Neviges. Ernährungsberaterin Maike Grimmelt hilft in ihrer Nevigeser Praxis Menschen mit Ernährungsfragen. So anschaulich wie möglich soll die Hilfe sein.

Verbote mag sie nicht und auch keine Ratschläge wie etwa „dann beweg dich halt mehr, iss mehr Gemüse“. Denn solche Binsenweisheiten, sagt Maike Grimmelt, können schnell frustrieren und seien wenig zielführend. Die Diplom-Oekotrophologin, die mit ihrer „Bergischen Ernährungspraxis“ von Remscheid nach Velbert Neviges gezogen ist, hält nichts von Verallgemeinerungen. „Ich spreche niemals von gesundem Essen, niemals.“ Denn Gesundheit sei ja relativ, so sei ein Apfel für jemanden mit einer Fructose-Intoleranz alles andere als gesund. Persönliche Gespräche, das genaue Hineinhorchen in ihr Gegenüber, in die Lebensweise, das Umfeld, all das gehört für die 55-Jährige dazu, wenn sie eine „ausgewogene, vollwertige Ernährung“ empfiehlt.

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Lebensmittel zum be-greifen: Mehr als 100 Bauklötze hat Maike Grimmelt in ihrem Schrank.
Lebensmittel zum be-greifen: Mehr als 100 Bauklötze hat Maike Grimmelt in ihrem Schrank. © FUNKE Foto Services | Uwe Möller

Die kennt Maike Grimmelt, die gern und oft lacht, von Kindesbeinen an, und zwar ohne, dass groß darüber gesprochen wurde. „Ich bin auf Borkum geboren, das war bei uns auf der Insel ganz normal: Es gab Obst und Gemüse der Saison, alles, was bei uns wuchs, etwa Sanddorn und Holunder. Meine Großmutter hat Ketchup noch selbst gemacht.“ Nicht etwa, weil es schick war, sondern weil alles, was vom Festland auf die Insel gekarrt werden musste, eben kostete. „Auch das Umweltbewusstsein war geschärft, das war völlig normal.“

Sofort wohl gefühlt am neuen Wohnort Velbert-Neviges

Dass sie später an der Fachhochschule Münster das Fach Oecotrophologie studierte und erfolgreich abschloss, habe sie vor allem einer „tollen Lehrerin“ an ihrem Gymnasium in Jever zu verdanken. „Wir hatten Oecotrophologie als Schulfach, ich war total begeistert, hab sie dann gefragt: Wo kann ich das machen?“ Also Abitur gebaut und von Friesland nach Westfalen gezogen. Nach der Anstellung bei einer großen Krankenkasse machte sich Maike Grimmelt selbstständig, erst in Remscheid. Im Frühjahr dann der Umzug nach Neviges. „Das war eher Zufall, ich habe mich in Remscheid nicht mehr wohlgefühlt, es hätte auch irgendwo anders sein können, Hattingen oder Haan. Aber Neviges, das hat mir sofort zugesagt. Der Wald direkt hinter der Haustür, dann der Lohbach, ich liebe Wasser, bin ja am Wasser groß geworden.“ Die Wohnung an der Elberfelder Straße hatte sie im Internet entdeckt, kurz angeschaut, und fühlte sich mit Hundedame Maja sofort pudelwohl.

Anfassen erlaubt: Die kleine Getreidemühle ist mehr als nur ein hübsches Dekostück.
Anfassen erlaubt: Die kleine Getreidemühle ist mehr als nur ein hübsches Dekostück. © FUNKE Foto Services | Uwe Möller

Wer Maike Grimmelts Rat sucht, der will entweder vorbeugen oder wird vom Arzt geschickt. Weil die Blutwerte nicht stimmen, der Cholesterinwert in die Höhe schoss, vielleicht Unverträglichkeiten vorliegen. „Man kann privat zu mir kommen, eben alles selbst zahlen oder mit einem Zuschuss der Krankenkasse.“ Letzteres sei auch präventiv möglich, auch zahlreiche Kurse könnten über die Krankenkasse gebucht werden. Und klar, es kämen auch Leute zu ihr, die aus eigenem Antrieb ein paar Kilo los werden oder auch einfach nur gesünder leben möchten.

Verhaltensmuster erkennen und ändern

„Viele können ihre Zielsetzung nicht definieren, denn man muss schon genau schauen: Was ist beim Abnehmen realisierbar? Warum will ich abnehmen?“ Dabei gehe es auch um Hindernisse, die immer wieder auftauchten, wenn man sich eigentlich auf der Erfolgsspur wähne. „Da ist man ein paar Kilos los geworden, kauft dann doch das Falsche ein und nimmt wieder zu.“ Oft mehr als zuvor abgenommen, und schon ist er da, der gefürchtete Jojo-Effekt. Was die Expertin immer wieder beobachtet: „Das Wissen haben die meisten, sie wissen genau, was gut ist und was schlecht. Aber sie handeln nicht danach.“ In Einzelgesprächen gelte es dann herauszufinden, warum das so ist, warum zum Beispiel die Knabberei automatisch auf den Tisch kommt, sobald der Fernseher läuft. Doch um solche Verhaltensmuster zu ändern, müsse man sie erstmal erkennen.

Zusammenarbeit mit einer Psychologin

„Grün“ ist gut, von „Rot“ lieber die Finger lassen oder höchstens in Maßen genießen. Die Karten zeigen anschaulich den Nähwert von Lebensmitteln.
„Grün“ ist gut, von „Rot“ lieber die Finger lassen oder höchstens in Maßen genießen. Die Karten zeigen anschaulich den Nähwert von Lebensmitteln. © FUNKE Foto Services | Uwe Möller

Und da helfe das Motivationstraining „Mental Contrasting“, erforscht von der Hamburger Psychologin Professor Gabriele Oettingen. „Ich habe fünf Jahre mit ihr zusammengearbeitet. Darüber bin ich sehr froh, da habe ich viel mitbekommen, was ich jetzt gerne weitergebe“, sagt Maike Grimmelt, die übrigens auf Wunsch auch in Kitas, Grundschulen und Betriebe kommt. Sind diese Verhaltensmuster geklärt, geht es um ganz praktische Sachen, und da staunen ihre Klienten schon mal Bauklötze: Nicht zu fassen, wie viel man sich bewegen muss, um die Kalorien einer Pizza Margherita oder einer Portion Pommes rot-weiß zu „killen“. Wenn die Oecotrophologin ihre drei Kisten mit Bauklötzen aus dem Schrank holt, dann begreift man im wahrsten Sinne des Wortes, was man tun und besser lassen sollte.

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Häufig kämen auch besorgte Eltern in ihre Praxis, erzählt Maike Grimmelt. Nicht nur wegen Gewichtsproblemen oder Ess-Störungen der Kinder. Beides sei übrigens häufiger zu beobachten seit der Corona-Pandemie. Manchmal suchten Eltern auch nur ihren Rat, weil der Sohn oder die Tochter plötzlich auf einem anderen Essenstrip ist, und das werfe Fragen auf. Etwa: Mein Kind ist seit kurzem Veganer. Bekommt es jetzt genug Eiweiß ohne Fleisch? Da kann sie Eltern schnell beruhigen: „Hülsenfrüchte zum Beispiel sind eine sehr gute pflanzliche Eiweißquelle.“ Und bei Gerichten mit Erbsen, Bohnen und Linsen, das zeigen die Bauklötze auf der Holzwaage, darf man sich auch mal einen faulen Sofa-Abend gönnen, natürlich ohne Chipstüte.