Witten. Bei ZF in Witten sind viele Arbeitsplätze bedroht. Nun hat der Betriebsrat ein Zukunftskonzept vorlegt - inklusive Windkraft. Gibt es Hoffnung?
Das Ringen um den Wittener Standort des Getriebeherstellers ZF geht weiter. Auch kurz vor Beginn der Adventszeit herrscht an der Mannesmannstaße Ungewissheit. Bislang favorisiert die Geschäftsführung ein Konzept, bei dem der Wind-Bereich ins Ausland verlagert wird. Damit wäre ein massiver Stellenabbau verbunden. Doch der Betriebsrat hofft, den Konzern noch zum Umdenken bringen zu können. Dazu hat er einen Rettungsplan aufgestellt.
„Der Betriebsrat ist jetzt massiv in Vorleistung gegangen und hat ein großes Angebot an den Arbeitgeber gemacht“, sagt Vorsitzender Frank Blasey. Die Belegschaftsvertretung hat ihr „Zukunftskonzept“ mit der IG Metall und dem Info-Institut ausgearbeitet. Dabei sollen auch künftig alle drei Säulen am Standort Witten bestehen bleiben: die Komponentenfertigung für Windräder, die Herstellung von Industriegetrieben, etwa für Tunnelbohrmaschinen, und Serviceleistungen für Windgetriebe.
Wittener Betriebsrat hat nach eigenen Aussagen „tragfähiges“ Konzept vorgelegt
Das Konzept der Arbeitnehmervertreter sieht ebenfalls Kürzungen beim Personal und der Infrastruktur vor. „Es wird nicht ohne Schmerzen gehen“, sagt Blasey. Aber der Stellenabbau würde deutlich geringer ausfallen - geschätzt 150 statt knapp 400 Stellen. „Das wäre dann auch sozialverträglich möglich.“ Vor allem ältere Mitarbeitende könnten etwa die Zeit bis zur Rente mit Abfindungen überbrücken. Den Verkauf von Flächen und Gebäuden schließt Blasey nicht grundsätzlich aus - auch das aber in wesentlich geringerem Umfang als von ZF angedacht. Viele Ideen der Kolleginnen und Kollegen seien in das Konzept eingeflossen.
Dabei geht es unter anderem darum, Arbeitsabläufe und Prozesse zu optimieren, sie etwa zu digitalisieren. „Das sind viele realistische Ansatzpunkte, um wettbewerbsfähig zu bleiben“, sagt Blasey. Er betont: „Unser Konzept ist tragfähig.“ Nach Berechnungen des Info-Instituts käme am Ende sogar eine Rendite von über 22 Prozent heraus, so der 52-Jährige. Bislang habe die Vorgabe für Witten bei zehn Prozent gelegen.
Betriebsratsvize mahnt soziale Verantwortung des Unternehmens an
„Es ist alles gegengerechnet“, versichert Betriebsratsvize Michael Grünschläger. Auch deshalb habe der Arbeitgeber den Plan nicht einfach wegargumentieren können. Vielmehr hätten die Verhandlungspartner Bereitschaft signalisiert, über die Vorschläge zu diskutieren. Das soll in den kommenden Wochen passieren. Auf Anfrage äußert sich das Unternehmen nicht konkret zu den laufenden Verhandlungen. Betont aber: „Wir sind bestrebt, in einem konstruktiven Dialog mit dem Betriebsrat und der Gewerkschaft eine Lösung zu finden, die den vielfältigen Herausforderungen gerecht wird“, so ein Firmensprecher.
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„Konzerne wie ZF haben doch auch eine soziale Verantwortung“, appelliert Betriebratsvize Grünschläger. „Man kann doch nicht die Produktion aus reiner Profitgier verlagern.“ Vor allem, wenn auch Gewinne am derzeitigen Standort möglich seien. Hoffnung macht ihm in dieser Hinsicht, dass die ZF Friedrichshafen AG zwar eine Aktiengesellschaft ist, aber zu über 90 Prozent der Zeppelin-Stiftung gehört. Diese wird von der Stadt Friedrichshafen getragen und „unterstützt Bildung und Erziehung, fördert Kunst und Kultur, engagiert sich für Gesundheit und Pflege“, wie auf deren Homepage zu lesen ist.
„Windkraft-Technologie in Deutschland halten“
Grünschläger warnt vor der drohenden Verlagerung von Produktion samt Arbeitsplätzen nach Asien. Denn sie komme dann nicht mehr zurück. „Es ist wichtig, dass die Windkraft über ZF in Deutschland vertreten bleibt.“ Denn sonst „sind wir aus dieser Technologie ausgestiegen“. So wie es auch bei Solartechnik der Fall gewesen sei.
Ähnlich argumentiert die Gewerkschaft. „Für uns geht es darum, möglichst viele Arbeitsplätze zu sichern“, sagt Elin Dera von der IG Metall. Und zwar nicht nur für den Moment. Gerade die Jobs in der Industrie gelte es, auch für künftige Generationen zu retten. Ob das bei ZF in Witten gelingen wird, werden die kommenden Wochen zeigen.
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