Witten. Die Gerlands aus Witten wollen ihre Enkeltochter Mara aufwachsen sehen. Doch der Vater wünscht keinen Kontakt. Die Großeltern sind verzweifelt.
- Das Ehepaar Gerland aus Witten kämpft um Enkelkind Mara (8 Monate)
- Das Kind lebt beim Vater, der möchte den Kontakt auf ein Minimum beschränken
- Besuche gibt es derzeit nur einmal im Monat unter Aufsicht - für eine Stunde
Andreas und Bianca Gerland sind verzweifelt. Denn die beiden Wittener können derzeit ihre Enkeltochter nicht sehen. Der Vater der kleinen Mara verhindere den Kontakt. Auch das Jugendamt helfe ihnen nicht weiter, erzählen die Großeltern unter Tränen. Sie wünschen sich nichts sehnlicher, als das acht Monate alte Mädchen bald wieder in die Arme schließen zu können.
Das Kind lebt derzeit bei seinem Vater. Weil es der Mutter nach der Geburt gesundheitlich nicht gut ging, befand diese sich zunächst einige Wochen in Kur, später einigte sich das Paar darauf, dass die gemeinsame Tochter vorübergehend beim Vater leben solle. Zuvor hatte dieser seine Partnerin nach einem heftigen Streit aus der gemeinsamen Wohnung geworfen. Das war im Oktober. Seither ist das Paar getrennt.
Kontakt zur Enkelin brach mit Trennung der Eltern ab
So erzählen es Bianca und Andreas Gerland. Und mit der Trennung sei auch der Kontakt zur Enkelin abgebrochen. „Wir sind doch Bezugspersonen für sie“, sagt die 51-Jährige. So habe das Kind als Säugling drei Wochen lang bei ihnen gelebt, während die Eltern den Umzug nach Stockum organisierten. „Wir sind nachts aufgestanden, haben sie gewickelt und gefüttert“, erinnert sich Bianca Gerland. Ihre größte Sorge ist nun, dass sich das Kind von ihnen entfremdet.
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Doch der Kindsvater wolle nicht, dass Mara ihre Großeltern besuche. Das Jugendamt ist bei dem Fall ebenfalls mit von der Partie. Und hat eine Umgangsregelung festgelegt: „Wir dürfen unsere Enkeltochter einmal im Monat für eine Stunde unter Aufsicht sehen“, sagt Bianca Gerland. Mehr Rechte hätten sie als Großeltern nicht. „Da wird man abgestempelt, als wären wir fremde Menschen.“
Großeltern wenden sich an den Bürgermeister
Das Problem: Bianca Gerland ist schwerbehindert und auf Rollstuhl und Rollator angewiesen. Die Treffen mit ihrer Enkelin sollen aber in den Räumen des Vereins Viadukt stattfinden. „Da müsste ich Treppen gehen. Und das kann ich nicht“, so die 51-Jährige. Und auch ihre 30-jährige Tochter, die Mutter von Mara, sieht das Kind derzeit nur einmal die Woche unter Aufsicht - kann die Enkelin also auch nicht auf Besuch mit zu den Großeltern nehmen.
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In ihrer Verzweiflung haben sich die Gerlands auch schon an Bürgermeister Lars König und sogar an Bundeskanzler Olaf Scholz gewendet. Letzterer ließ einen Angestellten antworten und mitteilen, dass es sich beim Umgangsrecht um eine private Rechtssache handle, auf die der Bund keinen Einfluss habe. Die Kinder- und Jugendhilfe sei zudem Aufgabe der Jugendbehörden der Länder.
Jugendamt bekräftigt Regelung für Besuche
Bürgermeister König ließ den Fall noch einmal vom Jugendamt prüfen. Das bestätigte die bestehende Regelung für die Besuche. Die Eltern hätten sich in einem gemeinsamen Hilfeplangespräch beim Jugendamt darauf geeinigt. Die Regelung stelle einen Kompromiss dar zwischen den Vorstellungen der Großeltern und denen der Eltern, schreibt das Amt an die Familie Gerland. Das weist Andreas Gerland aber entschieden zurück. Seine Tochter habe den wenigen Besuchen nicht zugestimmt, der Kindsvater sei die treibende Kraft gewesen.
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Mehrfach habe er schon versucht, mit Maras Vater Kontakt aufzunehmen und die Sache anderweitig zu klären, sagt Andreas Gerland. Er wolle nicht vors Familiengericht. Derzeit sieht er aber keine andere Möglichkeit, um seine Enkeltochter doch noch öfter sehen zu können. Erschwerend kommt nun noch hinzu, dass der Kindsvater das alleinige Aufenthaltsbestimmungsrecht beantragt habe. „Dann könnte er einfach mit ihr weggehen“, fürchtet Bianca Gerland.
Gefahr eines Loyalitätskonfliktes
Das Jugendamt darf sich aus datenschutzrechtlichen Gründen nicht zu dem Einzelfall äußern. Es verweist jedoch darauf, dass ein regelmäßiger Umgang mit Großeltern grundsätzlich dem Kindeswohl diene. Vorausgesetzt allerdings, die sorgeberechtigten Personen seien damit einverstanden. Sei dies nicht der Fall, bestehe für das Kind die Gefahr eines Loyalitätskonfliktes und es brauche deshalb Begleitung. Besuche unter Aufsicht stellen zudem laut Stadt „in der Regel keine Dauerlösung dar“. Sondern vielmehr den „Ausgangspunkt eines Prozesses“.
Am 27. Januar wird Mara neun Monate alt. „Sie kann jetzt krabbeln, Brei essen. Und das verpassen wir alles“, sagt Bianca Gerland und ihre Stimme bricht. Die Situation mache sie einfach nur traurig, ergänzt ihr Mann Andreas. „Das ist unsere erste Enkelin. Wir haben uns so gefreut und waren so stolz.“ Er wünsche sich nur, dass endlich „wieder Frieden einkehrt und die Familie wieder eins ist“.
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