Witten. Die kommunale Neuordnung fand Witten gar nicht übel, wäre da nicht die Sache mit den Autokennzeichen gewesen. Einer wollte das nicht hinnehmen.
Als Herbede vor 50 Jahren seine Stadtrechte verlor, ging Wittens CDU-Vorsitzender Ulrich Oberste-Padtberg, Jahrgang 1967, noch zur Schule. Dennoch erinnert er sich an die kommunale Neuordnung – aus Schülersicht. Später sollte sich der Durchholzer noch einmal mit den Folgen der kommunalen Neuordnung von 1975 beschäftigen – beim Kampf für das Kennzeichen WIT im Jahr 2012.
Aber der Reihe nach. „Ich war damals in der Grundschule in Durchholz, und auf einmal kriegten wir einen anderen Briefbogen: Sie war nämlich Gemeinschaftsgrundschule der Stadt Witten“, erinnert sich der Politiker. Der neue Briefkopf mag eher seine Eltern als den damaligen Knirps interessiert haben. Ihm selbst fiel auf, dass die Schulmilch plötzlich teurer war. Des Rätsels Lösung: „Die Stadt Herbede hatte die Milch stärker subventioniert als die Stadt Witten.“
Freiwillige Feuerwehr in Durchholz musste Fahrzeug abgeben
In Herbede gab es aber einen Grund zur Verärgerung. Die Feuerwehr wurde neu organisiert. Witten hatte eine gut ausgestattete Profi-Truppe. Das hatte zur Folge, dass die Freiwillige Feuerwehr in Durchholz ein Fahrzeug abgeben musste.
Apropos Fahrzeuge. Autobesitzer in Witten wie Herbede trieben vor 50 Jahren Sorgen um. Die Herbeder, zuvor schon unterwegs mit EN-Kennzeichen, befürchteten, auf WIT umsteigen zu müssen. Die Wittener indes mussten sich von ihren gewohnten Kennzeichen trennen. Stattdessen gab‘s EN-Nummernschilder.
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„Für die Wittener war die Aufgabe der Selbstständigkeit gewaltig“, meint Oberste-Padtberg im Rückblick. Weite Teile der Bevölkerung sahen das Ende der kreisfreien Stadt Witten und die Eingliederung der Stadt in den Ennepe-Ruhr-Kreis als Abstieg – allein wegen der Einführung des ungeliebten Kennzeichens EN. Immerhin blieb Witten eine Zulassungsstelle erhalten.
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Im Kreis gab es ebenfalls Vorbehalte gegen den Neuzugang: Witten ist die mit Abstand größte Stadt. Bis in jüngere Zeit seien auf Kreisebene Vorbehalte gegen Witten spürbar gewesen – zuletzt bei der Standortwahl für das Rettungszentrum. Kein Wunder, dass es Oberste-Padtberg als seine Aufgabe als Vorsitzender des CDU-Stadtverbandes sah, „Witten enger an den Kreis heranzuführen und umgekehrt“.
Schlange vor der Zulassungsstelle
Dazu gehörte kurioserweise, dass er 2012 im Kreistag die Wiedereinführung des WIT-Kennzeichens beantragte. Oberste-Padtberg kämpfte im Sinne der Bürgerschaft fürs Nummernschild. Mit Erfolg: „Der Kreistag hat in der Sitzung seine Meinung umgedreht. Das Kennzeichen ging durch – und es wurde trotz Aufpreis bei der Zulassung ein großer Erfolg. „Die Leute standen gleich am ersten Tag bei der Zulassungsstelle Schlange.“
Und Oberste-Padtberg? Er meint, sein Trecker trage ein EN-Kennzeichen, sein Dienstwagen sei in Köln zugelassen, und seine Tochter sei mit „WIT“ unterwegs. Städtische Fahrzeuge vereinen übrigens in ihren Kennzeichen Altes und Neues: WIT-EN, dann folgt eine Nummer.
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