Oberhausen. Der Sportartikelhändler will Ende 2026 am Oberhausener Centro durchstarten. Das sehen manche Kaufleute skeptisch. Wie Decathlon derzeit reagiert.

Schon seit Jahren will der internationale Sportartikelhersteller Decathlon in Oberhausen ansiedeln. Inzwischen sind die rechtlichen Hürden beiseite geräumt. Die Bauarbeiten sollen im Mai nächsten Jahres beginnen, die Eröffnung der Filiale mit rund 3900 Quadratmetern Verkaufsfläche ist für Ende 2026 vorgesehen.

Oberhausener Händler befürchten Umsatzverluste

Auf der einen Seite findet die geplante Ansiedlung viel Lob, geht doch mit einem solchen Unternehmen ein großer Prestigegewinn für den Standort Oberhausen einher, zumal sich das Gesamtsortiment vergrößert. Auf der anderen Seite haben manche Händler in den Einkaufsmeilen auch große Sorgen. Sie befürchten erhebliche Umsatzeinbußen.

Während eines Gesprächs zur aktuellen Lage des Handels gehen Marc Heistermann, Chef des Handelsverbandes Nordrhein-Westfalen Ruhr, und Axel Lambertz vom Vorstand der Stig (Sterkrader Interessengemeinschaft) auch direkt auf die Bedenken der Kaufleute ein. Da sind zunächst die Fachgeschäfte für Sportartikel, die schon seit langem Alarm schlagen.

Kaufleute sehen auch Konkurrenz zu Textilläden und Schuhgeschäften

Sporthändler wie Wolfgang Wonsyld oder Reinhard Behnert befürchten, dass der Druck in der Branche stark zunimmt. Darauf hatten sie in der Vergangenheit deutlich hingewiesen. Darüber hinaus sehen aber auch und gerade Textil- oder Schuhläden in Decathlon einen zusätzlichen Mitbewerber, sagt Stig-Vorstand Lambertz. Er geht davon aus, dass es auch sein Schuhgeschäft in Sterkrade ebenfalls zu spüren bekommt, wenn die Filiale an den Start geht.

Gespräch mit Marc Heistermann, Geschäftsführer Handelsverband NRW Ruhr e.V. und Axel Lambertz, Vorstand Sterkrader Interessengemeinschaft (Stig)
Marc Heistermann, Geschäftsführer Handelsverband NRW Ruhr e.V. und Axel Lambertz vom Vorstand der Sterkrader Interessengemeinschaft (Stig): Zahlreiche Angebote von Decathlon und heimischen Geschäften überschneiden sich. © FUNKE Foto Services | Körner, Theo

Das Unternehmen wirbt nämlich zum einen damit, Artikel für 100 verschiedene Sportarten im Programm zu haben. In Oberhausen soll der geplante Flagship-Store den Kunden auch die Chance bieten, Sportartikel wie Basketball oder Walking-Stöcke direkt auszuprobieren. Zum anderen finden die Kunden aber eben auch vielerlei Textilien, vom Turnschuh bis zur Jogginghose.

Eine Sprecherin von Decathlon erklärte auf Anfrage zur Aufteilung der Verkaufsflächen und zum geplanten Angebot, dass das Unternehmen „aktuell intensiv die Möglichkeiten“ für den Standort Oberhausen prüfe und sich in „finaler Abstimmung“ mit der Stadt befinde. Details könne man deshalb noch keine nennen.

Beschränken möchte die Stadt auf jeden Fall die Werbeflächen des Sportspezialisten. Hohe und hell erleuchtete Pylone, wie sie Decathlon sonst gern wählt, will sie verhindern, erklärte Planungsdezernent Thomas Palotz. Sie wären dem Gesamtbild des Gebiets abträglich, zumal dort auch demnächst Wohnungen entstehen sollen.

Der geplante Standort in Oberhausen gehört zum Wachstumskurs des Unternehmens, dass bis zum Jahr 2027 die Zahl seiner Filialen um 60 auf 150 aufstocken möchte. Weltweit betreibt Decathlon über 1600 Filialen in 57 Ländern.

Gespräch mit Marc Heistermann, Geschäftsführer Handelsverband NRW Ruhr e.V. und Axel Lambertz, Vorstand Sterkrader Interessengemeinschaft (Stig)
Handelsverbandschef Marc Heistermann und Axel Lambertz, Vorstand Sterkrader Interessengemeinschaft: Unsicherheiten dämpfen die Kauflust der Leute. © Körner, Theo

Oberhausener Geschäfte bekommen Kaufzurückhaltung der Kunden zu spüren

Die Nachricht über die Ansiedlung trifft den Handel in schwierigen Zeiten. Viele Leute drehen augenscheinlich den Euro zweimal herum. „Wir haben es momentan mit einer recht starken Kaufzurückhaltung zu tun“, sagt Verbandschef Heistermann. Die Ursachen sind nach seinen Erkenntnissen vielschichtig.

Es liege nicht allein an der Inflation, auch wenn sie eine maßgebliche Rolle spiele. Darüber hinaus „hören die Menschen von allen Seiten, dass zahlreiche Abgaben teurer werden“. Ob Grundsteuer oder Kosten für die Krankenkasse: Die Bürger müssen deutlich tiefer in die Tasche greifen. Hinzu kommen noch, hebt Heistermann hervor, die Fragen nach der politischen Zukunft. Die Gemengelage aus Unsicherheiten und Sorgen dämpfe dann durchaus die Kauflust.

Im Weihnachtsgeschäft ruhen die Hoffnungen auf den noch verbleibenden Tagen

Das zeigt sich nach Erkenntnissen des Verbandes auch deutlich beim doch recht schleppenden Weihnachtsgeschäft. Bislang sei es deutlich hinter den Erwartungen zurückgeblieben, was Axel Lambertz bestätigen kann. Auch wenn es sein Geschäft weniger trifft, der Schuhhandel ist nicht so stark von der Vorweihnachtszeit abhängig wie andere Branchen, höre man aber schon von Rückgängen im Vergleich zum Vorjahr.

Verbandschef Heistermann hat aber doch die Hoffnung, dass gerade Juweliere, Buchhändler oder Technikanbieter, um nur einige Beispiele zu nennen, durchaus noch hinreichend zum Zuge kommen, insbesondere auf den verbleibenden Metern bis zum Fest. Denn gerade sie handeln mit Artikeln, die als Geschenke hoch im Kurs stehen.

Zahlreiche Händler betreiben neben ihrem Geschäft auch einen Webshop

Einen gewissen Wandel machen Heistermann und Lambertz beim Verhältnis von stationärem Handel, also den Geschäften vor Ort, und dem Onlinehandel aus. Inzwischen sei es doch für einen erheblichen Teil der Läden weniger ein Gegeneinander als vielmehr ein Miteinander. Zahlreiche Geschäfte haben selbst Webshops gegründet, mit denen sie im Netz Präsenz zeigen und meist noch mehr Produkte anbieten können, als es die Verkaufsräume selbst hergeben.

Ein  Leerstand in Oberhausen-Sterkrade weniger: Renate Eickhoff hat in der Ramgestraße einen Secondhand-Shop eröffnet.
Ein Leerstand in Oberhausen-Sterkrade weniger: Renate Eickhoff hat in der Ramgestraße einen Secondhand-Shop eröffnet. © FUNKE Foto Services | Michael Dahlke

Die Webshops können natürlich auch dazu führen, dass sich manche Geschäfte mit dem Ladenlokal kleiner setzen, vorausgesetzt es gibt hinreichend Lagerkapazitäten, erklärt Heistermann. Das wiederum kann Leerstände nach sich ziehen. In Sterkrade sei es zum Glück in jüngster Zeit unter anderem in zwei Fällen gelungen, neue Nutzer zu finden, die Kreativ-Werkstatt „Einzigartig-Kunterbunt“ und „Natis Secondhand-Shop“, beide auf der Ramgestraße. Andere Geschäfte wiederum sind, weil sich die Gelegenheit in unmittelbarer Nachbarschaft bot, zu einem vermeintlich attraktiveren Standort gezogen. Zugleich bleiben aber, bedauert Lambertz, große Leerstände wie das frühere Kauflandgebäude oder der einstige Baumarkt Max Bahr.

Große Sorge um die Erreichbarkeit der Einkaufszonen

In diesen herausfordernden Zeiten habe der Oberhausener Handel aber durchaus auch Pfunde, mit denen er wuchern könne. Ob Sterkrade, Alt-Oberhausen, Schmachtendorf oder Osterfeld: Die Händler engagieren sich, organisieren Veranstaltungen und stimmen sich auch über Stadtteilgrenzen miteinander ab. „Das ist schon eine Oberhausener Besonderheit“, lobt der Verbandschef und betont, dass dabei auch das Centro mit im Boot sei.

In Sterkrade steht ein zentrales Gebäude leer. Hier befand sich einst ein Kaufland-Supermarkt. Das angrenzende Parkhaus soll demnächst wieder geöffnet werden.
In Sterkrade steht ein zentrales Gebäude leer. Hier befand sich einst ein Kaufland-Supermarkt. Das angrenzende Parkhaus soll demnächst wieder geöffnet werden. © FUNKE Foto Services | Gerd Wallhorn

Wünschen würden sich Heistermann und Lambertz, dass bei Zukunftsplanungen die Stadt vor allem die Erreichbarkeit der Einkaufszonen fest im Blick hat. Noch nutzen die meisten Kunden das Auto, betonen beide. Doch das Konzept für die Marktstraße in Alt-Oberhausen sehe einen erheblichen Wegfall von Parkplätzen vor, das Ex-Kaufland-Parkhaus in Sterkrade eröffne zwar wieder, aber mit 250 Stellplätzen deutlich weniger als vorher (700 Plätze). Mit dem Abriss der Brücke Weierstraße und anschließender Erneuerung verliere der Stadtteil Sterkrade eine wichtige Zufahrtsroute - und das für lange Zeit.

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