Witten. Wittens Wiesenviertel soll verkehrsberuhigt werden. Die Idee hat nicht nur Freunde. Eine Sonderpädagogin sorgt sich um eingeschränkte Menschen.
Durch das Wiesenviertel in Witten sollen künftig weniger Autos rollen. Darin sind sich Stadt und der dort aktive Quartiers-Verein einig. Dadurch erhofft man sich mehr Aufenthaltsqualität, gerade auch für die Besucherinnen und Besucher der Wiesenviertel-Gastronomien wie Knut‘s, Klimbim und Raum-Café. Doch an den Überlegungen gibt es auch Kritik. Denn viele Menschen würden so ausgeschlossen, sagt Roswitha Tillmann.
Die 61-jährige Wittenerin hat vor allem die Situation von eingeschränkten Menschen im Blick. „Ich spreche für sie, nicht für mich“, betont Tillmann. Die Verkehrsberuhigung der Wiesenstraße wird auch im „Mobilitätskonzept Innenstadt“ vorgeschlagen. Entweder soll der Gehweg verbreitert werden oder aber Gehweg und Fahrbahn in der Höhe angeglichen werden. Denn gerade vor den Lokalen ist der Bürgersteig sehr eng.
Freiflächen und Sitzgelegenheiten statt Parkplätzen in Witten
Der Wiesenviertelverein würde auch gerne Parkplätze für Freiflächen opfern. Auch die Stadt ist demgegenüber nicht abgeneigt: Von Seiten des Planungsamtes gab es etwa die Idee, dafür spezielles Mobiliar anzumieten - vergleichbar mit der bereits installierten Parklet-Sitzgruppe.
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„Könnten diese Menschen in den Planungsbüros und auch der Vorstand des Wiesenviertelvereins bitte mal nach rechts und links schauen?“, sagt Roswitha Tillmann. Allein an der Wiesenstraße gebe es schließlich eine Handvoll Ärzte, etwa das Medizinische Zentrum der Stiftung Volmarstein (MVZ). Sonderpädagogin Tillmann betreut Jugendliche und junge Erwachsene in einer Wohngruppe in Hagen. Für Arztbesuche, aber auch für Freizeitaktivitäten wie etwa einen Kinobesuch, komme sie häufig mit ihnen in die Wittener Innenstadt. „Gerade im Wiesenviertel sitzen viele gute Ärzte.“
Wo bleibt Platz für Inklusion?
Und hier beginnt das Problem. Schon heute muss die 61-Jährige meist eine halbe Stunde um den Block fahren, bis sie überhaupt einen Parkplatz findet, wenn mal wieder ein Besuch beim Psychologen oder ähnliches ansteht. „Einfach rauslassen kann ich meine Klienten nicht.“ Denn sie benötigten aufgrund unterschiedlicher kognitiver und psychischer Einschränkungen eine dauerhafte Begleitung. Auch Bus und Bahn seien deshalb keine Alternative.
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Auch solche Menschen sollte man bei der Planung berücksichtigen, findet Tillmann. Die aktuellen Überlegungen würden ja alle in Richtung weniger Parkplätze gehen. „Wo bitte bleibt da noch Raum für nur einen Inklusionsgedanken?“ Aus ihrer Sicht werde stattdessen „Raum geschaffen für Feste und zum Chillen“, ausgerichtet hauptsächlich am Bedürfnis der Gastronomie. „Da ist ja immer nur ein ganz bestimmtes Publikum im Blick“, sagt Tillmann. Sie würde sich wünschen, dass sich dieser Blick weitet.
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