Witten. Das Buch „Sounds Of Ruhrgebiet“ würdigt die heimische Musikszene. Franz-K.-Chef Stefan Josefus aus Witten erzählt vom Konzert mit Jimi Hendrix.

Sein bekanntestes Musikstück ist Programm. Stefan Josefus (77) hat seit sechs Jahrzehnten „Bock auf Rock“, so lange er sich ernsthaft für Musik interessiert. Mit seiner Band Franz K. hat der Wittener Musiker die „Sounds of Ruhrgebiet“, wie der Titel eines Interview-Bands des Autors Zepp Oberpichler lautet, so stark geprägt wie nur wenige sonst. Die Anfänge des Schlagzeugers führen zurück ins erzbischöfliche Gymnasium St. Michael in Paderborn – und zu Gitarren-Gott Jimi Hendrix. Wie kam es dazu?

„Ich war Messdiener in der Marienkirche“, erinnert sich Stefan Josefus. „Und mein „Vatta“ hatte den Spleen, dass der Erstgeborene – wir waren fünf Kinder damals – mal Pfarrer werden soll. Da mein „Vatta“ gemeiner Arbeiter war, auf der Zeche, hatte er gar nicht das Geld, mich zum Gymnasium zu schicken. Damals, in den 60ern, hat sich die Katholische Kirche wegen des Priestermangels für die Arbeiterschicht geöffnet, weil aus dem Bürgertum zu wenig Nachwuchs kam.“ Vater Josefus und der damalige Dechant sahen das Problem der Kirche und entdeckten eine Chance für ein Stipendium des späteren Rockmusikers.

Abitur mit Stipendium des Erzbistums Paderborn

Ex-Volksschüler Josefus machte 1967 im Internat in Paderborn sein Abitur. Musik spielte eine immer wichtigere Nebenrolle. Die Aktivitäten von Stefan Josefus waren zunächst konventionell: „Ich habe in einem Blasorchester mitgespielt, auf einer kleinen Trommel. Dadurch kam man einmal im Monat mit dem Blasorchester raus. Aber Du hast da vier Leute für die Rhythmusgruppe gebracht. Und habe ich die Beatles gesehen, mit Ringo Starr am Schlagzeug.“ Da dache er sich: „Wir im Blasorchester brauchen für den Rhythmus vier Leute, und der macht alles alleine. Und dann habe ich mir selbst ein Schlagzeug gebaut, mir eine Beatles-Platte gekauft und habe versucht den Rhythmus nach der Platte zu spielen. Da haben mich die Leute in Paderborn für verrückt erklärt.“

The Other Five hieß Stefan Josefus‘ Schülerband. Sie spielte 1967 im Vorprogramm von Jimi Hendrix in Herford.
The Other Five hieß Stefan Josefus‘ Schülerband. Sie spielte 1967 im Vorprogramm von Jimi Hendrix in Herford. © FUNKE Foto Services | Jürgen Theobald

Seither ist Stefan Josefus schlagzeugverrückt. Um seinen Traum zu leben, büxte er ohne das Wissen seiner Eltern aus dem Internat aus und mietete sich in Paderborns Innenstadt als „möblierter Schüler“ ein. „Ich habe das Zimmer durch Nachhilfestunden finanziert – und habe in einer Schülerband gespielt. Die Band hieß The Other Five, und wir sahen wild aus.“

An viele Auftritte kann sich der ehemalige Chef der Schüler-Combo und, später, der heimischen Band Franz K. nicht mehr erinnern: „Wir haben ja unheimlich viele Konzerte gehabt. Bei 2500 hat unser Gitarrist Mick Hannes aufgehört zu zählen.“ Aber der Abend mit seiner Schülerband im Vorprogramm von Jimi Hendrix im Jaguar-Club in Herford hat sich bei Stefan Josefus in sein Hirn für immer eingebrannt.

Der mit nur 27 Jahren verstorbene US-Gitarrist Jimi Hendrix spielt seine elektrische Gitarre bei einem Konzert 1966 mit der Zunge. Ein Jahr später bestritt Stefan Josefus‘ Schülerband das Vorprogramm für die Rock-Legende.
Der mit nur 27 Jahren verstorbene US-Gitarrist Jimi Hendrix spielt seine elektrische Gitarre bei einem Konzert 1966 mit der Zunge. Ein Jahr später bestritt Stefan Josefus‘ Schülerband das Vorprogramm für die Rock-Legende. © dpa | UPI

Das Buch

Der Interview-Band „Sounds Of Ruhrgebiet” von Zepp Oberpichler enthält zahlreiche Gespräche mit Pop-Musikern aus dem Ruhrgebiet. Sein Interview mit Franz-K.-Gründer Stefan Josefus fängt da an, wo die Erinnerungen an das Hendrix-Konzert aufhören. Verlag Henselowsky Boschmann, 208 Seiten, gebunden, 19.80 Euro.

„Der Jaguar-Club war neben dem Star-Club in Hamburg der wichtigste in ganz Deutschland“, erinnert sich der Alt-Rocker. Einige Male seien die damaligen Schüler gebucht worden, und im Mai 1967 waren sie im Vorprogramm von Jimi Hendrix. Der Mann, der Gitarrensaiten mit der Zunge zu spielen schien und sein Instrument zuweilen kurzerhand anzündete, ließ den rockenden Nachwuchs in Ehrfurcht erstarren – allein wegen seiner gigantischen Verstärker. Der Name der Herstellers Marshall sorgt bei Rock-Jüngern noch immer für Gänsehaut. Der Schülerband kamen die eigenen Verstärker wie Kinderspielzeug vor: „Das war ein Erlebnis.“

Lesen Sie auch

Und das war noch vor dem Soundcheck in den Räumen, die zuvor als Kino gedient hatten. Um die 600 Leute passten hinein. „Hendrix hat eine neue Musik eingeleitet.“ Zugleich aber beendete der Gitarrist, der zum „Club 27“ der zu früh verstorbenen Rockmusiker gehört, die große Ära der kleinen Säle. Hendrix war schlicht zu laut.

Stefan Josefus schrieb mit dem Stück „Bock auf Rock“ Musikgeschichte.
Stefan Josefus schrieb mit dem Stück „Bock auf Rock“ Musikgeschichte. © FUNKE Foto Services | Jürgen Theobald

Apropos laut. Hat die Band mit dem Saitenstar gesprochen? Schulenglisch konnten Stefan Josefus und seine Truppe. „Unser Gitarrist hat sich von Jimi Hendrix ein Autogramm geben lassen, auf einem Plakat. Und Hendrix hat nur ganz wenige Autogramme gegeben.“ Stefan Josefus indes hat ihn nicht angesprochen. Der spätere Germanistik-Student erkannte: Englisch war nicht seine Stärke. Der heutige Bungalow-Besitzer in Bommerholz besann sich auf seine Muttersprache. Mit Erfolg: 1969 gründete Stefan Josefus die Band Franz K. Damit schrieb er Geschichte. Zeitgleich mit Udo Lindenberg und anderen, sagt der Drummer, habe er den Deutsch-Rock erfunden. Seither hat Stefan Josefus „Bock auf Rock“.

Mehr Nachrichten aus Witten lesen Sie hier.