Witten. In einigen Stadtteilen in Witten sind die Menschen in Not. Daran Schuld können unter anderem Zahl-Apps auf dem Handy sein. Das rät die Diakonie.
In Witten ist die Quote überschuldeter Menschen gestiegen. Grund zur Besorgnis gibt das stark beworbene Finanzierungmodell „Kaufe jetzt – zahle später“ im Online-Handel. Claudia Ziplies von der Schuldnerberatung der Diakonie Mark-Ruhr erklärt Hintergründe – und zeigt Wege aus der Schuldenfalle.
Grund für den Anstieg der Schuldnerquoten vor allem in Annen und dem Marienviertel ist demnach, dass dort viele Geringverdiener oder Menschen mit Sozialunterstützung leben. Sie könnten kaum finanzielle Rücklagen bilden, heißt es. Daher seien diese Menschen häufig auf Ratenkäufe angewiesen. Das gelte vor allem für unerwartete Kosten – von Energienachzahlung über Autoreparatur und Zahnersatz bis hin zum Ersatz für einen defekten Kühlschrank. Oft werde ein Dispositionskredit in Anspruch genommen – ohne absehbare Aussicht auf Rückzahlung.
Schicksalsschläge können in Überschuldung treiben
Ziplies weiß, dass Menschen durch Schicksalsschläge in Geldnot geraten können. Neben Arbeitslosigkeit nennt die Fachfrau Renteneintritt und Trennung oder Tod des Partners, aber auch Familiengründung als Gründe dafür. Weitere Faktoren seien Langzeiterkrankung und Sucht. Es gebe aber auch Menschen, die schlicht über ihre finanziellen Verhältnisse leben.
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Dabei spiele das Finanzierungsmodell „Kaufe jetzt – zahle später“ eine ungute Rolle. „Viele der Nutzerinnen und Nutzer von ,Buy now - pay later‘- Angeboten wie Klarna, Paypal, Payone gehören zur jüngeren Generation“, beobachtet die Expertin. Die junge Kundschaft sei noch in der Ausbildung oder stehe am Anfang ihres Berufslebens. Ihre Finanzkraft sei in der Regel gering. „Die große Gefahr beim Online-Shoppen besteht für Verbraucher darin, die eigenen Ausgaben und Zahlungsverpflichtungen aus den Augen zu verlieren und sich finanziell zu übernehmen“, erklärt Claudia Ziplies. Schnell werde Verschuldung zu Überschuldung. „Wir stellen fest, das vermehrt Menschen aufgrund dieses Geschäftsmodells unsere Beratung aufsuchen.“ Was hilft?
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Grundsätzlich sollte ein Haushaltsbuch geführt werden, rät Ziblies. Es sei sogar als App für das Smartphone verfügbar. Zunächst werden vom Einkommen Fixkosten wie Miete, Energiekosten, Telefon und Versicherungen abgezogen. Danach steht fest, wieviel Geld verfügbar ist. Daraus kann sich die Frage nach Einsparpotenzialen ergeben: Gibt es unnötige Versicherung? Ist ein Auto erforderlich?
Letzte Chance: Verbraucherinsolvenz
Andererseits gibt die Diakonie Ratsuchenden Tipps, ob Ansprüche auf Sozialleistungen bestehen – vom Wohngeld über Kinderzuschlag und Teilhabepaket bis zu Grundsicherung oder Bürgergeld. Doch wie hilft die Diakonie, wenn Menschen bereits überschuldet sind?
Dann kann laut Ziblies ein Schuldenregulierungsprozess eingeleitet werden – etwa per Vergleich. Im Extremfall hilft die Verbraucherinsolvenz. Dieses gerichtliche Verfahren zur Entschuldung dauert drei Jahre. Danach werden Schuldner von Restschulden befreit. Die Schufa löscht die Erteilung der Restschuldbefreiung nach sechs Monaten.
Diakonie Mark-Ruhr, Röhrchenstraße 10, Witten, 02302-91484-45; claudia.ziplies@diakonie-mark-ruhr.de
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