Witten. Der Industriekonzern ZF wollte in Witten massiv Stellen abbauen. Nun gibt es einen Fahrplan für die Zukunft - mit nur noch 400 Beschäftigten.
Zusammenfassung
- Betriebsrat und Geschäftsführung haben bei ZF in Witten eine Einigung erzielt. Der Standort bleibt bis mindestens Ende 2028 erhalten.
- Dafür muss jeder dritte Mitarbeiter gehen. Von 600 Angestellten werden also rund 200 das Unternehmen verlassen.
- Wer bleibt, muss auf Lohn verzichten.
Seit acht Monaten hoffen und bangen die Mitarbeiter des Industriekonzerns ZF in Witten um ihre Arbeitsplätze. Nun haben sich Betriebsrat und Geschäftsführung nach langen und zähen Verhandlungen auf Eckpunkte für die Zukunft des Standorts geeinigt. Jeder dritte Arbeitnehmer wird das Unternehmen verlassen müssen. Dafür erhält die restliche Belegschaft eine Beschäftigungsgarantie bis Ende 2028. Und der Konzern will kräftig investieren.
„Das ist zunächst eine positive Nachricht“, sagt Betriebsratsvorsitzender Frank Blasey. „Der Standort wird weiterexistieren, mit rund 400 Mitarbeitern.“ Denn auch die komplette Abwicklung des Geländes an der Mannesmannstraße stand im Raum. Dann hätte die gesamte Belegschaft, bestehend aus rund 600 Männern und Frauen, den Hut nehmen müssen. Nun sind es rund 200.
ZF Witten setzt für Stellenabbau auf Freiwilligenprogramm
Für den Stellenabbau setzt ZF zunächst auf ein Freiwilligenprogramm. Es sieht etwa Abfindungen und vereinzelt Altersteilzeitverträge vor. Die Summen würden „weit über dem gesetzlichen Wert“ liegen, sagt Christoph Kainzbauer aus der Unternehmensführung. Besonders für Menschen über 60 seien die Angebote attraktiv, weil man mit ihnen „gut bis zur Rente“ kommen könne, bekräftigt auch Betriebsrat Blasey.
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Melden sich nicht genug Freiwillige, kommt ein Sozialplan zum Tragen. Das wollen aber sowohl die Arbeitgeber- als auch die Arbeitnehmerseite verhindern, weil damit vor allem junge Beschäftigte das Haus verlassen müssten. Schon bis Ende Mai soll der Stellenabbau durch sein.
In Witten werden keine Teile für Windräder mehr hergestellt
Mit der nun erzielten Einigung wird der Standort neu aufgestellt. „Hier wird einmal alles von rechts auf links gekrempelt“, sagt Blasey. Künftig werden vor Ort keine Komponenten für Windräder mehr gefertigt. Dagegen hatte sich der Betriebsrat lange gestemmt, vergeblich. Dieser Teil der Produktion wandert ins chinesische ZF-Werk in Tianjin.
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An der Mannesmannstraße werden aber weiterhin Industriegetriebe gefertigt, etwa für Seilbahnen. Auch der Wind-Service-Bereich, also Wartung und Reparatur von Windgetrieben, bleibt dem Standort erhalten. Beide Bereiche sollen künftig räumlich und organisatorisch voneinander getrennt werden, um effektiver arbeiten zu können. Heute wird auf manchen Maschinen zum Beispiel mal ein Teil für ein Windgetriebe, mal für ein Industriegetriebe bearbeitet. „Die beiden Bereiche konkurrieren auf einer Maschine“, so Manager Kainzbauer. Das wird sich wie gesagt ändern.
Konzern will 15,2 Millionen Euro in den Standort Witten investieren
Dazu muss der Konzern aber auch investieren. Die Geschäftsführung hat 15,2 Millionen Euro bis 2028 zugesagt. Das Geld soll in „Maschinen, Infrastruktur und Prozesse“ fließen, wie es heißt. Teils werden alte Maschinen verkauft oder innerhalb der vorhandenen Hallen umgesetzt. Mit einer kleineren Mannschaft und einer schlankeren Produktion wird ZF nicht mehr die gesamte Fläche seines rund 116.000 Quadratmeter großen Firmengeländes brauchen, sondern einiges freiziehen, vermieten oder verkaufen.
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Und auch die Mitarbeiter müssen einen Beitrag zur Sanierung leisten - durch „Entgeltverzicht“. Wie dieser genau aussehen wird, soll noch nicht an die Öffentlichkeit.
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Ganz unter Dach und Fach ist das Zukunftskonzept aber noch nicht. Zunächst müssen noch die IG-Metall- Mitglieder bei ZF einem dazugehörigen Sanierungstarifvertrag zustimmen. Passieren soll das am Dienstag kommender Woche (25.2.). Betriebsrat, Geschäftsführung und IG Metall plädieren gemeinsam eindringlich für die Zustimmung zu den ausgehandelten Bedingungen. „Sonst wäre das hart erkämpfte Zukunftskonzept hinfällig“, mahnt Frank Blasey. „Wird nicht zugestimmt, wird der Standort abgewickelt.“
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