Witten. Noch bevölkern Heerscharen von Wildgänsen den Kemnader See. Folge sind Massen von Tierkot auf den Wegen. Was tun? Die Antwort heißt „MC 130“.

  • Mülheim bekämpft die Wildgänseplage zur Not mit Schusswaffen
  • Die Freizeitmetropole will am Kemnader See einen anderen Weg gehen
  • Beabsichtigt wird ein Vergrämungseffekt

Mülheim an der Ruhr will der Wildgänseplage an den Ufern des Flusses oder auf Wiesen wie hinter Schloss Broich notfalls auch mit Abschuss begegnen. Von „selektiver Entnahme“, also der Tötung einzelner Tiere, war zuletzt die Rede. Davon verspricht sich die Stadt einen gewissen Vergrämungseffekt, sprich, dass die anderen Tiere solche Stellen dann meiden. Das Problem ist längst auch am Kemnader See angekommen. Fallen hier demnächst ebenfalls Schüsse?

Bevor die Tierschützerinnen und Tierschützer auf die Barrikaden gehen: Am Stausee ist nicht daran gedacht, auch nur einer einzigen Kanadagans eine Feder zu krümmen - obwohl die Wege durch den Kot der Tiere teilweise stark verschmutzt sind. „Das nervt total, und es nervt alle“, sagt Jürgen Hecht (54), Geschäftsführer der Freizeitmetropole Ruhr (FMR) und damit der Verantwortliche für Kemnade.

Freizeitmetropole Ruhr setzt auf Reinigung

Anders als die Mülheimer versucht es die hiesige Freizeitgesellschaft lieber mit intensiver Reinigung. Da spielt ihr der viele Regen in den letzten Tagen in die Karten. Wer den See umrundet, ob zu Fuß, mit dem Fahrrad oder Inlinern, gleitet teilweise über fast makellosen Asphalt. Dreckig wird es erst dort, wo die Wildgänse in starken Gruppen auftauchen, meist auf Wiesenflächen wie am Freizeitbad Heveney oder im weiteren Verlauf am Hafen oder auf der Wiese beim Bootshaus Gibraltar. Je mehr Tiere, desto mehr Kot. Und da sie meist die Wege kreuzen, finden sich die Hinterlassenschaften eben auch dort.

 Kehrmaschiene der Freizeitgesellschaft Heveney
Marco Christoffel reinigt mit seiner „MC 130“ regelmäßig die Wege am Kemnader See. © FUNKE Foto Services | Walter Fischer

„Es gibt einzelne Schwerpunkte“, bestätigt Kemnade-Chef Jürgen Hecht. Ein regelrechtes Epizentrum der Wildgans-Abwürfe hat sein Mitarbeiter Marco Christoffel auf der großen Wiese im Hafenbereich Heveney ausgemacht, bis zur dortigen Wetterstation. Der 39-Jährige muss es wissen. Schließlich machen er und sein Kollege Tim Arnscheidt die Wege am See regelmäßig sauber.

Erst Fußgängerwege - dann folgen die Pisten der Biker

„Wir kümmern uns erst um die Fußgängerwege, dann um die Inlinerstrecke und wenn Zeit ist auch um die Fahrradwege“, sagt Christoffel. Dafür steht ihm seit Jahresanfang eine neue Kehrschmaschine zur Verfügung, die sich das Freizeitzentrum 100.000 Euro kosten ließ. Das alte Modell war zwar größer. Es war allerdings schon in die Jahre gekommen und damit konnte man auch nicht unbedingt die kleinen Wege abfahren.

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Zweimal die Woche sind Christoffel und Kollege mit dem grauen „MC 130“ der Firma Kärcher nun unterwegs. Das Fahrzeug ist vorne mit zwei Bürsten ausgestattet. „Dann kommt Druck drauf und ein Wasserstrahl, damit es nicht so staubt. So wird der Kot vom Pflaster weggekratzt“, sagt der Kemnade-Mitarbeiter.

Wittener Spaziergänger loben Arbeiten

Wenn die Spaziergänger die Männer bei der Reinigung sehen, recken sie gerne mal den Daumen in die Höhe. Denn Klagen über die Verschmutzung der Wege gebe es viele, sagt Christoffel. Der aus früheren Zeiten neben der Kehrmaschine auch noch einen Radlader mit Besen kennt. Die bisherige Arbeit mit der noch ziemlich neuen Kehrmaschine bewertet der 39-Jährige positiv: „Ganz gut. Sie macht schön sauber.“

 Kehrmaschiene der Freizeitgesellschaft Heveney
Jede Menge Gänsekot: Hier prüft Christoffel mit dem Öffnen des Sammelbehälters, ob dieser randvoll ist. Die wässrige Kotmasse wird natürlich wieder mit der Kehrmaschine aufgenommen. © FUNKE Foto Services | Walter Fischer

Angefangen wird meist auf der Hauptstrecke zwischen Heveney und Oveney, „wo die meisten Spaziergänger sind“. Wenn Zeit sei, kümmere man sich auch um die Südseite, sprich das Herbeder Ufer. Immer wieder stoßen die Reinigungskräfte auf die Wildgänse, die sich meist pickend über einen Grünstreifen hermachen.

„Sie machen die Wiesen kaputt, die durch den Kot nicht wirklich benutzbar sind“, sagt Freizeitzentrum-Geschäftsführer Hecht. Die Tötung einzelner Tiere kommt für ihn trotzdem nicht in Frage. „Ich glaube nicht, dass das was bringt“, sagt er. „Schießt man 100 ab, kommen 100 neue.“ Außerdem sei es viel zu gefährlich, am See zu schießen. Den Austausch von Eiern, wie man es bei den Tauben aus der Wittener Innenstadt kennt, hält er ebenfalls nicht für machbar. „Wir haben 300 Hektar. Das ist viel zu groß.“

 Kehrmaschiene der Freizeitgesellschaft Heveney
Wo die Kandagänse die Wege am Stausee kreuzen, landet jede Menge Kot auf dem Pflaster. © FUNKE Foto Services | Walter Fischer

Trotzdem müssten die Wege in Schuss gehalten werden, so Hecht, und deshalb habe man die „teure Kehrmaschine“ angeschafft. Er spricht von „viel Aufwand“, aber die Mitarbeiter könnten all die Wege ja schlecht fegen. Die Spielplätze am See seien übrigens nicht betroffen - dort „rechen wir auch durch“, sagt der FMR-Chef.

Die Gassigeher am See sehen die Kanadagänse übrigens gelassen. Töten? „Auf gar keinen Fall, wenn sie friedlich sind“, sagt Lisa (29), die gerade mit einer Freundin und zwei Hunden das Gewässer umrundet. „Wen sie stören, sollte hier nicht spazieren gehen.“ Eine andere Frau aus Herbede, mit Pudel, meint: „In diesem Jahr geht es, im Vorjahr war es schlimmer und die Tiere waren aggressiver.“ Da hinten, sagt sie und zeigt in Richtung Hafen, sei es besonders schlimm. Nun, vielleicht machen sich die gefiederten Gesellen ja bald auf den Weg in den Süden. „Dann hat sich das Problem erst mal erledigt“, sagt Jürgen Hecht. „Im nächsten Sommer müssen wir dann mal sehen.“

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