob er angesichts der Berufung von Rösler erleichtert sei, die Rolle des Shooting-Stars los zu sein, sagte Guttenberg derselben Zeitung: «Dieses Rollenverständnis hatte ich nie! Und wenn sich das jetzt auch in der Öffentlichkeit etwas relativiert, ist das nur positiv.»

Guttenberg bestritt dem Bericht zufolge nicht, dass er während der Regierungsbildung die Wahl zwischen Verteidigungs- und Innenministerium hatte. Er wies den Vorwurf einer Schwächung der CSU im neuen Kabinett zurück: «Verteidigung ist ein Top-Ressort und hat eine außerordentlich wichtige Bedeutung für unser Land.»

Westerwelle lobt "neuen Schwung"

Eine ähnlich steile Karriere wie dem CSU-Star Guttenberg trauen die FDP-Strategen um Chef Guido Westerwelle auch dem frisch wirkenden, unverbrauchten Rösler zu. Der niedersächsische Wirtschaftsminister gilt als unabhängiger, gradliniger Mann, der Konflikte und klare Worte nicht scheut. Die wird er brauchen, um in dem Interessengeflecht aus Lobbyvertretern, Versicherungen, Ärzten und Pharmaindustrie seine geplante Gesundheitsreform durchzusetzen - und trotzdem in der Beliebtsheitsskala nach oben durchzustarten.

«Er hat genau den neuen Schwung, den man in der alten verkorksten Gesundheitspolitik braucht, um ein besseres Ergebnis zu erreichen», lobte Westerwelle dann auch am Samstag nach der offiziellen Bestätigung des bundespolitischen Novizen als Minister. Und Rösler fügte selbstbewusst hinzu, der Systemwechsel sei eindeutig im Koalitionsvertrag beschrieben. Er gehe davon aus, dass die Union dies so mitrage.

Rösler wollte nicht in Bundespolitik

Eigentlich wollte Rösler gar nicht in die Bundespolitik. Er fühle sich in Hannover sehr wohl, erklärte er mehrfach. Sein Platz sei in Niedersachsen bei seinen ein Jahr alten Zwillingen und seiner Frau. Dem Druck Westerwelles konnte er dann aber doch nicht standhalten.

Erst im Februar war Rösler als Wirtschaftsminister in das Landeskabinett in Hannover eingezogen. Das Mitglied im Zentralkomitee der Katholiken wurde Nachfolger seines Parteifreundes Walter Hirche, der sich aus Altersgründen zurückzog. Bis dahin hatte er auch den Vorsitz der FDP-Landtagsfraktion inne.

Rösler hat einen bemerkenswerten Lebenslauf: Er wurde im Februar 1973 in Vietnam geboren und als neun Monate altes Baby von seinen deutschen Eltern adoptiert. Er wuchs in Hamburg, Bückeburg und Hannover auf. An der Medizinischen Hochschule Hannover absolvierte er auch sein Studium und wurde danach Sanitätsoffizier bei der Bundeswehr.

Mit 45 Politikausstieg geplant

Der FDP gehört Rösler seit 1992 an. Binnen vier Jahren stieg er in der Partei zum niedersächsischen Landeschef der Jungen Liberalen auf. Weitere vier Jahre später, im Jahr 2000, wurde Rösler von Hirche zum Generalsekretär der niedersächsischen FDP berufen. Als die FDP 2003 in den niedersächsischen Landtag zurückkehrte und dort eine Koalition mit der CDU bilden konnte, übernahm Rösler den Vorsitz der Landtagsfraktion. Er gehört seit 2005 auch dem Bundespräsidium seiner Partei an.

Fraglich ist, ob Rösler ein mittlerweile sechs Jahre altes Versprechen einhalten kann. Mit 45 Jahren wolle er aus der Politik aussteigen, hatte er nach dem Einzug der FDP in den niedersächsischen Landtag erklärt. Das wäre im Februar 2018. (ap/afp)